Das Ende eines Lokal-Mediums: Magere Meinungsvielfalt
Das Onlinemagazin „Oldenburger Lokalteil“ lieferte unabhängigen Lokaljournalismus, ist aber trotz guter Resonanz mangels Kohle erst einmal Geschichte.
Zwei Jahre lang bearbeitet das Team Themen aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Dabei war auch Felix Zimmermann, damals freier Journalist in Oldenburg. Heute ist er Ressortleiter der sonntaz: „Vieles fand sich bei uns exklusiv, etwa der Umbau der Weser-Ems-Halle und dessen Folgen.“ Auch die Pläne für den Bau eines neuen Einkaufszentrums mitten im Stadtzentrum habe der Lokalteil aufgegriffen.
„Außerdem haben wir die Vorteile eines Onlinemediums genutzt und mit Formaten gespielt“, sagt Amon Thein. Ratssitzungen kommentierte die Redaktion via Liveticker, dem bis zu 1.000 Menschen folgten. Zum Teil lasen laut Felix Zimmermann auch die Ratsmitglieder auf Tablets und Smartphones mit. „Eine tolle Zeit, weil wir Geschichten erzählen konnten, die direkt vor der Haustür stattfanden und es unmittelbare Reaktionen gab“, sagt er.
Trotzdem gerieten die Redakteure bald an ihre Grenzen, weil sie ehrenamtlich arbeiteten. „Wir haben das teils nachts und am Wochenende gemacht“, sagt Amon Thein. Zwar habe sich ein kleiner, fester Kreis aus Spendern und Anzeigenkunden gebildet, der war aber zu klein, um die Arbeit zu entlohnen. „Man kann nicht ewig auf Leidenschaft brennen“, sagt Thein.
Felix Zimmermann sieht mehrere Gründe für das Finanzierungsproblem. Zum einen hätten Firmen gezögert, Anzeigen zu schalten – offenbar aus Angst, Anzeigenrabatte bei der NWZ zu verlieren. „Das hörten wir oft“, sagt er. „Ob was dahinter steckt, weiß ich nicht.“ Zum anderen sei wohl vielen Lesern nicht klar gewesen, dass der Lokalteil Unterstützung brauche: „Die Menschen sind gewohnt, dass ihnen Inhalte online kostenlos zur Verfügung stehen.“ Hinzu kam noch, dass Redaktionsmitglieder Oldenburg 2013 aus beruflichen Gründen verließen. Das Resultat war eine Schaffenspause, die nun keine Pause mehr ist.
Damit wickelt die Nordwest-Zeitung weiterhin einen Großteil der täglichen Berichterstattung ab. Zwar erscheinen noch die Anzeigenblätter Hunte-Report und Sonntagszeitung. Allerdings gehört die dahinter stehende NWMP GmbH zur Nordwest-Wochenzeitungen GmbH & Co KG. Und die ist wiederum eine Holding der NWZ-Mediengruppe, wie online auf den Unternehmensseiten nachzulesen ist.
Ergänzt wird das nur durch den Bürgersender Oeins und Berichte des NDR. Eine schlechte Basis für unabhängige Meinungsbildung, findet Zimmermann. Für Meinungsbildung brauche es Vielfalt und Unabhängigkeit.
Eigentlich Grund genug, um den Lokalteil wieder aufleben zu lassen. „Aber nicht ohne feste Finanzierung“, sagt Thein. Und die lasse sich angesichts der vorherrschenden Online-Kultur und der Anzeigen-Vormacht der NWZ schwer aus dem Boden stampfen. Und Crowdfunding nach Art der Krautreporter? „Das war vor zwei Jahren noch nicht so etabliert“, sagt Zimmermann. „Heute würden wir das aber einbeziehen.“
Auch ein freiwilliges Bezahlmodell, mittlerweile bei vielen Onlinemedien gängig, sei vorstellbar. Heute. Klingt, als sei das Kapitel Lokalteil doch nicht geschlossen. „Wäre ich wieder in Oldenburg, würde ich den Ball sofort wieder aufnehmen“, sagt Zimmermann Aber bis dahin bleibt es wohl bei der mageren Meinungsvielfalt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!