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Christoph de VriesIslamfeindlicher CDU-Abgeordneter wird Staatssekretär

Mit rassistischen Aussagen hat sich Christoph de Vries schon einen Namen gemacht. Nun soll er im Innenministerium für mehr Abschiebungen sorgen.

Sitzt seit 2017 für Hamburg-Mitte im Bundestag: Christoph de Vries (CDU) Foto: Gregor Fischer/dpa

Hamburg taz | Dass er sich in seinem künftigen Fachthema auskennt, kann man nicht behaupten. Zumindest hat der 2020 von der Bundesregierung eingerichtete „Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit“ festgestellt, dass der Hamburger CDU-Politiker Christoph de Vries in Sachen Migration Äußerungen von sich gegeben hat, die als muslimfeindlich zu betrachten sind und nicht von großer Kenntnis zeugen.

Aber ohne Frage hat er sich jahrelang schon erschöpfend mit Migration beschäftigt, sich mit rassistischen Aussagen bundesweit einen Namen gemacht – weshalb er von seiner Partei dafür nun belohnt wird: de Vries soll Staatssekretär im Bundesinnenministerium werden. Und dort will er, kündigte er direkt an, „alles daransetzen, dass die Asylwende Wirklichkeit wird“.

Seit 2017 sitzt der heute 50-Jährige für die CDU im Bundestag – über die Landesliste. Für ein Direktmandat in seinem Wahlkreis Hamburg-Mitte hat es seither nie gereicht; bei den vergangenen beiden Wahlen nicht einmal mehr für den zweiten Platz hinter der SPD, sondern nur noch an dritter Stelle hinter den Grünen.

Dennoch ist der selbsternannte „Hanseat mit Format“ seither Stück für Stück aufgestiegen, war in der vergangenen Wahlperiode sowohl Mitglied im Innenausschuss als auch im Parlamentarischen Kontrollgremium, das die Arbeit der Geheimdienste kontrollieren soll.

Empörung über die Wahl von de Vries

Zusammen mit dem ebenfalls im Bundestags sitzenden Christoph Ploß bildet de Vries ein Duo, das die Hamburger CDU immer wieder auf den Kurs eines rechten Kulturkampfes bringt: Die beiden Hamburger CDU-Abgeordneten wechseln sich mit zackigen Parolen gegen Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen ab, sind bei migrations­politischen Debatten gern gesehene Gäste auf Podien und in Talkshows rechter Medien – und zogen ihre Landespartei mit in die erfolglose Kampagne von Aktivist:innen, die mit einer Volksinitiative das Gendern in Hamburg verbieten wollten.

Dass de Vries nun zum Staatssekretär aufsteigen soll, empört nicht nur erwartungsgemäß das Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR). „Der CDU-Mann vertritt AfD-Positionen“, kritisiert HBgR-Sprecher Felix Krebs. Auch Hamburgs Grüne zeigten sich nach der Verkündung empört.

Die Wahl sei eine „irritierende Entscheidung von Friedrich Merz“, beklagte die Chefin der Bürgerschaftsfraktion, Sina Imhof. Schließlich sei er doch in der Vergangenheit vor allem durch „rechtspopulistische Rhetorik und abwertende Aussagen über Menschen mit Migrationsgeschichte aufgefallen.

Mit rassistischen Aussagen hat sich de Vries bundesweit einen Namen gemacht

Tatsächlich ist die Liste solcher Aussagen von de Vries lang: So forderte er etwa, man müsse über „die Rolle von Personen, Phänotyps west­asiatisch, dunklerer Hauttyp“ sprechen. Und bei einer Podiumsdiskussion 2021 legte er seine „Integrationsskala“ dar: Russlanddeutsche stünden da ganz oben „auf demselben Niveau wie die Biodeutschen“, gefolgt von „fleißigen“ und „bildungsaffinen“ Menschen aus Asien. Ganz am unteren Ende: „die türkischen Migranten und in den letzten Jahren eben die aus dem arabischen Raum“.

Als ein Mitschnitt davon publik wurde, wies de Vries die Kritik daran als böswillig konstruiert zurück. Auch dass er dort wie in der rechtsextremen Szene gängig von einem „genuin deutschen Volk“ sprach, sei nur ein Missverständnis gewesen – und nicht so gemeint.

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25 Kommentare

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  • Immerhin kann man ihm keinen antislawischen Rassismus nachsagen. Und ein christliches Grundgerüst auf einer Linie mit einigen ost- und südeuropäischen oder auch afrikanischen Kardinälen hat er auch, wie wir durch die Berichterstattung über das Konklave erfahren konnten. Dass er als christlich geprägter Traditionalist keine freundliche Haltung gegenüber dem muslimischen Fundamentalismus hat, ist eine Binse.



    Und jetzt ohne Sarkasmus: Der Mann ist natürlich reaktionär, (kultur-)rassistisch und sozialdarwinistisch eingestellt, sonst wäre er ja nicht im Merz-nahen „Flügel“ der CDU, der jetzt vom künftigen Bundeskanzler belohnt werden will. Aber die Wähler:innen haben das so gewollt und wir anderen können froh sein, dass wir nicht die noch rechtere Variante bekommen haben. Die Mehrheiten wären da gewesen und sind vermutlich nur an Putins Krieg gescheitert, dem Merz – das muss man ihm lassen – sehr glaubwürdig Kontra gibt.

  • "[...] im Bundestag – über die Landesliste. Für ein Direktmandat in seinem Wahlkreis [.. ] hat es seither nie gereicht; bei den vergangenen beiden Wahlen nicht einmal" für den zweiten Platz.



    Das gilt auch für Frau Esken. Aber wenn diese kein Ministeramt bekommen sollte, dann sei das "unanständig" und "bodenlos", wie man jüngst in der taz lesen durfte.

    • @Querbeet:

      Was dieser Vergleich jetzt soll, erschließt sich mir nicht. Im Gegensatz zu Herrn Vries fiel Frau Esken jedenfalls nicht durch rechte Hetzparolen auf

  • „Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit“ - Alleine bei diesem Titel werde ich schon hellwach. Wer den Islam kritisiert, ist "muslimfeindlich", "islamfeindlich". Kritik am Islam wurde und wird immer wieder mit diesem Wort gelabelt. Was die Unmöglichkeit von Islamkritik angeht, dazu muss man nur Hamid Abdel Samad hören oder lesen. Eine Kritik an dieser Religion ist, auch in der taz, leider eher unerwünscht. Bibelkritik darf jeder üben, Korankritik hingegen wäre/ ist hingegen "muslimfeindlich", "islamfeindlich". Ich kann mit solchen Worten nicht viel anfangen. Dabei gäbe es sehr viel am Islam zu kritisieren, was aber gesamtgesellschaftlich nicht passiert. Bei Worten wie "muslimfeindlich" und "islamfeindlich" werde ich skeptisch.

    • @Wilfried Bergmann:

      Fundierte Islamkritik - kein Problem.

      Gerade viele Intellektuelle aus islamischen Ländern sind die schärfsten Kritiker - nicht anders wie es übrigens viele christlich geprägte Kirchenkritiker gibt usw.

      Das Problem ist nicht Kritik an sich, sondern die Herleitung von individuellen Eigenschaften aus Ethnie / Herkunft / Religion - wie oben im Artikel bei de Vries gesehen: "Fleißige" Asiat:innen vs. "integrationsunfähige" Türk:innen / Araber:innen.

      Mit gebildeter Religionskritik setze ich mich gerne auseinander. "Vulgär-Atheismus" ohne jedes theologische Verständnis á la Dawkins oder stumpfe vorurteilsbehaftete Islamablehnung wie bei de Vries hilft aber nicht dabei, irgendwas zu verstehen.

  • "Ausländer raus !" ist doch schon lange der Konsens der sogenannten Demokraten von Lila , Gelb, Orange, Grün, Blau und Schwarz. Und wenn's ums Ganze geht, sind die letzten Roten vermutlich auch dabei. Also, was soll die Aufregung? "Ich mag dieses Land und seine Leute nicht", besser als Hermann Gremliza kann mensch es nicht auf den Punkt bringen.

    • @Anna Christl:

      Und trotzdem hat unser Land immer noch eine hohe Anziehungskraft.

      Mann/Frau muss wohl von woanders herkommen, dort gelebt haben, um zu begreifen, dass nicht alles so schlimm ist, wie die linke Blase es darstellt.

      • @weather2018:

        Deutschland ist mehr Auswanderungsland als Einwanderungsland. Vielleicht weniger ethnozentrisch denken.

        • @Ice-T:

          Mit Verlaub, was ein quatsch. Die Einwohnerzahl ist doch um 4 Millionen gestiegen in den letzten 20 Jahren.

  • Was wir gerade erleben ist nichts weniger als die Trumpisierung der deutschen Politik.

  • Man sollte mit der CDU ins Gespräch gehen, um herauszufinden, ob man mit den Fehlern der Vergangenheit das gleiche meint.

  • Die CDU unter Merz scheint dem Trumpismus anzuhängen. Leider hat sich gezeigt, dass die SPD mit großer Mehrheit sie hierbei willfährig unterstützt.

