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Cannabis-LegalisierungSPD skeptisch bei Cannabis-Gesetz

Die Cannabislegalisierung sollte bereits verabschiedet sein. Doch ein Termin im Bundestag steht weiter aus. Und nun bremsen die Innenminister*innen.

Wie lange noch warten? Die von der Ampel geplante Cannabis-Legalisierung verzögert sich Foto: Annette Riedl/dpa

Berlin taz | Eigentlich hätte der Gesetzentwurf längst im Bundestag verabschiedet sein sollen. Aber die Cannabislegalisierung, welche die Ampel als zentrales Projekt angekündigt hatte, bleibt weiter in der Schwebe. Und nun stellen sich auch die In­nen­mi­nis­te­r*in­nen der Länder gegen das Gesetz, auch die der SPD. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat ebenfalls Bedenken.

Bereits im August hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für die Cannabislegalisierung beschlossen. Damit soll Cannabisanbau zunächst zu Hause und in Anbauclubs erlaubt werden, später auch in Modellprojekten in lizenzierten Geschäften. Über Wochen hatten die Ampelfraktionen im Bundestag den Gesetzentwurf danach nochmal überarbeitet, im Dezember sollte das Gesetz im Bundestag verabschiedet sein und am 1. April in Kraft treten.

Dann aber äußerten In­nen­po­li­ti­ke­r*in­nen der SPD Sicherheitsbedenken und die SPD-Fraktionsspitze vertagte die finale Abstimmung des Gesetzes im Parlament. Ein neuer Termin steht bis heute aus. Aus Kreisen der Ampelfraktionen hieß es nur, dass über das Gesetz „wahrscheinlich“ nach der Verabschiedung des Haushalts im Bundestag abgestimmt würde. Der Etat soll am 2. Februar beschlossen werden.

„Gravierende negative Auswirkungen“

Inzwischen aber stellen sich auch die In­nen­mi­nis­te­r*in­nen der Länder geballt gegen das Projekt. Schon im Dezember hatte sich die Innenministerkonferenz (IMK) geschlossen gegen die Cannabislegalisierung ausgesprochen – SPD-Innenminister*innen inklusive. Das Vorhaben habe „gravierende negative Auswirkungen“ auf die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, auf den Kinder- und Jugendschutz sowie den Gesundheitsschutz, heißt es in einem gemeinsamen Beschluss.

Auch bedeute das Projekt „hohe Aufwände für die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden“. So müssten die geplanten Anbauvereine kontrolliert werden, genauso wie die Einhaltung von Konsumverboten, die zum Beispiel im Umkreis von 100 Metern um Schulen oder Kitas gelten sollen. Zusätzliche Kontrollen seien im Verkehr nötig, um Fahrten unter Cannabiseinfluss zu stoppen. Angesichts all dessen spreche man sich „deutlich gegen dieses Vorhaben aus“, so der IMK-Beschluss.

Lauterbach hatte dagegen mit der Ankündigung von strengen Kontrollen der Anbauvereine und Konsumverbote versucht, Sicherheitsbedenken zu zerstreuen. Auch hatte die Ampel eine Entlastung der Polizei und Behörden versprochen: Durch einen Wegfall der Strafverfolgung von Konsumierenden bliebe diesen Arbeit für die Strafverfolgung erspart.

Ein Sprecher von Faesers Bundesinnenministerium erklärte dagegen, man nehme die Befürchtungen der Länder „ernst“. Im Gesetzgebungsverfahren habe man sich dafür eingesetzt, dass Jugendschutz und Sicherheitsaspekten „Rechnung getragen wird“. Der organisierten Kriminalität dürften „keine vermeidbaren Einfallstore eröffnet werden“, warnte auch der Sprecher.

