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DFB und Frauenfußball„Unsere Zielgruppe: Familien und Alte“

Hannelore Ratzeburg, Frauenchefin im Fußballverband, findet, dass Frauenfußball im „Zeitalter des Normalen“ angekommen ist. Kritik an Silvia Neid findet sie doof.

Der DFB steht hinter ihr: Bundestrainerin Silvia Neid Bild: dpa

taz: Frau Ratzeburg, erst hat sich die Bundestrainerin Silvia Neid Bedenkzeit für die Frage erbeten, ob sie im Amt bleiben will. Nun hat sie sich plötzlich rasch dafür entschieden. War diese Eile nötig?

Hannelore Ratzeburg: Erst mal ist es nach so einer Situation wie dem verloren gegangenen Viertelfinale wichtig, dass man sich zurückzieht und seine Gedanken sortiert. Vielleicht hat sie einfach nicht so viel Zeit gebraucht wie gedacht.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass man beim DFB dieses Problem schnell lösen wollte.

Bild: dapd

Hannelore Ratzeburg: Die Hamburgerin, Jahrgang 1951, wurde bereits 1977 als Referentin für Frauenfußball in den DFB-Spielausschuss gewählt. Heute ist sie Mitglied des Vorstandes. Ex-DFB-Chef Mayer-Vorfelder hat mal über sie gesagt: "Der deutsche Frauenfußball hat einen Namen: Hannelore Ratzeburg."

Das ist auch ein legitimes Anliegen. Man kann ja ihre erfolgreiche Arbeit zuvor nicht ausklammern, nur weil ein Turnier nicht so gelaufen ist, wie wir uns das erhofft haben. Viele haben mit ihr gesprochen, sich nach ihrem Befinden erkundigt, versucht, ihr Trost zu spenden und gemeinsam mit ihr zu überlegen, was genau passiert ist. Ich habe auch am Mittwochmorgen mit ihr gesprochen.

Haben Sie ihr empfohlen, sich möglichst bald zu entscheiden?

Nein. Ich habe gesagt, dass sie sich die Zeit nehmen soll, die sie braucht.

Sind Sie erschrocken, dass Silvia Neid zuletzt so heftig in die Kritik geraten ist?

Beim Männerfußball wird immer schnell gerufen: Trainer weg! Da scheinen wir im Frauenfußball im Zeitalter des Normalen angekommen zu sein.

Wie sehen Sie denn die Zukunft des Sports nach dem überraschenden Ausscheiden im Viertelfinale?

Positiv. Unsere U19-Frauen sind gerade Europameisterinnen geworden, unter Ausschluss der Öffentlichkeit sozusagen. Das hat in den Medien gar nicht stattgefunden. Unsere U17 spielt bald um die Endrunde der Europameisterschaft und hat da auch gute Chancen. Daran sehen wir, dass unsere Nachwuchsarbeit hervorragend läuft.

Müssen Sie nicht dennoch angesichts dieser WM ihre Konzepte überdenken und sich etwa vom Nachwuchssystem der Japanerinnen inspirieren lassen?

Natürlich schauen wir immer über den Tellerrand. Die Jugendturniere, die wir spielen, werden immer aufgezeichnet. Unser Trainerinnenteam analysiert dann alles. Es ist aber nun wirklich nicht so, dass wir zusammenbrechen, nur weil wir nach einem Viertelfinale aus einem Wettbewerb ausgeschieden sind.

Ist Japan taktisch weiter als Deutschland?

Das kann ich nicht beurteilen. Da müssen sie mit Silvia Neid und Ulrike Ballweg sprechen. Die haben alles drauf, die kennen jede Spielerin, die wissen ganz genau, was sie machen. Mich haben die Japanerinnen überrascht. Für mich sind sie der Topfavorit für das Finale.

Fürchten Sie finanzielle Einbußen, weil der erwartete deutsche Erfolg ausblieb?

Ich habe gehört, dass die nationalen Förderer dieser WM hochzufrieden sind. Die Fernsehanstalten sind es mit ihren überragenden Quoten auch.

Sie versprechen sich also nach wie vor positive Effekte von dieser WM?

Wir haben Millionen, ich wiederhole: Millionen Zuschauer vor den Fernsehbildschirmen gehabt. Wir hatten volle Stadien. Die Leute sind begeistert gewesen. Das können die Bundesligavereine jetzt nutzen, indem sie mit einem besonderen Augenmerk diese Gruppen für sich gewinnen, die wir gerade ausfindig gemacht haben: Familien und ältere Menschen.

Wird die Arbeit des DFB künftig gleichermaßen gestaltet sein, oder muss der Frauenfußball nach dem WM-Aus finanziell noch besser gefördert werden?

Es ist ja eine ganze Menge auf dem Weg. Und es geht nicht nur um Geld. Es geht auch um Überzeugungen.

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8 Kommentare

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  • R
    Radio

    Schon lustig wie viele ohne nachzudenken davon ausgehen, der Hype um den Frauenfußball gründe sich in der Spielqualität.

  • T
    T.V.

    Schon lustig wie viele ohne nachzudenken davon ausgehen, der Hype um den Männerfußball gründe sich in der Spielqualität.

  • S
    Stev

    "Und es geht nicht nur um Geld. Es geht auch um Überzeugungen."

    Zuerst einmal sollte es um eine Verbesserung der Qualität auf dem Platz gehen. Technik, Taktik, Torwärterinnenausbildung. Sowie die Art und Weise von Menschenführung und Reaktionsvermögen im Trainerstab bei Situationen, in denen es eng wird auf dem Platz, und kein Herumgezicke bei anderen Meinungen von außen (und innen; dann klappt's auch mit der Glaubwürdigkeit). Sowie der Schiedsrichterinnenausbildung international (Spiele wurden ins Lächerliche gezogen und entschieden durch inkompetente Schiedsrichterinnen). Alles Bereiche mit enormem Verbesserungsbedarf. Wenn das angegangen wird, kann man es gern wieder mit Überzeugung für das tolle Produkt versuchen.

  • O
    ole

    @Brunhilde

     

    Aus Andi H's Beitrag geht lediglich hervor, daß er die Art des Fußballspielens nicht schön fand und daß er nicht gut auf den DFB im Ganzen zu sprechen ist. Nicht aber, daß er den Frauenfußball hasst.

    Nicht immer gleich beleidigt sein... bloß weil man mal nicht in den Chor der Schönredner einstimmt.

     

    Und nein, unsere Frauen haben m.E. nach nicht gut gespielt. Das sagen die Beteiligten übrigens von sich selbst auch.

  • C
    Chris

    Millionen vor dem Bildschirm? Alles nur Opfer dieses Hypes in Erwartung eines sicheren Titels und mal wieder die Möglichkeit die Fahnen zu schwenken. Deshalb werden sich auch in der nächsten Saison kaum 500 Menschen pro Spiel dieses bemitleidenswerte Rumgekicke anschauen. Halt Oberliganiveau, wenn überhaupt.

  • AH
    Andi H

    @Brunhilde..hast du eigentlich schon mal selbst im Leistungsbereich Fußball gespielt?Du fandest die Spiele toll?Welches Spiel meinst du,außer gegen Frankreich alles planloses nach vorne dreschen des Balls!!Frauen sind nicht so atletisch wie Männer schon klar.Aber wenigstens Technik und Spielaufbau sollten doch zu erkennen sein..Fehlanzeige!da stimmten ja nicht mal die Laufwege,wie Kreuzen z.B(und ich meine hier nicht Sex),kein Doppel.o-Kurzpaßspiel.Für eine Truppe mit"weltnivau"ein Armutszeugnis!In einem hast du sicher Recht man kann nur hoffen ,daß es sich mit der Zeit positiver entwickelt.

    Ps;Nur weil man eine andere Meinung hat kann man trotzdem dafür sein..denk mal drüber nach..Bruni

  • B
    Brunhilde

    Unsere Frauen haben gut gespielt auch Trainerin Silvia Neid hat hervorragende Arbeit geleistet. Es gibt sicher immer wieder Mannschaften die einfach besser sind und das waren in diesem Fall die Japanerinen. Deswegen unsere Frauenmannschaft fallen zu lassen wäre eine große Schande, man sollte auf keinen Fall vergessen was unser Team schon alles an Titeln geholt hat.Es kann nicht immer gewonnen werden, sonst wäre die ganze Geschichte Sport eintönig und langweilig.

    @von Andi H:

    Anstelle von Silvia Neid hätte ich mich auch schnell entschieden.Bei einem Jahresgehalt von 700,000€ Schmerzensgeld!Die Spielweise war plan.-einfallslos.

    Wer in 120min nicht merkt was zu tun ist(Gegner 1,63m),da fehlts schon gewaltig!Aber der ganze DFB ist auch sicher so ein Laden von Selbstdarstellern(Funktionäre) und die Sportfreundin Ratzeburger schaut auch nicht gerade wie ein Hochleistungssportler aus genauso wie der Zwanziger.An diesen Leuten prallt jede kostruktive Kritik ab.Im Männerbereich hätte man sie in die Wüste geschickt!

     

    Andi bei Dir möchte ich doch klar und deutlig die Behauptung aufstellen, das Du den Frauenfußball hasst. Deiner Meinung nach haben die dort nichts verloren,aber sie spielen verdammt gut und es wird sich noch viel weiter entwickeln ins Positive.

  • AH
    Andi H

    Anstelle von Silvia Neid hätte ich mich auch schnell entschieden.Bei einem Jahresgehalt von 700,000€ Schmerzensgeld!Die Spielweise war plan.-einfallslos.

    Wer in 120min nicht merkt was zu tun ist(Gegner 1,63m),da fehlts schon gewaltig!Aber der ganze DFB ist auch sicher so ein Laden von Selbstdarstellern(Funktionäre) und die Sportfreundin Ratzeburger schaut auch nicht gerade wie ein Hochleistungssportler aus genauso wie der Zwanziger.An diesen Leuten prallt jede kostruktive Kritik ab.Im Männerbereich hätte man sie in die Wüste geschickt!