  • Wie viele Gelegenheiten die Union immer wieder liegenlässt, um ihr hoffentlich? eigentlich? insgesamt vorhandenes Bekenntnis zu Demokratie, Antirassismus, Minderheitenschutz, Umwelt usw. darzustellen, gibt leider zu denken.

  • Wie war das nochmal kurz vor 1933? Ach ja, richtig. Man hat die Nazis normalisiert, ist deren Parolen nachgelaufen. Und heute? Heute gebarucht man die gleichen Vokabeln wie die AfD, ernennt sie "zur ganz normalen Partei" wie jüngst Spahn, ahmt deren Attitüde nach und dann? Dann wundert man sich, dass diese "Partei" bei 26% liegt. So was Dummes, dass man aus der Geschichte und sonstigen Erfahrungen nun auch rein gar nichts lernen kann....

  • Erstaunlich, die AfD regiert schon mit, de Vries fehlt nur noch das richtige Parteibuch.

  • "Und bei einer Podiumsdiskussion 2021 legte er seine „Integrationsskala“ dar: Russlanddeutsche stünden da ganz oben „auf demselben Niveau wie die Biodeutschen“, gefolgt von „fleißigen“ und „bildungsaffinen“ Menschen aus Asien. Ganz am unteren Ende: „die türkischen Migranten und in den letzten Jahren eben die aus dem arabischen Raum“."

    Man könnte einwenden, dass die gelobten Russlanddeutschen auch sehr AfD-affin sind.

    Doch das wäre eine unzulässige gruppenbezogene Verallgemeinerung.

    Der zukünftig für Abschiebungen zuständige Staatssekretär hierarchisiert Menschen also nach ihrer Herkunft.

    Nennen wir diese Äußerungen, was sie sind: Purer Rassismus.

    Die Personalie zeigt aber auch, dass Merzens "Pascha"-Aussagen und seine naive, sich in Leitkultur-Ideen verlierende Kulturauffassung sowie die parlamentarische Zusammenarbeit mit der AfD kein Zufall sind.

    Wir haben genau bekommen, was Merz versprach: Nationalkonservative biodeutschtümelnde Rassismen und Wirtschaftsliberalismus.

    • @Stavros:

      Zitat: "Man könnte einwenden, dass die gelobten Russlanddeutschen auch sehr AfD-affin sind."

      Man könnte einwenden, daß sich das Bild in einer Reihe von Familien Russlanddeutscher im Laufe der Generationen gewandelt hat. Aber wozu auf solche Feinheiten eingehen ...

      • @dtx:

        Aus diesem Grund zitiere ich mich mal selbst (macht natürlich Spaß) in meinem zweiten Satz:

        "Doch das wäre eine unzulässige gruppenbezogene Verallgemeinerung."

        Zur Erläuterung:

        a) Konjunktiv.

        b) Sarkasmus.

        Weitere Erläuterung:

        Ich bin gegen die Einteilung von Menschen nach ihrer Herkunft.

        Was denken Sie dazu?

  • Was an Merz Entscheidung "irritierend" sein soll erschließt sich mir nicht. Passt doch ins Bild. Allerdings macht der Umstand, dass derartige Personalentscheidungen (und Äußerungen) nicht mehr überraschen oder disqualifizierend wirken das Ganze nicht besser, ganz im Gegenteil. Beschämend.

  • Christoph de Vries ist genau das, was alle AfD-Wähler und ein großer Teil der Wähler der Union sich wünschen.

    • @In aller Ruhe:

      Was ihm aber nichts nutzt, denn "AfD-Wähler" kreuzeln schon aus Prinzip beim Original. Die Frage ist bloß, könnte er als Staatssekretär ob dieser Erkenntnis folgenlos die Partei wechseln? Um dann bei der nächsten Runde irgendwo im Osten anzutreten. Dann schafft er auch mal ein Direktmandat.

  • Es ist in Deutschland gar nicht so einfach, einen Wahlkreis zu gewinnen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Herr de Vries dies noch nie geschafft hat.



    Die Grünen haben in ganz Deutschland 12 Wahlkreise gewonnen und in Hamburg 2.

  • Eine Regierung voller Opportunisten, Rassisten, Egoisten, Faschisten, Karrieristen, die, wenn drauf angesprochen, nicht mal die Eier haben, zu ihren Worten zu stehen. Ich weiß nur noch nicht, welche die schlimmsten sind. Wahrscheinlich, weil die Unterschiede marginal sind. Um es mit Klöckners Worten zu sagen, man hätte such gleich die afd wählen können

    • @Fckafd Somuch:

      Jetzt sind sie aber etwas zu hart mir der SPD ins Gericht gegangen.

    • @Fckafd Somuch:

      Die politische Resterampe der Union, was war da jetzt zu erwarten wenn man gedanklich zu Adenauer und Erhard zurück möchte.