Internes Gutachten sieht „Widersprüche und Schwächen“

Und auch in einem Gutachten des Bundeskriminalamts werden Befürchtungen artikuliert. Dort ist nach taz-Informationen von „Widersprüchen und Schwächen“ des Gesetzentwurfs die Rede. Dieser bleibe „in vielen Punkten unscharf“. Auch sei es tatsächlich so, dass die Legalisierung für die Polizei und Ordnungsbehörden „zusätzliche Aufgaben und Aufwendungen“ für Kontrollen von Konsumverboten, der Anbauverein oder im Verkehr, so der Bericht.

Ebenso klar sei, dass die Regelungen „in den Landesverordnungen konkretisiert werden müssen“. Dies werde noch „umfangreiche Abstimmungsverfahren zwischen den Ländern erfordern“, um sicherzustellen, dass möglichst überall einheitliche Regeln gelten würden. Zudem fordert der Bericht ein: „Klargestellt wird, dass auch in Bezug auf cannabisbezogene Delikte weiterhin eine konsequente Bekämpfung der organisierten Kriminalität gewährleistet sein muss.“

Auch der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler, der bereits zuletzt vor Sicherheitsgefahren durch die Art und Weise der geplanten Legalisierung gewarnt hatte, bleibt bei seinen Bedenken. Daran habe sich nichts geändert, sagte Fiedler aktuell der taz. „Dem Gesetz würde ich so keinesfalls zustimmen.“

Grüne und FDP pochen auf baldige Abstimmung

Grüne und FDP machen dagegen Druck, dass die Legalisierung endlich kommt. „Die inhaltlichen Verhandlungen sind abgeschlossen“, sagte die Grüne Kirsten Kappert-Gonther der taz, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses. Es brauche „eine zeitnahe Verabschiedung“ des Gesetzes im Gesundheitsausschuss und Plenum des Bundestags. Das könne auch innerhalb einer Sitzungswoche geschehen.

Auch die FDP-Gesundheitspolitikerin Kristine Lütke sagte, die jetzt geäußerte Kritik einzelner SPD-Innenpolitiker sei „höchst irritierend, da es in den vergangenen eineinhalb Jahren genügend Zeit gab, diese Einwände vorzubringen“. Die unterschiedlichen Aspekte der Cannabislegalisierung seien „intensiv diskutiert“ worden und das geeinte Gesetz enthalte auch die benannten Sicherheitsaspekte. Es sei „ein sinnvoller Ausgleich zwischen Jugend- und Gesundheitsschutz, Sicherheit und Strafverfolgung“ und erkenne die gesellschaftlichen Realitäten an, so Lütke. „Ich sehe hier keinen weiteren Änderungsbedarf.“ Die Beschlussempfehlung müsse nun „schnellstmöglich im Januar eingebracht werden“.

Korrektur: In einer ersten Version des Artikels war die Rede von einem Bericht des Bundesinnenministeriums zu den Folgen der Cannabislegalisierung auf die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden. Das Gutachten stammt aber vom Bundeskriminalamt, über welches das Bundesinnenministerium auf der jüngsten Innenministerkonferenz Bericht erstattete.

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!

    Das galt unter Rot-Grün mit Schröder und dass gilt auch jetzt mit Scholz.

  • Was da an Argumentation aus dem Innenministerium kommt zu dem Thema geht dermaßen an den Fakten vorbei dass man sich durchaus fragen darf, was die da eigentlich geraucht haben.



    Das fängt schon mit der Sorge um die organisierte Kriminalität (OK) an: Es ist doch vollkommen klar, dass jedes Gramm Cannabis aus Eigenproduktion den Markt für die OK um ungefähr dieses Gramm schrumpfen lässt. Cannabis ist heute eine gute Einnahmequelle für die OK, und es ist eines der Ziele des Gesetzes, das endlich abzustellen. Fast klingt es als wolle das Innenministerium der OK das Geschäft lieber nicht vermiesen.



