piwik no script img

Corona-Maßnahmen in DeutschlandEnde der harten Coronaregeln

In den meisten Bundesländern treten am 3. April die Basisregeln des Infektionsschutzes in Kraft. Nur zwei behalten die Maskenpflicht.

In den meisten Bundesländern ist eine Maske in Schulen keine Pflicht mehr Foto: Patrick Pleul/dpa

Die bisher bundeseinheitlichen Coronaschutzmaßnahmen laufen am kommenden Sonntag größtenteils aus. In den meisten Bundesländern ist eine Maske beim Einkaufen oder in Schulen dann keine Pflicht mehr. Zwar könnten die Landesparlamente ihre Bundesländer zu sogenannten Hotspots erklären und die bisherigen Coronaregeln verlängern, aber bisher setzen das nur Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern um.

Der Bundestag hatte am 18. März die neue Fassung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, alte Rechtsverordnungen bleiben nur bis 2. April im Kraft. Da etwa 76 Prozent der Bevölkerung in Deutschland als grundimmunisiert gelten und die Infektionen mit der Omikron-Variante milder verlaufen, hat sich das Infektionsgeschehen in Deutschland entsprechend verändert. Es droht derzeit keine flächendeckende Überlastung des Gesundheitssytems. Das soll das neue Gesetz berücksichtigen.

Allerdings kritisieren selbst Mitglieder der Regierungskoalition, vor allem von den Grünen, bei den neuen Regeln fehle die Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen. Mehrere Bundesländer beantragten am vergangenen Montag bei der Gesundheitsministerkonferenz, die Übergangszeit bis Ende April zu verlängern, scheiterten aber damit.

Auch die Vorsitzende der Lehrer*innen-Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, mahnte bei der Deutschen Presse-Agentur, das Ende der Maskenpflicht bedeute, „den einfachsten Gesundheitsschutz für Beschäftigte, Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern zu beenden.“

Landesregierung Thüringen kann sich nicht durchsetzen

Das Infektionsschutzgesetz sieht nun in Deutschland einen Basisschutz vor, welcher eine Maskenpflicht nur im öffentlichen Personennahverkehr und in Einrichtungen für vulnerable Gruppen vorschreibt. Abweichend vom Basisschutz können die Landesparlamente beschließen, wie Orte, Stadtteile oder Bundesländer als Hotspots gelten. Ein Hotspot setzt allerdings voraus, dass beispielsweise die Notfallversorgung gefährdet ist oder eine neue gefährlichere Variante grassiert.

Bundesgesundheitsminis­ter Karl Lauterbach (SPD) hatte die Landesparlamente mehrfach aufgefordert, sie sollten die Hotspot-Regeln für ihre Bundesländer umsetzen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warnte jedoch davor, Länder zu früh zu Hotspots zu erklären. In der ARD sagte er am Freitag­morgen, dass sonst bei Klagen Gerichte dagegen „ein Stoppschild aufstellen würden“.

Viele Bundesländer wollen offenbar keine Klagen riskieren und wenden die Hotspot-Regeln nicht an. In ihnen gelten ab Sonntag die Basisregeln. Nur Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern haben sich für die Hotspot-Regeln entschieden. Auch die Landesregierung in Thüringen hatte das beantragt, doch bei der Abstimmung im Landesparlament am Donnerstag konnte sie sich nicht durchsetzen.

Die Regierungskoalition der Linken, SPD und Grünen hat im Landtag keine Mehrheit. Vier Stimmen aus der Opposition fehlten ihr – die bekamen sie aber nicht. Die Koalition stimmte für die Maßnahmen, der Rest des Parlaments stimmte dagegen: das Gesetz wurde abgelehnt. Auch in Thüringen gelten daher ab Sonntag lediglich die Basisregeln.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte das kommen sehen. Vor zwei Wochen sagte er im Bundesrat: „Ich habe den Eindruck, dass uns bei der Pandemieabwehr die Bundesregierung den Stuhl vor die Tür gestellt hat.“ Selbst eine Mehrheit hätte die Maßnahmen nicht in trockene Tücher gebracht. FDP und AfD hatten vor der Abstimmung Klagen dagegen angekündigt.

Auch der Landesvorsitzende der FDP in Hamburg kündigte eine Klage gegen die Hotspot-Regeln an. Allerdings: Wie die Hamburger Morgenpost berichtete, gibt es dagegen Widerstand vom eigenen Landesverband.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • "Auch die Landesregierung in Thüringen hatte das beantragt, doch bei der Abstimmung im Landesparlament am Donnerstag konnte sie sich nicht durchsetzen."



    Eine Minderheitsregierung, die eigentlich zeitgleich mit der BT-Wahl letztes Jahr über Neuwahlen abstimmen wollte, dies aber ned machte, weil auch Leute der LINKEN angedeutet hatten, dagegen zu stimmen und die deswegen diese Abstimmung aussetzten, setzt auf ne Abstimmung. Von der sie wusste, daß sie ned zu gewinnen war.



    Aber immerhin... über die Impfpflicht gg. Covid19 (ab 18) wurde im BT erst garned abgestimmt, sondern die Entscheidung mit ner Ausflucht (Impfpflicht Ü50 irgendwie, irgendwo, irgendwann) weggequasselt.



    Also haben die "Querdenker", die sowohl dieses Wort als auch "Spaziergang" verbrannt haben, gewonnen.



    Sollte für die Zukunft im Sinne einer sich weiter entwickelten Demokratie ne Lehre sein, wie mer es NED macht.

    • @Hugo:

      Eine Lehre sollte es sein, wird sie meiner Einschätzung nach eher nicht. Politisches System wie auch Machtverhältnisse machen das wohl schwierig und viele Menschen zeigen immer wieder Lernverweigerung ...

  • Die Pandemie-Politik wirkt wie eine "schwarze" Komödie. Erst schafft die Bundesregierung die meisten Beschränkungen ab und danach appelliert der Bundesgesundheitsminister daran, weiter Masken zu tragen. Ja, warum hat die Bundesregierung dafür nicht gleich eine gesetzliche Grundlage für ein Fortbestehen bspw. der Maskenpflicht geschaffen?!?!?



    Desweiteren - werden LongCovid-Fälle eigentlich systematisch erfasst und ausgewertet? Was ist das Ergebnis?



    Warum die Maske sinnvoll bleibt:



    zdfheute-stories-t...e_schutz_infektion

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    "... Karl Lauterbach (SPD) hatte die Landesparlamente mehrfach aufgefordert, sie sollten die Hotspot-Regeln für ihre Bundesländer umsetzen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warnte...,dass ...Gerichte dagegen „ein Stoppschild aufstellen würden“.

    Selten "so gelacht": die Regierung führt sich selbst ad absurdum!