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Coronavirus in IschglSammelklage gegen Österreich

Rund 1.000 Geschädigte wollen Österreich verklagen, weil sie sich in Ischgl mit Covid-19 infiziert haben. Das hätte vermieden werden können, sagen sie.

Nach den den Ischgl-Coronapartys kommt die Sammelklage Foto: Eibner/imago

Freiburg taz | Der österreichische Verbraucherschutzverein (VSV) hat vier Musterklagen gegen den Staat Österreich eingereicht. Die Bundesregierung sei für Covid­-19-Infektionen im Ski- und Partyort Ischgl verantwortlich. Eine Sammelklage mit über 1.000 Geschädigten ist geplant.

Konkret klagen die Angehörigen eines Verstorbenen, zwei schwer Erkrankte mit dauerhaften Folgeschäden und ein leicht Erkrankter. Drei der vier Kläger sind Deutsche. Der geforderte Schadensersatz liegt zwischen 10.000 und 100.000 Euro. Die Klagesumme setzt sich individuell zusammen aus Schmerzensgeld, Therapie- und Transportkosten sowie Verdienstausfall.

Die Kläger, die von VSV-Vertrauensanwalt Alexander Klauser vertreten werden, machen dem Staat drei zentrale Vorwürfe. Erstens hätten die Behörden bereits Anfang März, als die ersten Verdachtsfälle in Ischgl bekannt wurden, vor der Anreise nach Tirol warnen sollen. Zweitens hätten die Après-Ski-Bars in Ischgl, wo sich viele Urlauber ansteckten, viel schneller geschlossen werden müssen. Und drittens sei die Abreise am 13. März völlig chaotisch organisiert gewesen – zum Teil dichtgedrängt in Skibussen.

Die Verbraucherschützer vermuten, dass jeweils Interessen der Tiroler Tourismusindustrie im Vordergrund standen. Diese habe die Saison so lange wie möglich fortführen wollen, sagte der Blogger Sebastian Reinfeldt, der die Klage mit Recherchen unterstützt. Auch die überstürzte Abreise der Urlauber und Saisonkräfte sei im Interesse der Ischgler Hoteliers gewesen, die die Betroffenen sonst zwei Wochen lang in Quarantäne hätten versorgen müssen.

Klagen gegen Republik Österreich, nicht gegen Tirol

Die Amtshaftungsklagen beim Landesgericht Wien richten sich gegen die Republik Österreich, nicht aber gegen das Land Tirol oder lokale Behörden. Zum einen habe die Wiener Bundesregierung selbst Fehler gemacht, erklärte Anwalt Klauser, etwa indem Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am 13. März die Quarantäne ankündigte, bevor sie in Kraft trat. So habe Kurz die chaotische Flucht aus Ischgl ausgelöst.

Zum anderen sei Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) mittelbar für das gesamte Gesundheitswesen verantwortlich und hätte mit Weisungen die Zögerlichkeit örtlicher Behörden korrigieren müssen.

Auf einen ersten Aufruf von VSV-Obmann Peter Kolba im März meldeten sich 6.000 ­Ischgl-Urlauber aus 45 Staaten, darunter rund 4.000 Deutsche. 80 Prozent von ihnen haben sich mit Covid infiziert, rund zwei Prozent mussten auf der Intensivstation behandelt werden, 32 Personen waren inzwischen gestorben.

Inzwischen haben über 1.000 Geschädigte dem VSV eine Vollmacht erteilt. Bei den ersten vier Musterklägern übernimmt deren Versicherung das Kostenrisiko. Für die Mehrzahl der Kläger, die nicht auf eine Rechtsschutzversicherung zurückgreifen können, sucht Kolba derzeit einen Finanzier, der das Kostenrisiko übernimmt. Bei einem Erfolg erhielte er rund 30 Prozent des Schadensersatzes.

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