Chinas Einfluss auf Nordkorea: Pekings gefährliches Doppelspiel
China ist bereit, die Sanktionen gegen Nordkorea voll zu unterstützen. Was Pjöngjang aber wirklich wehtun würde, wäre ein Einfuhrstopp von Öl.
Das versteht sich eigentlich von selbst, ist aber in der Vergangenheit nicht so gewesen. Peking hatte schon häufig schärferen Maßnahmen gegen Pjöngjang zugestimmt, an die sich chinesische Händler und Zollbeamte an der Grenze zu Nordkorea dann aber doch nicht gehalten haben. 91 Prozent des gesamten Außenhandels bestreitet Nordkorea nach wie vor mit China.
Dieses Mal klingt es so, als ob Peking es Ernst meint und die Ausfuhr von Kohle, Eisenerz, Blei und Meeresfrüchten nach Nordkorea tatsächlich stoppen wird. Die neuen Sanktionen verbieten zudem Joint Ventures und die Einstellung von staatlichen Billigarbeitern aus dem Stalinistenstaat. Auch daran wird sich Peking halten. Und doch dürften auch diese Maßnahmen den nordkoreanischen Diktator Kim Yong-Un nicht davon abhalten, sein Raketen- und Atomwaffenprogramm fortzuführen.
Zum einen ist die Wirkung solcher Sanktionen im Allgemeinen fraglich. Sie treffen die Bevölkerung, die jedoch kaum imstande sein wird, unter diesen totalitären Umständen gegen das eigene Regime aufzubegehren. Die Sanktionen werden allenfalls Kims Dollar-Reserven schrumpfen lassen – was er aber verschmerzen dürfte.
Richtungswechsel Pekings ist keiner
Unter Berufung auf eine geheime Analyse des US-Militärdienstes (DIA) berichtet die Washington Post, dass Pjöngjang inzwischen einen atomaren Sprengkopf entwickelt habe, der klein genug für seine Interkontinentalraketen sei. Das würde bedeuten, dass Kims Regime kurz davor ist, seine bereits getesteten Interkontinentalraketen atomar zu bestücken – der letzte noch fehlende Schritt zum Aufstieg zur Atommacht. Das wird sich der Diktator nicht nehmen lassen.
Zum anderen – und das wiegt sehr viel schwerer: Der von US-Präsident Donald Trump viel beschworene Richtungswechsel Pekings ist in Wirklichkeit weiterhin keiner. Wirklich weh getan hätten dem nordkoreanischen Regime der Einfuhrstopp von Öl. Denn ohne diesen Treibstoff kann Kim weder seine Flugzeuge noch seine Panzer einsetzen.
Doch das lehnt China ab. Peking argumentiert mit humanitären Erwägungen, was aber nur für einen Nahrungsmittelstopp zutreffen würde. In Wahrheit will Peking auch weiter keinen Kollaps des Kim-Regimes provozieren, mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten eines womöglich US-freundlichen Regimewechsels.
Auch wenn Trump die jüngsten Sanktionen des UN-Sicherheitsrats als Erfolg verkauft – eine Kriegsgefahr ist mehr gegeben denn je. Spätestens beim nächsten Abschuss einer Langstreckenrakete oder gar einem Atomwaffentest wird auch er bemerkt haben, dass die jüngsten Sanktionen ihre Wirkung verfehlen. Politisch wird er es sich nicht leisten können, noch einmal den UN-Sicherheitsrat anzurufen. Seinen martialischen Drohungen vom Dienstag, mit „Feuer und Wut“ auf weitere Provokationen zu reagieren, müsste er Taten folgen lassen.
Sieger wird es auf keiner Seite geben
Doch auch Peking hat sich in ein gefährliches Doppelspiel verheddert. China will einerseits Nordkorea als Pufferstaat erhalten, um die USA auf Abstand zu halten. Andererseits missfällt der chinesischen Führung die atomare Bewaffung des inzwischen völlig unberechenbaren Nachbarns. Zusammengenommen führt diese Haltung zu der äußerst wirren Politik, dass Peking nur dann Stellung gegen Nordkorea bezieht, wenn Pjöngjang mal wieder eine Rakete oder eine unterirdische Atombombe gezündet hat. Ansonsten hält sich Peking mit Kritik an Pjöngjang zurück und gibt den USA die Schuld an weiteren Eskalationen. Glaubwürdig macht sich China auf diese Weise auf keiner Seite.
Ein immer martialischer auftretender Trump und immer weiter reichende nordkoreanische Raketen erhöhen das Risiko für die chinesische Führung, schon bald einen dramatischen Konflikt vor der Haustür austragen zu müssen. Sieger wird es bei einem Krieg auf keiner Seite geben. Peking ist aber jetzt schon der große Verlierer.
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