Covid-19-Erkrankung des US-Präsidenten: Trump begibt sich ins Krankenhaus
US-Präsident Trump soll mehrere Nächte im Militärkrankenhaus Walter Reed verbringen. In einer Videobotschaft zeigt er sich guter Dinge.
Trump traf am Freitagabend (Ortszeit) mit dem Helikopter im Militärkrankenhaus Walter Reed in Bethesda nördlich von Washington ein. „Ich denke, es geht mir sehr gut“, sagte Trump in einer kurzen Videobotschaft, die er im Weißen Haus aufgenommen hatte und bei seiner Ankunft in der Klinik auf seinem Twitter-Account veröffentlicht wurde.
Empfohlener externer Inhalt
Beim Verlassen des Weißen Hauses demonstrierte der Präsident vor Kameras, dass er auf den Beinen ist. Er zeigte in Richtung anwesender Journalisten einen Daumen und winkte und ging dann wie gewohnt über den Rasen zum wenige Meter entfernt wartenden Helikopter.
Trump trug Anzug und Krawatte und einen Mund-Nasen-Schutz und wurde von Mitarbeitern begleitet, die ebenfalls Masken trugen. Die 50-jährige First Lady blieb im Weißen Haus. Trump sagte in seiner Videobotschaft, seiner Ehefrau gehe es „sehr gut“.
Trump werde die nächsten Tage von Büroräumen des Präsidenten in der Klinik arbeiten, erklärte das Weiße Haus. Der Präsident weise nach der Infektion „leichte Symptome“ auf. Er sei aber nach wie vor guter Dinge und habe den ganzen Tag über gearbeitet.
Kurz nach Mitternacht hatte Trump am Freitag auf Twitter geschrieben, dass er und seine Ehefrau Melania (50) positiv auf das Coronavirus getestet worden seien. „Wir werden unsere Quarantäne und Erholung sofort beginnen. Wir werden das GEMEINSAM durchstehen.“ Kurz darauf hatte sein Arzt Sean Conley eine Erklärung herausgegeben. Mit seinen 74 Jahren gilt Trump als Corona-Risikopatient.
Zunächst keine Wahlkampfauftritte
Die Infektion sorgt für weitere Turbulenzen im ohnehin chaotischen Wahljahr. In weniger als fünf Wochen – am 3. November – stellen sich Trump und sein demokratischer Herausforderer Joe Biden zur Wahl. Trump ist nun gezwungen, seine persönlichen Auftritte auszusetzen. Wahlkampfchef Bill Stepien teilte am Freitag mit, alle bereits angekündigten Veranstaltungen unter Teilnahme des Republikaners würden entweder verschoben oder online abgehalten. Biden setzt seinen Wahlkampf dagegen fort.
Ungeachtet der Coronavirus-Pandemie hatte er in den vergangenen Wochen Wahlkampfauftritte teils vor Tausenden Anhängern absolviert, bei denen er stets ohne Maske auftrat. Trumps Wahlkampfteam teilte mit, Veranstaltungen mit Mitgliedern der Trump-Familie würden ebenfalls verschoben. Bei allen anderen Veranstaltungen werde im Einzelfall entschieden, ob sie abgehalten oder abgesagt werden.
Vizepräsident Mike Pence plane, seine Wahlkampfveranstaltungen wieder aufzunehmen. Pence war am Freitag nach Angaben seines Arztes negativ auf das Coronavirus getestet worden. Pence müsste einspringen, sollte Trump seinen Job nicht mehr ausüben können. Angesichts des Krankenhausaufenthaltes stellte die Sprecherin des Weißen Hauses, Alyssa Farah, gegenüber dem Sender ABC News klar, dass der Präsident die Amtsgeschäfte nicht auf seinen Vize übertragen habe.
Nach Angaben seines Leibarztes wurde Trump am Freitag eine Dosis eines Antikörper-Cocktails verabreicht – eine experimentelle Behandlungsmethode. Zudem nehme er Zink, Vitamin D, das Magenmittel Famotidin, das Schlafhormon Melatonin und Aspirin ein. Er weise Ermüdungserscheinungen auf, weitere Details zu seinen Symptomen gab es nicht. Zu First Lady Melania dagegen hieß es, ihr gehe es weiterhin gut und sie habe lediglich einen leichten Husten und Kopfschmerzen. US-Medien berichteten, Trump habe Fieber gehabt.
Donald Trump Junior über die Erkrankung seines Vaters
Trumps Sohn, Donald Trump Junior, sagte bei Fox News: „Er nimmt es natürlich ernst, aber er ist ein Kämpfer.“ Er zeigte sich erstaunt, dass sein Vater das Virus bekommen konnte. „Wenn er es bekommen kann, kann es wahrscheinlich jeder bekommen.“
Die Infektion des Präsidenten richtet wieder ein Schlaglicht auf die Pandemie, die in den USA bei weitem nicht ausgestanden ist. Mehr als 7,3 Millionen Ansteckungen sind bekannt, mehr als 208 000 Menschen starben nach einer Infektion. Kritiker machen Trump wegen seines Krisenmanagements schwere Vorwürfe. Er hatte mehrfach gesagt, das Virus werde einfach verschwinden, und Einschätzungen seiner Experten offen in Zweifel gezogen. Den Demokraten Biden verspottete er für seine Vorsicht in der Pandemie.
Biden verzichtete bei einem Wahlkampfauftritt auf Attacken gegen den Amtsinhaber, spielte aber durchaus auf dessen laxen Umgang mit dem Coronavirus an. Trumps Infektion sei eine Mahnung, das Virus ernstzunehmen, sagte Biden in Grand Rapids im US-Bundesstaat Michigan. „Es wird nicht automatisch verschwinden.“ Biden rief dazu auf, in der Pandemie auf Wissenschaftler zu hören, Masken zu tragen, Abstand zu halten und regelmäßig die Hände zu waschen.
Veranstaltung im Rosengarten rückt in den Fokus
„Es geht nicht darum, ein harter Kerl zu sein“, sagte der Demokrat. Es gehe darum, seinen Beitrag zu leisten. „Wir als Nation müssen besser mit dieser Pandemie umgehen“, mahnte er. Bidens Arzt Kevin O'Connor hatte zuvor mitgeteilt, dass der 77-Jährige und dessen Ehefrau Jill Biden negativ getestet worden seien.
Biden und Trump standen am vergangenen Dienstag bei ihrer ersten TV-Debatte auf einer Bühne. Die beiden Kontrahenten hielten zwar stets einen deutlichen Abstand voneinander – laut Medienberichten waren es knapp vier Meter. Sie trugen in der zum Teil sehr hitzig und laut geführten Diskussion allerdings keine Masken. Trump könnte bereits in den Tagen vor seinem positiven Corona-Test ansteckend gewesen sein. Unklar blieb auch, ob die Kandidaten sich hinter den Kulissen in unmittelbarer Nähe aufgehalten haben könnten.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) steigt bei Coronavirus-Infektionen das Risiko einer schweren Erkrankung ab 50 bis 60 Jahren stetig mit dem Alter an. Als weitere Risikofaktoren gelten Vorerkrankungen wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes sowie Übergewicht. Zu Trumps generellem Zustand wird einmal im Jahr ein Gesundheitscheck veröffentlicht. Leibarzt Conley schrieb im jüngsten Bericht Anfang Juni, der Präsident sei gesund.
In den Fokus rückt zudem immer mehr eine Veranstaltung im Weißen Haus am vergangenen Samstag. Neben zwei republikanischen Senatoren und dem Präsidenten der katholischen Universität Notre Dame teilte auch Trumps frühere Beraterin Kellyanne Conway am Freitag mit, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben. Alle waren am Samstag mit zahlreichen anderen Gästen im Rosengarten, als Trump die konservative Juristin Amy Coney Barrett als Kandidatin für den freien Posten am Obersten Gericht der USA vorstellte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen