Bundeswehreinsatz in Mali: Deutschland droht mit Abzug
Die Bundesregierung fordert Mali zur Rückkehr zur Demokratie auf. Sonst könnte der Bundeswehreinsatz bald enden.
In Mali hatte das Militär im August 2020 die gewählte zivile Regierung gestürzt. Seit einem zweiten Staatsstreich im Mai 2021 ist Putschführer Oberst Assimi Goïta auch Staatspräsident. Eine nach dem ersten Putsch zugesagte Rückkehr zur Demokratie nach achtzehn Monaten, mit Wahlen Ende Februar 2022, hat Goïta mittlerweile jedoch zurückgenommen und zu Jahresbeginn eine Neuwahl eines Präsidenten frühestens in vier Jahren in Aussicht gestellt.
Das hat Mali scharfe internationale Sanktionen eingebracht, am vergangenen Freitag auch personenbezogene Sanktionen gegen führende Regierungsmitglieder durch die EU. Eine EU-Trainingsmission mit deutscher Beteiligung bildet dennoch weiterhin Malis Armee für den Krieg gegen islamistische Terrorgruppen aus, der an vorderster Front von einer französischen Eingreiftruppe geführt wird. Darüber hinaus beteiligt sich die Bundeswehr mit Soldaten an der UN-Mission in Mali (Minusma), die bei der Stabilisierung des Landes helfen soll.
Die Bundeswehr hat rund 1.000 Soldaten als Teil der UN-Friedenstruppe Minusma stationiert, weitere etwa 100 Soldaten sind an der EU-Ausbildungsmission EUTM beteiligt. Das aktuelle Bundeswehrmandat dafür für beide Einsätze endet am 31. Mai. Beide Missionen hängen eigentlich davon ab, dass Malis Regierung verfassungskonform und demokratisch legitimiert ist – Voraussetzungen, die derzeit nicht gegeben sind. „Wir müssen uns aber ganz ernsthaft die Frage stellen, ob das gelingen kann, wenn wir mit der EU Soldaten ausbilden, während Vertreter eines Militärputsches das Sagen haben“, wird Katja Keul jetzt zitiert.
Frankreich geht vor
Vor einer Woche hatte Frankreich sich selbst eine Frist von zwei Wochen zur Überprüfung seiner Militärpräsenz in Mali gesetzt, nachdem Mali den französischen Botschafter ausgewiesen und ein frisch gelandetes Kontingent von Spezialkräften aus Dänemark wieder nach Hause geschickt hatte. Deutschland und die EU hatten sich mit Paris solidarisiert.
Zuvor hatte Malis Regierung der deutschen Luftwaffe die Überflugrechte verweigert, als ein Kontingent von Soldaten aus Deutschland über Mali nach Niger fliegen sollte, um von dort aus den UN-Stützpunkt Gao im Osten Malis zu erreichen. Die Maschine hatte umdrehen und auf die Kanaren fliegen müssen. Dies war in Berlin als „unfreundlicher Akt“ bezeichnet worden.
„Angesichts der jüngsten Schritte der malischen Regierung müssen wir uns ehrlich fragen, ob die Voraussetzungen für den Erfolg unseres gemeinsamen Engagements weiter gegeben sind“, hatte daraufhin Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gesagt. Der Einsatz sei „kein Selbstzweck“ und gestalte sich „zunehmend schwierig“.
Am Sonntag und Montag sagte auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) in mehreren Interviews, eine Fortführung des deutschen Einsatzes in Mali sei „keineswegs selbstverständlich“ und sogar „schwer vorstellbar“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin