Coronatest für Deutschlandreisende: Auf dem Rücken der Familien
Die Kosten der Coronatests den Familien aufzubürden, ist inakzeptabel. Es konterkariert Spahns Forderung, in Deutschland Urlaub zu machen.
I n vielen Bundesländern beginnen am Montag die Herbstferien. Wer aus einem der täglich mehr werdenden Risikogebiete kommt und Urlaub etwa in Rheinland-Pfalz oder Bayern machen will, muss bei Ankunft einen negativen Coronatest vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. So notwendig eine klare Strategie ist – diese hier wird erneut auf dem Rücken der Familien ausgetragen.
Sie kommt erstens zu spät. Zweitens ist sie unsozial und ungerecht. Mal abgesehen vom organisatorischen Aufwand, rechtzeitig einen Testtermin zu bekommen: Zu früh darf der ja nicht liegen, sonst ist der Test zu alt. Aber auch nicht zu spät, man braucht das Ergebnis ja bei der Abreise. Vielerorts sind die Testkapazitäten am Anschlag. Vor allem aber müssen die Tests auch noch selbst bezahlt werden. Bei einer vierköpfigen Familie werden dann schnell 600 Euro fällig. Oft mehr, als das Ferienhäuschen in Brandenburg oder die Pension im Harz in der Woche kostet. Also wieder stornieren, ob und wann man das Geld zurückbekommt, ist auch unsicher.
Man kann den Landesregierungen nicht das Infektionsgeschehen zum Vorwurf machen. Auch wenn vor der „zweiten Welle im Herbst“ schon seit Monaten gewarnt wird. Aber man hätte nach den Erfahrungen der Sommerferien, als „plötzlich“ Hunderttausende Deutsche aus Spanien und Kroatien zurückkamen, erwarten können, dass die Maßnahmen nicht derart kurzfristig eingeführt werden. So hätten Testkapazitäten ausgebaut werden und Reisende ihren Urlaub anders planen können – zum Beispiel nicht, wie von Gesundheitsminister Jens Spahn vorgeschlagen, im schönen Deutschland, sondern im euopäischen Ausland. Wäre auch nicht teurer geworden.
Es ist ja gern die Rede davon, wie wichtig die Akzeptanz der Maßnahmen sei. Doch wichtiger scheint Leuten wie Bayerns Ministerpräsident Söder zu sein, mit dem Finger auf die Virenschleuder Berlin zu zeigen, anstatt sich solidarisch zu verhalten. Zum Beispiel durch kostenlose Tests bei Ankunft. Auch die Reisebranche würde es ihm sicher danken.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!