Bürgschaften für Flüchtlinge: Der Staat muss handeln

Erst ermutigte man Menschen, Kriegsflüchtlingen zu helfen. Dann änderte man das Gesetz und bat Bürgen zur Kasse.

Ein deutsches Visadokument liegt auf einem Holztisch.

Visadokument eines syrischen Asylbewerbers in Deutschland Foto: Oliver Mehlis/dpa/picture alliance

Wer Berlin kennt, der weiß: Berlin ist kein Dorf. Berlin ist viele kleine Dörfer. Jeder Stadtteil ist sein eigener kleiner Kosmos. Das mag Charme haben, wenn man gerne darüber streitet, welcher Kiez nun der tollste ist, aber nicht, wenn sich an der Frage des Bezirks festmacht, ob man 26.000 Euro zahlen soll oder nicht.

Doch genau das passiert gerade. Wie in anderen Teilen Deutschlands auch haben in Berlin Menschen Verpflichtungserklärungen unterschrieben, damit syrische Geflüchtete mit einem Visum auf sicherem Weg nach Deutschland kommen können – statt sich auf wackeligen Schlauchbooten im Mittelmeer in Lebensgefahr zu begeben. Und nun kommt es darauf an, welches Berliner Jobcenter für ihre Fälle zuständig ist. Haben sie Pech, bedeutet das für sie Zahlungsaufforderungen in fünfstelliger Höhe.

Dieser Flickenteppich ist sehr spezifisch – und man möchte sagen: typisch – für Berlin. Er steht aber sympomatisch für die ganze Misere, die Bund und Länder in Sachen Bürgschaften angerichtet haben. Erst machte man ein schwammiges Gesetz, dann ermutigte man Menschen, sich zu engagieren, um Kriegsflüchtlingen zu helfen. Dann änderte man das Gesetz, bat Menschen zur Kasse, die völlig perplex waren, und versprach eine Lösung. Die ist nun da – aber Klarheit gibt es offenbar zumindest in Teilen Deutschlands noch immer keine. Und die Leidtragenden sind die, die helfen wollten.

Dabei sollte man nicht vergessen, warum solche Aktionen überhaupt nötig sind: Weil Menschen, die um Leib und Leben fürchten, kaum einen legalen Weg haben, um nach Deutschland zu kommen und Asyl zu beantragen. Ihnen bleibt oft nichts anderes übrig, als sich in die Hände von Schleppern zu begeben und den lebensgefährlichen Weg über Wasser und Land anzutreten.

Bund und Länder sollten sich dringlichst um die noch offenen Fälle von Bürg*innen kümmern. Und dann sollte Deutschland endlich dafür sorgen, dass Geflüchtete aus Kriegsgebieten menschenwürdige und sichere Wege finden, hier ihren Rechtsanspruch auf Asyl einzufordern.

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leitet das Inlandsressort der taz. Davor war sie dort seit Oktober 2018 Redakteurin für Migration und Integration und davor von 2016-17 Volontärin der taz Panter Stiftung. Für ihre Recherche und Berichterstattung zum sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen, Paragraf 219a StGB, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im März 2022 erschien von Gesine Agena, Patricia Hecht und ihr das Buch "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.

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