    Dann wird ernsthaft argumentiert, es fielen „zusätzliche Aufgaben und Aufwendungen“ für Polizei und Ordnungsbehörden an. Warum jetzt genau? Weil Polizei dann sicherstellen muss, dass im Umkreis einer Schule nicht gekifft wird? Jetzt mal abgesehen davon, dass diese Regelung überflüssig bis unsinnig ist: Es sind doch genau die SkeptikerInnen, die diese Regelung und weitere Einschränkungen wollen, wie u.a. die vollkommen überzogenen Sicherheitsregeln für Anbau-Clubs. Erst werden also allerhand Einschränkungen und Hürden in den Gesetzentwurf hineinverhandelt, dann wird mit dem Aufwand der Kontrolle ebendieser Einschränkungen und Regelungen argumentiert, dass man das ja nicht beschließen könne. Das ist schon fast kafkaesk.



    Die OK kann sich dann bei den BedenkenträgerInnen der SPD bedanken, dass ihr dieses lukrative Geschäft erhalten bleibt. Und die Millionen von NutzerInnen von Cannabis, die dann weiterhin auf den Dreck vom Schwarzmarkt angewiesen sind, dürfen sich persönlich bei Faeser dafür bedanken, dass sie weiterhin beigemischten Mist wie Kunstoff, Zucker, künstliche Cannabinoide oder auch mal Blei als Streckmittel sowie, natürlich, Pestizide mitkonsumieren.



    Hier jetzt nicht endlich die (zumindest Teil-)Legalisierung anzugehen schadet Menschen, das sollte jedem und jeder dieser ach-so-vernünftigen BedenkenträgerInnen klar sein.

  • Wie immer ist man sich in der EU völlig einig!

  • Warum lässt sich die SPD eigentlich ausgerechnet von den Abgeordenten ausbremsen, die am zu diesem Thema



    erstens die letzten zwei Jahre keinen Pieps gesagt haben, aber ausgerechnet jetzt mit innerparteilicher Opposition beginnen müssen und die zweitens offensichtlich keine Kompetenz in dem Bereich haben?

  • Wer kiffen will kifft auch und hat kein Problem damit sich Cannabis zu besorgen. Das grenzt schon an Realitätsverweigerung.

  • Die SPD möchte einfach gar keine Wähler mehr haben. Oder vielleicht findet sie auch die, die sie tatsächlich wählen, irgendwie doof und hätte stattdessen lieber ein paar Wähler, die jetzt CSU wählen. Oder noch weiter rechts. Es ist einfach eine sehr merkwürdige Partei, diese Partei von Herrn Noske.

    • @BommelDrommel:

      Die SPD ist inzwischen eine Rentnerpartei. 50% der SPD-Wähler sind über 60. Bei den unter 30 jährigen ist die SPD schon länger einstellig. So wird dann halt auch Politik gemacht. Für progressive Politik geht sowieso langsam das Licht aus. Wir haben dieses Jahr das erste Mal Landtagswahlen mit mehr Wahlberechtigten mit Pflegestufe als unter 30.

  • Warum sollen sich durch das Gesetz bitte „zusätzliche Aufgaben und Aufwendungen für Kontrollen [...] im Verkehr" ergeben?

    Da ändert sich doch nichts: Die Menschen, die Cannabis konsumieren dürfen direkt danach nicht Auto fahren. Das ist jetzt so und das gilt weiterhin.



    So lange die Anzahl der Konsumenten nicht steigt, wovon man seriös nicht augehen kann, bleibt alles beim Alten.

  • Etwas versprechen und es dann nicht einhalten ist doch an der Tagesordnung bei dieser Ampel.



    Meine 800W Balkonanlage darf ich auch noch nicht in Betrieb nehmen, weil die Entscheidung auf "unbekannt" verschoben wurde.



    Das gleiche nun scheinbar mit der Cannabis-Legalisierung. Es wird wohl ein Bürokratie-Monster werden, so kompliziert, dass der Konsument doch lieber beim Dealer um die Ecke kauft.



    Manomann, wieso kommt bei der Ampel eigentlich alles immer anders, als es angekündigt wurde?

    • @Rudi Hamm:

      Unsinnige Verträge der Vorgänger Regierung gepaart mit dem Bürokratiemonster Verwaltung.