Schufa-Auskunft zu Unrecht gefordert: Nackig machen vor der Wohnungstür

Viele Makler in Hamburg fordern von potentiellen Mie­te­r*in­nen Infos, die sie nichts angehen. Der Datenschutzbeauftragte will nun dagegen vorgehen.

In einer Wohnung übergibt ein Mann Bewerbungsunterlagen an eine Frau, eventuell die Maklerin. Im Hintergrund an einer Zimmertür ist ein weiteres Paar mit Unterlagen zu sehen

Makler wollen oft viel von den Be­wer­be­r*in­nen wissen – manchmal mehr, als sie dürfen Foto: Tobias Hase/dpa

BREMEN taz | Eine 2-Zimmer-Wohnung in Hamburg, 64 Quadratmeter, unter 1.000 Euro warm – könnte das was sein? Wer weiß – vor die Besichtigung hat der Makler noch Hürden gesetzt: In der Selbstauskunft will er von allen Miet­in­ter­es­sen­t*in­nen noch Beruf, Einkommen und Staatsangehörigkeit sowie den aktuellen Vermieter genannt bekommen, das Ganze bitte belegt mit Kopien des Ausweises, des Arbeitsvertrags, der letzten Gehaltsabrechnungen.

Das Beispiel stammt aus einer aktuellen Anzeige bei Immobilienscout: Es ist nicht die Mehrzahl, aber doch eine Vielzahl der Angebote auf den Portalen, die schon früh im Bewerbungsprozess sensible persönliche Daten von Miet­in­ter­es­sen­t*in­nen einfordern. Hamburgs Datenschutzbehörde will gegen solche Sammelwut auf dem Immobilienmarkt nun vorgehen: Vieles, was Maklerfirmen an Daten verlangten, sei schlicht rechtswidrig, sagt Thomas Fuchs, Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Den rechtlichen Rahmen schreibt die Datenschutzgrundverordnung vor – und die setzt auf Datensparsamkeit. Heißt: Um personenbezogene Infos über jemanden zu erheben, braucht es ein berechtigtes Interesse. Je sensibler die Daten sind, desto besser muss der Anspruch begründet sein.

Die Schufa-Auskunft zum Beispiel ist definitiv sensibel: Konnte ich meine Schulden bedienen, werde ich noch als kreditwürdig eingeschätzt? Ein Interesse an diesen Daten können Ver­mie­te­r*in­nen durchaus erklären – allerdings nicht pauschal bei allen Bewerber*innen. Nur dann, wenn ein Vertragsabschluss kurz bevor steht, dürfte es tatsächlich ein berechtigtes Interesse geben.

Datenschutzverstöße könnten teuer werden

Das Thema ist nicht ganz neu, mittlerweile bietet die Schufa in Kooperation mit Immobilienportalen aber sogar eine Art Abo an: Gegen einen Geldbetrag gibt es jeden Monat eine frische Auskunft über die eigene Kreditwürdigkeit. „Wenn es einen Markt gibt, damit Menschen praktisch ständig ihre aktuelle Schufa-Auskunft in der Jackentasche tragen“, so Fuchs, „dann können wir von einem wahnsinnigen Missstand ausgehen.“

In den kommenden Monaten wolle seine Behörde daher gezielt auf Maklerfirmen und Immobilienverwaltungen zugehen und abfragen, was Be­wer­be­r*in­nen wann im Prozess von sich preisgeben sollen. Wer sich nicht regelkonform verhält, soll erst einmal ermahnt werden. Auf Firmen, die auch dann nicht reagieren, können empfindliche Strafen zukommen: Datenschutz ist mittlerweile ein scharfes Schwert. Seit der europäischen Gesetzesänderung 2018 können bei schweren Verstößen bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes fällig werden.

Der Immobilienverband IVD Nord, der in Hamburg allein 500 Maklerfirmen vertritt, zeigt Verständnis für das Vorhaben der Datenschutzbehörde. Die Immobilienportale im Netz mit ihren Premiumprofilen hätten dazu geführt, dass die Abgabe von persönlichen Daten schon bei der Bewerbung immer mehr als Selbstverständlichkeit gelte.

„Wir sehen das auch kritisch“, so Geschäftsführer Peter-Georg Wagner. Längst nicht alle Ver­mie­te­r*in­nen hätten überhaupt Interesse an diesen Datenmassen, erklärt er – ergänzt dann aber doch, dass gerade private Ver­mie­te­r*in­nen doch eine gewisse Nachfrage erzeugten.

Enger Wohnungsmarkt erzeugt Druck

Der Hamburger Makler Jakob F. geht davon aus, dass er sich datenschutzkonform verhält. Doch auch er will am Tag nach einer Besichtigung von allen Bewerber*innen, die weiter Interesse haben, die Schufa-Auskunft sehen. Da es sich dabei laut F. noch immer um 30 bis 40 Prozent der ursprünglichen Be­wer­be­r*in­nen handelt, dürfte auch diese Forderung wenig datenschutzkonform sein.

„Der Wohnungsmarkt tickt so, die Vermieter drängeln“, erklärt sich F. – alles sei schnelllebiger geworden. „Ich kann einfach nicht darauf warten, dass jemand vor Vertragsabschluss erst noch eine Schufa-Auskunft beantragt – und die dann vielleicht negativ ist. Dann werde ich nicht mehr gebucht.“

Das Grundproblem des knappen Wohnungsangebotes, das weiß auch Fuchs, kann die Datenschutzbehörde nicht beheben: „Der Mietmarkt hier ist ein Angebotsmarkt, die Menschen, die eine Wohnung suchen, sind damit immer in der schwachen Position“, so der Datenschutzbeauftragte. Definitiv sei damit zu rechnen, dass viele im vorauseilenden Gehorsam ihre Schufa-Auskunft auch ungefragt auf den Tisch legen. „Die Menschen werden wohl weiter alles tun, womit sie sich bessere Chancen ausrechnen“, sagt er.

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