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Chinas Corona-Hilfe für ItalienNicht alles falsch gemacht

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Klar ist die Hilfe für Italien auch Propaganda für Peking. Im Gegensatz zu China hat Europa aber zu viel Fehler gemacht.

Ein Arbeiter in Bari entlädt Kisten mit Schutzkleidung aus China Foto: Allessandro Garofalo/reuters

I n Europas Krankenhäusern fehlt es an Masken, Schutzkleidung und Tupfern, in deutschen Supermärkten gibt es nicht einmal mehr ausreichend Klopapier. Wir reiben uns verwundert die Augen, dass ausgerechnet China gerade millionenfach Schutzausrüstung in alle Welt liefert und meist sogar spendet. Ohne China wäre die Welt momentan ziemlich verloren.

Dabei ist das Coronavirus in der Volksrepublik zuerst ausgebrochen und hätte sich ohne die anfängliche Vertuschung viel leichter eindämmen lassen. Doch seitdem ist etwas passiert, das in westlichen Ländern viele noch nicht verstehen wollen. China hat mit seinen entschlossenen und von uns zunächst als überzogen empfundenen Maßnahmen das Problem allmählich in den Griff bekommen, während im Rest der Welt die Gefahr unterschätzt wurde. Wir hielten uns für gewappnet. Unseren Zeitvorsprung haben wir nicht genutzt, sondern arrogant auf China herabgeblickt nach dem Motto: In einer Demokratie hätte das ohnehin nicht passieren können – weder die Vertuschung noch die als überzogen empfundenen Maßnahmen.

Inzwischen grassiert das Virus, und wir greifen zu Maßnahmen, die wir noch vor Kurzem für unmöglich gehalten haben. Während überall Hilferufe nach Schutzkleidung ertönen, haben innerhalb der EU die Nationalstaaten ihre Grenzen geschlossen und nur noch an sich gedacht. Pech für Italien. Die Supermacht USA, die früher stets in großem Stil geholfen hat, ist völlig abgetaucht.

Derweil hatte China seine Produktion für Schutzausrüstung und Testkits massiv hochgefahren und teilt diese nun mit der Welt, auch mit den USA. Natürlich ist das auch Propaganda für Peking. Unterstützung war schon immer mit Propaganda und strategischen Interessen verbunden. Das kann man kritisieren, war aber bei europäischer oder amerikanischer Hilfe nie anders. Neu ist, dass auch Europa und die USA jetzt Hilfe benötigen. Denn sie haben im Gegensatz zu China zu viele Fehler gemacht.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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6 Kommentare

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  • China hat damals den Weltmarkt an Desinfektionsmittel und Schutzausrüstung leergekauft und so den derzeitigen Mangel mit zu verantworten. Außerdem lässt China sich entgegen der Darstellung in den Nachrichten ihre Hilfslieferungen bezahlen. Zudem wurden Hilfen für China nicht an die große Glocke gehängt, kann man halt propagandistisch besser ausschlachten, wenn man "selbstlos" andere unterstützt. Ich denke da an italienische Städte, die aus Dankbarkeit die chinesische Nationalhymne singen, was nie stattgefunden hat aber in den chinesischen Nachrichten läuft. [...]

    Kommentar bearbeitet. Bitte beachten Sie die Netiquette.

  • Immer wieder das Gerede über die "anfängliche Vertuschung". Worin soll die denn genau bestanden haben? Im gleichen Atemzuge, in dem diese paar Ärzte, die auf WeChat geplaudert haben, gemaßregelt worden sind, ist die WHO informiert worden und war ab dem nächsten Tag zusammen mit chinesischen Expert:innen vor Ort.

  • "VielE Fehler", müsste das heißen.

  • Mal abwarten, hinterher ist man immer schlauer.



    Dass die USA unter Trump bei Corona keinen Blumen Strauss gewinnen ist ja klar und das China Propaganda betreibt auch. Von daher bringen diese Vergleiche einen nicht weiter.

  • "in deutschen Supermärkten gibt es nicht einmal mehr ausreichend Klopapier"

    Es gäbe ausreichend Klopapier, wenn nicht ein paar Wenige sich Mehrjahresbedarfe gekauft hätten.

    "Das kann man kritisieren, war aber bei europäischer oder amerikanischer Hilfe nie anders. "

    Das war anders. Wer weiss heute noch, dass medizinische Ausrüstung von Deutschland nach China geflogen wurde? Ich denke da zum Beispiel an die Bundeswehr, die nach langem zögern von chinesischer Seite nach Wuhan geflogen sind, um Europäer auszufliegen und auf dem Hinweg medizinische Ausrüstung zu liefern.

    Wie viele, vor allem kleine Unternehmen haben ihre Lieferanten, Partner und Kunden in China unterstützt? Ich weiß von einer ganzen Reihe. Leider gab´s damals auf chinesischer Seite ziemlich viel Probleme bei Zoll und den beauftragten Speditionen, sonst wäre noch mehr geliefert worden. Das wurde aber nicht an die große Glocke gehängt, weil da weder die überwiegend kleinen Unternehmen ein Interesse daran hatten noch das Internet oder Medien wie die taz.

    "Inzwischen grassiert das Virus und wir greifen zu Maßnahmen, die wir noch vor Kurzem für unmöglich gehalten haben."



    Jau, das ist richtig, aber das liegt nur zu einem Teil an den Regierungen. Vor 12 Wochen wäre ein Großteil der Bevölkerung nicht dazu bereit gewesen Maßnahmen zu akzeptieren, die die eigene Freiheit, zum Beispiel in Bezug auf Apres Ski in Ischgl. Ohne die Urlauber wäre die Pandemie in Deutschland, Norwegen, Island, ... sehr viel langsamer verlaufen.

    Selbst heute noch gibt es Randgruppen, die sehr viel tun, um die leider notwendigen Maßnahmen zu unterlaufen, schlecht zu machen, in Kommentaren Fake-News zu verbreiten, mit von vornherein aussichtslosen Anträgen die Gerichte beschäftigen und die Aufhebung der "unnötigen" Maßnahmen, zum Beispiel mit Verweis auf Schweden, zu verlangen. Und leider gibt es eine Menge Redakteure, auch bei der taz, die genau diese Argumente verbreiten.

    • @Martin74:

      Ja also mit Ruhm bekleckert hat sich hier keiner. In den USA - und wenn man ehrlich ist auch in Europa - hat man apathisch wahrgenommen wie die WHO die Pandamie erklärt hat. SARS ist 17 Jahre her, dazwischen gab es mehrere besorgniserregende Grippe-artige Ausbrüche; warum standen nicht schon Mitte Januar Leute mit Fieberthermometern an den Flughäfen?

      "Es gäbe ausreichend Klopapier, wenn nicht ein paar Wenige sich Mehrjahresbedarfe gekauft hätten."

      Naja, man kann da nur über die Motivationen spekulieren. Vielleicht sind das auch gerade Leute, die verkehrstechnisch schwierig angebunden sind, nicht so ein belastbares soziales Netz haben und/oder auch noch mit anderen Krankheiten zu kämpfen haben. Denke wenn man einigermaßen gesund ist, kriegt man es auch hin ein paar Wochen weniger Klopapier zu verbrauchen. (Notgedrungen)