Datenschutz ahndet rassistische Praxis: Millionenstrafe für die Brebau
Weil eine Bremer Wohnungsbaugesellschaft rassistische Daten speicherte, muss sie 1,9 Millionen Euro zahlen. Die Strafe hätte noch höher sein können.
Im vergangenen Jahr war durch die Aussage eines Whistleblowers und Berichte von „buten un binnen“ bekannt geworden, dass die Brebau in ihrer internen Datenbank Informationen über Wohnungssuchende festhielt. Spätestens die dort verwendete sogenannte Zielgruppendefinition „kE40“ – für „keine People of Color“ legte Diskriminierung und eine Wohnungsvergabe nach rassistischen Kriterien sehr nahe.
Der Bericht des Sonderermittlers im Juli sprach dann überraschend die Brebau von einem großen Teil der Schuld frei: Eine systematische Diskriminierung habe es bei der tatsächlichen Wohnungsvergabe nicht gegeben, so Ermittler Matthias Stauch. Personen mit den Zielkriterien erhielten demnach „im Ganzen sogar mehr Mietverträge als Personen ohne die Zielkriterien“.
Im Hintergrund liefen aber auch nach dem großen Sonderbericht weitere Ermittlungen. Datenschutzbeauftragte Sommer hat 9.500 Fälle untersucht; bei mehr als der Hälfte davon wurden demnach Daten notiert, die nach der Datenschutzgrundverordnung besonders geschützt sind: Hautfarbe und ethnische Herkunft, Religionszugehörigkeit, sexuelle Orientierung und der Gesundheitszustand.
DSGVO hilft gegen Diskriminierung
Über Artikel 83 der Datenschutzgrundverordnung können direkt Geldstrafen verhängt werden. Die Entscheidung beruht anders als der Bericht des Sonderermittlers nicht darauf, ob die Daten tatsächlich zur praktischen Diskriminierung geführt haben. Es reicht, dass sie überhaupt erfasst wurden. So könne, meint Sommer, auch die DSGVO mittelbar helfen, Diskriminierung zu verhindern.
1,9 Millionen Euro sind für ein Unternehmen wie die Brebau viel, wenn auch nicht gleich existenzbedrohend – ihr Gewinn betrug 2019 rund 6,7 Millionen Euro. Die Geldbuße hätte noch höher ausfallen können, „deutlich höher“ sogar, erklärt die Datenschutzbeauftragte. Angesichts der „außerordentlichen Tiefe der Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz“ wäre das auch angemessen gewesen, sagt sie weiter. Am Ende gab den Ausschlag für die Strafhöhe, dass die Brebau kooperiert und sich um Besserung bemüht habe.
Mit dem Verfahren der Datenschutzbeauftragten ist die Geschichte für die Brebau aber noch nicht vorbei: Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt noch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül