Umstrittene Hotspot-Regelung: Das Gute am Flickenteppich

Manche wollen in der Coronapandemie mehr Zentralismus. Sie übersehen dabei allerdings die Vorteile des Föderalismus.

Schattenrisse von Menschen, die auf einer Brücke eng beeinander sitzen

Den Menschen, die um ihre Grundrechte fürchten, wird der Wind aus den Segeln genommen Foto: Sven Hoppe/dpa

Wenn am 2. April die Änderung des Infektionsschutzgesetzes in Kraft tritt, sieht mancher das „Hotspot-Chaos“ vor der Tür. Denn über den „Basisschutz“ wie Maskenpflicht in Pflegeheimen und im Fernverkehr hinaus, muss ein Land oder eine Kommune sich erst zum „Hotspot“ erklären, um weitere Schutzmaßnahmen anzuordnen.

Also droht uns ein Flickenteppich, der die Menschen endgültig verwirrt und politische Zustimmung kostet? Weil etwa Hamburg – mit dem zweitniedrigsten Inzidenzwert bundesweit – die Hotspot-Regel einführt und glaubt, das juristisch gut begründen zu können, während das benachbarte Niedersachsen bei ähnlichen Werten sich das ob der Rechtslage nicht traut.

Ich denke nicht. Die Hotspot-Regelung ist ein politischer Kompromiss der Ampel, der die Verantwortung für politische Entscheidungen wieder nach unten delegiert. Ohnehin fordert der schreckliche Krieg gerade unsere Aufmerksamkeit und viele sind des Corona-Themas unendlich müde. Da ist so ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Freedom Day gar nicht schlecht.

Föderalismus ermöglicht abseits der Hauptstadt den Wettstreit um beste Lösungen vor Ort. Wenn Hamburg gut fährt mit seinen Kurs, können andere das doch kopieren. Umgekehrt könnte auch die Stadt sich ein Beispiel an lockereren Regeln in Nachbargemeinden nehmen. Und dass sich das bundesweite Infektionsschutzgesetz bei Zuspitzung der Lage auch blitzschnell wieder verschärfen lässt, haben wir in dieser Pandemie ebenfalls schon erlebt. Also wo ist das Problem?

Den Menschen, die um ihre Grundrechte fürchten, wird durch diese Politik der Wind aus den Segeln genommen. Und es ist ja auch denkbar, Schutzmaßnahmen auf freiwilliger Basis zu etablieren, Abstand und Maske zum Teil einer Höflichkeitskultur werden zu lassen, wenn es nicht sogar schon so ist. Nicht ganz so verständlich scheint, dass mit Michael Kruse ein Bundestagsabgeordneter der FDP, der überzeugt ist, dass das Gesundheitssystem in Hamburg nicht überlastet ist, gegen die dortige Regelung mit Klage droht. Argumentieren täte es doch auch.

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Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.

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