Bundesregierung und Klimaschutz: Plan zum Moorschutz gescheitert
Umwelt- und Agrarministerium können sich nicht auf eine Strategie zum Erhalt der Moore einigen. Der Grund: Bauern fürchteten Einbußen.
In Deutschland sind 92 Prozent der Moore entwässert und geben deshalb laut Umweltministerium pro Jahr circa 47 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente ab. Das seien etwa 6 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen. In Moorböden ist demnach genauso viel Kohlenstoff gespeichert wie in den deutschen Wäldern. Kommt der Torf in den Mooren aber mit Luft in Berührung, zersetzt er sich und gibt Kohlendioxid ab. Mehr als 80 Prozent dieser Emissionen stammen von Agrarflächen, die vor allem im Norddeutschen Tiefland und im Alpenvorland liegen.
Schulze schlug deshalb in ihrem Entwurf für eine Moorschutzstrategie vor, den Treibhausgasausstoß der Moorböden bis 2030 um mindestens 5 Millionen Tonnen zu senken. Dafür sollen die LandwirtInnen freiwillig den Wasserspiegel unter Äckern und Wiesen in Mooren anheben. Im Gegenzug sollen die Bauern Geld vom Staat bekommen. Denn wenn beispielsweise Felder wieder vernässt werden, lassen sich darauf entweder gar nicht mehr oder nur noch schwer die bisher gängigen Kulturpflanzen anbauen. Für den Naturschutzbund etwa war das zwar laut seinem Moorexperten Felix Grützmacher zu wenig und zu unverbindlich, aber „besser als nichts“.
Doch Agrarministerin Klöckner lehnte Schulzes Entwurf ab. Das Landwirtschaftsressort schrieb der taz, für Klöckner sei „ein integrativer und kooperativer Ansatz entscheidend“. Dem habe sich das Umweltministerium verweigert.
Misstrauen bei Bauern
Viele Bauern argwöhnten zum Beispiel, dass Schulze sie doch zur Wiedervernässung von Flächen zwingen wolle. Behauptet wurde auch, dass die SPD-Ministerin neue Ställe in Mooren verbieten wolle. Beides bestritt das Ministerium vehement. Es sollten allerdings keine Gebäude mehr subventioniert werden, die langfristig einer Wiedervernässung im Weg stünden. Man setze auf Freiwilligkeit und Förderung.
Schulze will nun „eine eigene Ressortstrategie“ vorlegen. Aber auch diese wird das Kabinett gegen den Widerstand des Agrarministeriums kaum beschließen.
Der Deutsche Naturschutzring (DNR) bezeichnete die gescheiterten Verhandlungen über eine Moorschutzstrategie als unverantwortliches Zugeständnis an „die Agrarlobby“. „Während die Klimakrise in Deutschland und Europa immer gravierendere Auswirkungen hat und der Artenverlust ungebremst fortschreitet, betreibt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner Klientelpolitik zu Lasten von Natur und Umwelt“, sagte DNR-Geschäftsführer Florian Schöne. Der Moorschutz gehöre zu den wichtigsten Klimaschutzmaßnahmen im Bereich der Landnutzungspolitik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“