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Corona-Krisensitzung des Berliner SenatsKreuzberger Nächte sind tot

Nach langen Debatten beschließt Rot-Rot-Grün, nicht nur die Schulen zu schließen sondern auch Bäder. Ab Dienstag sind Kneipen und Restaurants zu.

Mit Trauermienen: der Senat nach der Coronakrisensitzung am Freitagabend Foto: dpa

Berlin taz | Mehr als drei Stunden tagte der Berliner Senat am Freitag im Krisenmodus. Die Landesregierung war um 14 Uhr zu einer außerordentlichen Sitzung im Roten Rathaus zusammengekommen, ab 15 Uhr wartete die Presse auf Neuigkeiten. Es war dann aber fast halb sechs, als der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit seiner gesamten Mannschaft vor die Kameras trat – allerdings nicht im bestuhlten Pressesaal, sondern unter dem vielarmigen Kron(!)leuchter in der sogenannten Rotunde. Wahrscheinlich sollte der repräsentativere Ort betonen, wie ernst dem zuletzt als zaudernd gescholtenen Landeschef die Sache ist.

„Wir müssen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung mit dem Virus umgehen“, betonte der Regierende und fügte hinzu: „Vielleicht werden wir immer wieder umsteuern müssen, weil sich die Lage ständig verändert.“

Dennoch sei Berlin bisher bei der Bewältigung der Coronakrise einen guten Weg gegangen; das hätten die Chefs von Charité und Vivantes, mit denen man sich am Freitag erneut getroffen habe, bestätigt. Nun seien weitere Maßnahmen nötig – etwa die bereits am Freitagmorgen verkündete Schließung aller Schulen und Kitas ab Dienstag und vorerst bis zum Ende der Osterferien Mitte April.

MitarbeiterInnen im Öffentlichen Dienst sollen fortan ihre Arbeit in großen Teilen von Zuhause erledigen. Und auch das Nachtleben will der Senat noch mal drastisch einschränken: Lediglich Gastronomie, die „zur Versorgung dient“, werde noch geöffnet bleiben können – allerdings mit Abstandsregeln. Kneipen müssen ab Dienstag dicht machen, sagte Müller.

Gefeiert wird erst mal nicht

Indirekt forderte der Senat deren BetreiberInnen auf, schon jetzt von sich aus die Türen zu verriegeln: „Sie werden selbst wissen, was notwendig ist.“ Auch die eigene Party sagte Müller ab: Das Hoffest rund ums Rote Rathaus, das meist im Juni stattfand, fällt aus, genauso wie die Feiern zu 150 Jahre Rotes Rathaus.

Und auch die Schwimmbäder müssen nun zumachen: Ab Montag werden sie geschlossen, sagte Sportsenator Andreas Geisel (SPD) der taz.

Man muss dann die Kraft haben, die Reduzierungen gegebenenfalls zu verlängern

Michael Müller, SPD

Entsprechend werde das Angebot im Öffentlichen Nahverkehr angepasst: „Wenn wir den Schulbetrieb, Veranstaltungen und Anderes einschränken, wird es auch eine geringere Nachfrage beim ÖPNV geben“, erklärte Müller. Bislang war davon so gut wie nichts zu spüren gewesen.

Das Ziel, so der Regierende mit Trauermiene: Begegnungen in der Stadt auf das absolute Minimum zu reduzieren. „Jede und jeder wird diese Einschränkungen spüren. Diese Phase ist sehr wichtig, ich bitte um Solidarität, gerade älteren Menschen gegenüber.“ Das Ansteigen der Infektionsrate müsse zumindest verlangsamt werden.

Alle Einschränkungen sollen erst mal bis Ende der Osterferien gelten. Vielleicht aber auch länger: „Man muss dann die Kraft haben, die Reduzierungen gegebenenfalls zu verlängern“, sagte Müller.

Er kündigte den Aufbau einer Notbetreuung für jene Kinder an, deren Eltern für das Funktionieren der Stadt wichtigen Berufen nachgehen, etwa als Polizisten, im medizinischen Bereich, bei der Feuerwerk. Genaueres muss die Gesundheitsverwaltung regeln.

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) trat Bedenken entgegen, die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sei gefährdet. Es gebe einen Runden Tisch mit dem Einzelhandel, niemand müsse hamstern. „Die Lager sind voll.“ Auch sonntags könnten Läden nun beliefert werden. „Der Einzelhandel tut alles, um die Sachen in die Stadt zu bekommen“, sagte Pop.

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