Corona-Impfung für Kinder in Israel: Es bleiben Zweifel
In Israel sind Corona-Impfungen für Kinder möglich. Einerseits hilft es gegen die Pandemie – andererseits ist der individuelle Nutzen relativ gering.

D as Thema Coronaimpfung ähnelt in Israel dem Thema Nahostkonflikt. Wenn man auf unterschiedlichen Seiten steht, befreundet ist und das Bedürfnis hat, dies auch nach der Diskussion noch zu sein, bleibt nichts anderes übrig, als das Thema auszublenden. Platz für Grauzonen gibt es nicht. Dabei schwirren Zweifel durch den Äther, die angesichts der aufgeheizten Stimmung ihren Ort nicht finden.
Besonders sichtbar werden sie beim Thema Impfungen für Kinder. Israel hat am Dienstag mit dem Impfen von Kindern von 5 bis 11 Jahren begonnen. Vermutlich wird Deutschland in der näheren Zukunft nachziehen.
Es gibt ein schlagendes Argument für die Impfungen der Altersgruppe: Der gesamtgesellschaftliche Nutzen kann – je nach Impfquote – enorm sein. In Israel machen die Kinder dieser Altersgruppe 13 Prozent aus. Ohne sie wird es wohl keine Herdenimmunität geben können.
Andererseits: Der individuelle Nutzen von Impfungen für die Kinder dürfte bedeutend geringer sein als für Erwachsene. Covid-19 verläuft bei Kindern in den meisten Fällen leicht. Long Covid kommt bei Kindern zwar vor, jedoch seltener im Vergleich zu Erwachsenen. In der Pandemie finden sich viele Linke, die wenig für Pharmakonzerne übrig haben, in einer merkwürdigen Situation wieder, nämlich aufseiten von Biontech/Pfizer und den anderen Impfherstellern – wenn auch nur die Risiko-Nutzen-Abwägung betreffend und um möglichst vereint gegen Coronaleugner*innen oder Impfgegner*innen zu stehen.
Mit den Impfungen von Kindern könnten einige unter ihnen, die Kinder haben, ins Schleudern geraten – ob man das eigene Kind einem möglichen Risiko aussetzt, bei dem der Nutzen für das Kind selbst nicht so hoch ist. Doch wirklich äußern, so mag es ihnen scheinen, kann man derlei Bedenken nicht, ohne Querdenker*innen in die Hände zu spielen.
Mir fällt es auch schwer, aber genau deswegen mache ich es, um Raum für Grauzonen zu schaffen. Ich lebe in Tel Aviv und habe die Füße in die Hand genommen, um die erste, zweite und dritte Impfung zu erhalten. Ob ich mein Kind, wäre es schon fünf, impfen lassen würde? Ehrlich gesagt: Keine Ahnung.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen