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Coronaschutz mit HärteKnast für Quarantäne-Verweigerer

Mehrere Länder richten Arreste für Dauerrenitente ein. Die Fallzahlen aber sind überschaubar. Die Linke fordert Aufklärung statt Repression.

Hier sollen bald auch Quarantäne-Verweigerer einsitzen: die Jugendarrestanstalt Moltsfelde Foto: Axel Heimken/dpa

Berlin taz | Ganz am Nordrand von Dresden, in einem Gebäude, das einst als Geflüchtetenunterkunft vorgesehen war, sollen die Renitenten eingesperrt werden. Ab kommender Woche soll dort laut sächsischem Gesundheitsministerium ein Gewahrsam für Verweigerer von Coronaquarantänen eingerichtet werden. Drei Plätze soll er haben.

Eine Sprecherin verweist auf das Infektionsschutzgesetz, Paragraf 30: Demnach seien Infizierte „abzusondern“, um andere vor Ansteckungen zu schützen – und sei es, als letzte Option, mit einer „zwangsweisen Unterbringung“.

Sachsen ist mit der Maßnahme nicht allein. Auch andere Länder richten derzeit Arrestplätze für Quarantäneverweigerer ein, einige haben diese bereits in Betrieb. Zunächst hatte die Welt darüber berichtet. Und alle Länder verweisen auf das Infektionsschutzgesetz.

Sachsens Gesundheitsministerium betont, dass es um eine Ultima Ratio gehe. Widersetze sich eine Person einer verhängten Quarantäne, folge zunächst eine Ermahnung durch das Gesundheitsamt, dann ein Bußgeldverfahren. Erst wenn sich weiter verweigert werde, könne das Amt in einem Gerichtsverfahren eine Unterbringung beantragen. Diese sei eigentlich in abgeschlossenen Krankenhäusern vorgesehen. Da die Kliniken aber derzeit „zwingend“ für schwer Erkrankte benötigt würden, werde nun der Arrest in Dresden geschaffen.

Quarantäne-Arrest neben Jugendknast

Diesen Weg geht auch Schleswig-Holstein. Dort wird am Stadtrand von Neumünster, auf dem Gelände der Jugendarrestanstalt Moltsfelde, ein Quarantänearrest eingerichtet. Laut Sönke Schulz, Vorstand des zuständigen Landkreistages, ist das Gebäude abgegrenzt vom Jugendarrest und Anfang Februar betriebsbereit. Sechs Personen könnten untergebracht werden. Die würden von 30 ehemaligen Polizei- und Justizbeamten, die sich freiwillig meldeten, in Schichten bewacht.

Auch Schulz benennt den Arrest als letztes Mittel, wenn Auflagen und „Gefährderansprachen“ wiederholt gebrochen würden. Aber er betont: „Die Bekämpfung der Pandemie lebt von der Akzeptanz in der Bevölkerung. Diese würde leiden, wenn die Nichteinhaltung von Vorgaben ohne Konsequenz bliebe.“ Die Isolation von Infizierten sei „ein wesentliches Element, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen“, so Schulz. „Wer sich daran nicht hält, gefährdet konkret andere Menschen.“

30 Festgesetzte in Brandenburg

Auch in Baden-Württemberg sollen zwei Kliniken künftig Plätze für Quarantäneverweigerer bereithalten, in anderen Ländern sind dezentrale Unterbringungen vorgesehen. Die Zahlen der renitenten Verweigerer sind allerdings überschaubar. In Schleswig-Holstein spricht Sönke Schulz von einzelnen Personen, „die den Behörden viel Arbeit machen und eine Gefährdung für andere darstellen“. Sachsen meldet bisher gar keinen Fall, bei dem ein Arrest nötig geworden wäre.

Längere Erfahrung hat man dagegen in Brandenburg. Dort werden Quarantäne-Verweigerer ohne Krankheitssymptome bereits seit Mai 2020 zunächst in die frühere Abschiebehaftanstalt am Flughafen Schönefeld, ab Juni dann in den leeren Abschiebeknast in Eisenhüttenstadt gebracht. Laut Innenministerium betraf dies seitdem knapp 30 Personen, die je fünf bis zehn Tage eingesperrt waren. Aktuell sitze aber auch dort niemand ein.

Aus der Politik kommt auch Kritik an dem Vorgehen. Achim Kessler, gesundheitspolitischer Sprecher der Linken, sagte der taz: „Wir brauchen nicht mehr Repressionen und Zwang, sondern Investitionen in Schutz und gesundheitliche Aufklärung.“ Dazu zählten kostenlose Masken für alle, schnellere Impfungen sowie verbindliche Regelungen und Kontrollen an Arbeitsplätzen.

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16 Kommentare

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  • Manche hier sind nur allzu willig, andere zu Verurteilen das bin ich von Linken sonst nicht gewöhnt.. Niemand weiß, ob es sich bei Quarantäneverweigerern um Infizierte handelt, wie hier behauptet wurde. Denn auch Nichtinfizierte und Menschen, die nicht einmal einen Kontakt zu Infizierten hatten müssen in Quarantäne. Über Sinn und Unsinn der Quarantänepflichten und was das mit Menschen macht, kann man streiten. Man kann auch fordern: Quarantäne für Berlin-Hamburg-Reisende! Statt der nationalistischen Quarantäne-Regeln. Am besten alle einschließen (jetzt werde ich ironisch)!



    Zu den Demonstranten ohne Masken: Weiß hier jemand was ich nicht weiß? Gibt es nachweisbar signifikante Infektionsanstiege durch die Demos?



    Wenn wir von Knast reden; Schauen wir doch lieber mal zu Großbetrieben wie Tönnies und Co. statt auf kleinen Leuten herumzuhacken, die sicher ihre Gründe haben, warum sie die Maßnahmen so aufbringen und seien es "nur" seelische Gründe.

  • Es is einfach nur erschreckend wie dünn die Fassade unserer Zivilisation ist.

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    „Wir brauchen nicht mehr Repressionen und Zwang, sondern Investitionen in Schutz und gesundheitliche Aufklärung.“

    Es gibt einfach Menschen denen sind andere egal! Da kommt man mit Aufklärung nicht weiter!

  • 0G
    04708 (Profil gelöscht)

    War vor der Novelle nach Infektionsschutzgesetz auch schon möglich. Außerdem wärs ganz cool, nicht so zu tun, als hätte es vor Corona keine Einweisungen gegeben. Macht mal n bisschen präziser, sonst schürt auch ihr Covidioten ("Infektionsschutzgesetz muh Ermächtigungsgesetz Psychiatriefolter").

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Wenn die Anzahl der Toten steigt, wird man sich was überlegen müssen!

  • 0G
    0371 (Profil gelöscht)

    Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette.

  • Ich halte das zumindest als wirksame Drohung gegen renitente Quarantäneverbreiter und für alle Teilnehmer an sog. Demos, die ohne Mundschutz angetroffen werden, für zwingend notwendig, und zwar mit Geldstrafe + Finanzierung der eigenen Zwangsquarantäne bis auf dn letzten Cent. 0,01 % der Leute begreifen es eben nur, wenn massiv Zwang angewendet wird.

    • @PMueller:

      Zitat (nicht wörtlich) vom Robert-Koch-Institut: Infektionen im Außenbereich spielen keine besondere Rolle.



      Aber Hauptsache man kann auf Leuten rumhacken und nach unten treten.

  • „Wir brauchen nicht mehr Repressionen und Zwang, sondern Investitionen in Schutz und gesundheitliche Aufklärung.“

    Viel Spass bei dem nicht repressiven Gespräch zur gesundheitlichen Aufklärung mit einem "Querdenker", Herr Kessler.

    • @Martin74:

      Apropos repressiv, bei uns in Nederland gibt es einen Coronaleugner, der zwar gegen Zwangsimpfung ist, gleichzeitig aber Zwangsknuffel (Umarmungen) verteilt, aber das ist ja was ganz anderes, weil er ja gesund ist. Das macht er auch gegen den erklärten Willen der so Beglückten.



      Ist das nun repressiv, sexuelle Belästigung, schon versuchte Körperverletzung oder am Ende gar Mordversuch, je nachdem wie die Sache ausgeht?



      Gegen die Doppelmoral "das muss man doch sagen dürfen" gepaart mit "was anderes aber nicht" kommt man einfach nicht an.

