Coronamutation bereitet Sorge: Infektionszahlen sinken langsamer
Die Ausbreitung mutierter Viren schwächt den bisherigen Abwärtstrend deutlich ab. RKI-Präsident Wieler warnt vor zu schnellen Lockerungen.
Die Stagnation dürfte zum Teil daran liegen, dass in der vergangenen Woche wegen des Extremwetters weniger getestet und Ergebnisse verspätet gemeldet wurden, sodass die Werte in dieser Woche im Vergleich höher wirken. Zum Teil dürfte die Entwicklung aber auch darauf zurückzuführen sein, dass sich die stärker ansteckenden Virusmutanten in Deutschland immer weiter verbreiten – vor allem jene, die zuerst in Großbritannien nachgewiesen wurde.
Hier hatten neue Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) am Mittwoch gezeigt, dass diese Viren inzwischen für rund 22 Prozent aller Infektionen verantwortlich ist. Zwei Wochen zuvor waren es noch 5,8 Prozent. Auch in absoluten Zahlen nehmen die Infektionen mit dem mutierten Virus stark zu. Setzt sich dieser Trend fort, dürfte die Zahl der Neuinfektionen insgesamt in Kürze wieder steigen. Dann überkompensieren die zunehmenden Infektionen mit dem mutierten Virus den Rückgang der Infektionen mit der ursprünglichen Variante.
Vor dieser Entwicklung warnte am Freitag RKI-Präsident Lothar Wieler: „Wir stehen möglicherweise erneut an einem Wendepunkt“, sagte er. Angesichts der stagnierenden Zahlen wandte er sich gegen eine übereilte Aufhebung des Lockdowns. „Jede unbedachte Lockerung beschleunigt das Virus und wirft uns zurück“, erklärte er. „Dann stehen wir in ein paar Wochen wieder an dem Punkt, wo wir Weihnachten waren.“
Auch Gesundheitsminister Jens Spahn wertete die aktuellen Zahlen als Anlass zur Vorsicht. Dennoch planen mehrere Bundesländer für nächste Woche die Wiederaufnahme oder Ausweitung des Präsenzunterrichts, was Lehrerverbände und viele Eltern mit Sorge sehen. Am Montag soll entschieden werden, ob Lehrer*innen früher geimpft werden als bisher geplant.
Geringere Dunkelziffer bei Infektionen
Neue Daten gab es in dieser Woche auch zur Frage, wie hoch die Dunkelziffer der Corona-Infektionen ist. Eine Untersuchung, die in der zweiten Novemberhälfte in Berlin durchgeführt wurde, fand bei 4,4 Prozent der zufällig ausgewählten Teilnehmer*innen Antikörper gegen das Coronavirus. Das wären 2,2 mal so viele, wie bisher offiziell festgestellt.
Weil bei mehr als einem Drittel der Infizierten keine Antikörper gefunden werden, dürfte die reale Zahl eher beim Dreifachen der offiziell gemeldeten Werte liegen. Das wäre aber immer noch deutlich weniger als zuvor vom RKI angenommen: Im Dezember hatte Wieler den Faktor noch auf 4 bis 6 geschätzt.
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