  • Im Text:



    „Wir brauchen nicht mehr Repressionen und Zwang, sondern Investitionen in Schutz und gesundheitliche Aufklärung.“ Dazu zählten kostenlose Masken für alle, schnellere Impfungen sowie verbindliche Regelungen und Kontrollen an Arbeitsplätzen.“

    Es geht doch hier nicht um Protestierende sondern um Infizierte, die die Quarantäne verweigern/durchbrechen. Was soll da denn da noch „Aufklärung“ ect.? Das sind doch hohle Worte. Hier braucht man doch schnell kontrollierbaren Abstand (Obdachlose wären über eine sichere, warme Unterkunft froh). Wenn man nicht bereit ist, den zu Hause abzuleisten, dann geht es halt nicht anders (aber hoffentlich auf eigene Kosten).

    Falls man mich jetzt kreuzigen möchte, bitte, ich sehe das GG nicht verletzt.



    Es gibt sonst für harmlosere Dinge „Beugehaft“.

    • @snowgoose:

      Naja, zum einen haben wir mit Lagern in Deutschland nicht wirklich gute Erfahrungen gemacht und zum anderen heißt Quarantäne nunmal nicht automatisch ansteckend zu sein.

      Ich selbst war jetzt schon 2 mal in Quarantäne, bin aber bis heute CORONA frei (halte mich aber auch brav an alle Regeln).

      Und aus "Krankenhaus Einweisung" eine "Inhaftierung im Gefängnis" zu machen ist schon ein Unterschied.

      Mir geht es hier nicht um das Isolieren, sondern um das "wehret den Anfängen".



      Die Regeln sind viel zu unklar (meine Frau wurde explizit nicht in Quarantäne genommen) und alleinstehende werden auch gerne im Regen stehen gelassen.

      Ein Angebot, sich in einem Hotel isolieren (bei ausgesprochener Quarantäne) zu lassen (bezahlt von Bund/Land/KK) müsste erstmal bestehen, bevor man mit der großen Keule kommt.

      Aber bei der immer weiteren Verschärfung frage ich mich was der nächste schritt ist.



      Maskenverweigerer ins Lager?



      Coronaleugner ins Lager?



      nach 20Uhr ohne triftigen Grund auf der Strasse und ab ins Lager?



      auf social Media gegen CORONA und ab ins Lager?

      Nenene, das Gesetz erlaubt eine Einweisung ins Krankenhaus und das sollte ultima ratio sein.

      • @Beowulf:

        -Also ich habe das Wort „Lager“ nicht benutzt.



        -Dann war gar nicht von Maskenverweigerern u.ä. die Rede sondern von Infizierten, die lediglich zu Hause bleiben sollen, um kein Spreader zu sein. Warum tun sie‘s nicht?



        -Was sollen ein Nichtkranker im Krankenhaus, das ausgelaugte Personal belasten?



        -Warum soll ein Infizierter Urlaub im Hotelzimmer machen, statt ein paar Tage in seiner Wohnung zu bleiben, macht er bei einer normalen Erkrankung ja auch.



        - Warum sollte mir das als Single nicht möglich sein (mit Internet u. Telefon bei evtl. auftretenden Symptomen)? Hab ich auch ohne Infektion ausprobiert.

      • @Beowulf:

        Spekulatives zuspitzen ist aber auch kein Argument.

      • @Beowulf:

        Den Begriff "Lager" finde ich nun doch problematisch, geht's auch einen Nummer kleiner?



        Hohe Geldstrafen finde ich hingegen angemessen.

  • "Kessler, gesundheitspolitischer Sprecher der Linken, sagte der taz: „Wir brauchen nicht mehr Repressionen und Zwang, sondern Investitionen in Schutz und gesundheitliche Aufklärung.“ Dazu zählten kostenlose Masken für alle, schnellere Impfungen sowie verbindliche Regelungen und Kontrollen an Arbeitsplätzen."

    Aha. Nun wird die Quarantäneverweigerin ja nicht die Quarantäne verweigern, weil sich keine kostenlose Maske bekommen hat und nicht aufgeklärt ist.

    Herr Kessler hätte auch sagen können:"Aus populistische Gründen sind wir diffus dagegen, eine bessere Idee haben wir aber auch nicht."