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Bündnis Sarah WagenknechtIch mach mir die Geschichte, wie sie mir gefällt

Konstantin Nowotny
Kommentar von Konstantin Nowotny

Mit einem peinlichen letzten Auftritt verabschiedet sich das BSW aus dem Bundestag. Das geschichtsvergessene Bündnis wird vorerst selbst Geschichte.

Protest des BSW im Bundestag gegen die Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse und dem geplanten Sondervermögen Foto: Michael Kappeler/dpa

E s ist so eine Sache mit den historischen Vergleichen. Sie stimmen nie, weil sich Geschichte nicht wiederholt. Manchmal ähnelt eine Sache der anderen aber doch derartig stark, dass Vergleiche angebracht sind. Aus der Perspektive des Bündnisses Sahra Wagenknecht spielt sich unentwegt Historisches ab. Schon beim Gründungsparteitag im Januar 2024 erinnerte die Publizistin Daniela Dahn daran, dass es die Sowjetunion mit ihrer Roten Armee war, die Europa vom Faschismus befreite.

„Dafür sind wir auf ewig zu Dank verpflichtet, wie immer sich die Weltlage inzwischen verändert hat“, sagte sie. Unfassbare 13 Millionen Soldatinnen und Soldaten verloren bei der Befreiung ihr Leben. Dahn ist kein Parteimitglied. Dennoch traf sie mit ihrer Rede den außenpolitischen Nerv des BSW. Dass Wladimir Putin in Wahrheit ein großer, geradezu antifaschistischer Friedensbringer sei, das formulierte Sahra Wagenknecht noch bis kurz vor Russlands Angriff auf die Ukraine.

Auch nachdem Putin immer deutlicher formulierte, dass es ihm mehr um imperiales Machtstreben als um „Vorwärtsverteidigung“ gegen die NATO ging, blieb das so. Es blieb auch so nach Bekanntwerden von russischen Kriegsverbrechen im ukrainischen Butscha. Und auch nachdem der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, ankündigte, „alles zu tun“, um „russische Panzer zum Platz der Republik“ nach Berlin zu bringen. Wir erinnern uns: Auf ewig. Wie auch immer die Weltlage.

So klang es stets aus Richtung des BSW, auch bis zum vorerst letzten Auftritt der parlamentarischen Gruppe im Bundestag. Bei der Debatte über die Aufweichung der Schuldenbremse und ein gigantisches Schuldenpaket am vergangenen Dienstag hielten die Noch-Abgeordneten Schilder hoch, auf denen stand: „1914 wie 2025: NEIN zu Kriegskrediten!“. Sie erinnerten an die ebenfalls historischen Kriegsschulden, die Deutschland im Jahr 1914 aufnahm um seine desaströse Beteiligung am Ersten Weltkrieg zu finanzieren.

Hinkende Vergleiche

Nur: Damals hatte Deutschland noch einen Kaiser, der im Anschluss die berühmten Worte „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“ formulierte. Und: Deutschland befand sich bereits in einem Krieg. Der historische Vergleich hinkt also enorm, auch was die Verwendung des Geldes betrifft. Von ziviler Infrastruktur, Klimaschutz, Straßen oder Schulen war 1914 freilich keine Rede.

Wenn man unbedingt eine Ähnlichkeit finden möchte, dann vielleicht jene: Auch 1914 stimmten So­zi­al­de­mo­kra­t*in­nen für die Aufrüstung, nachdem sie vormals dagegen wetterten. Und auch der Kaiser beklagte einst, er habe doch alles für den Frieden versucht, aber nun ginge es nicht mehr anders – ein Sound, den man heute vielleicht eher den Grünen zuschreiben dürfte.

Geschichte führen das BSW und seine Mitglieder am liebsten dann ins Feld, wenn es gerade in ihre Erzählung passt. Jahrelang interessierte sich etwa BSW-Mitglied Sevim Dağdelen für „Faschisten“ und „Rechtsextreme“ in der Ukraine. Deren Unterstützung gegen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg sollte dadurch illegitim aussehen.

Mit dem deutschen Faschismus scheint sie derweil keine Probleme mehr zu haben: Das „Brandmäuerchen“ zur AfD müsse man doch angesichts des Schuldenpakets endlich einreißen, „um mit den falschen das Richtige zu machen“ – so rief sie die Linkspartei dazu auf, zusammen mit der AfD den neuen Bundestag einzuberufen, um die Abstimmung zu verhindern. Die Linke ließ sich auf dieses Spiel nicht ein, stimmte dennoch geschlossen gegen die Grundgesetzänderung.

Nach einem ersten Ordnungsruf der scheidenden Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau legte das BSW die Transparente nieder und wohnte anschließend dem weiteren Verlauf der historischen Abstimmung bei. Dem nächsten Bundestag wird das Bündnis gemäß des jüngsten Wahlergebnisses nicht angehören, was einige Parteimitglieder seit Wochen als Wahlbetrug inszenieren wollen.

So wird die Partei nun also vorerst selbst in die Geschichte eingehen: Als peinliches, geschichtsvergessenes Aufbäumen einer sich als links camouflierenden Abspaltungsbewegung, die vom Faschismus nur etwas verstehen will, wenn es ihr nützt. So etwas gab es tatsächlich noch nie.

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Konstantin Nowotny
Autor
Seit 2013 freier Journalist, seit 2022 bei der taz. IJP-Fellow (Tel Aviv, 2021). DAAD-Stipendiat (New York City, 2016/17). Themen u.a.: Pop & Punk, Kapitalismus & Kultur, Rechte & Linke. Berlin/Leipzig
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5 Kommentare

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  • Ekelhaft, inklusive Täter-/Opfer-Umkehr.

  • Was das BSW da treibt, ist falsch, vulgär und unappetitlich.

    Gott sei Dank ist dieser Haufen nicht mehr im neuen Bundestag vertreten.

  • Es handelte sich hier um eine provokante und überspitze Aktion, die man sicherlich kritisieren kann. Befremdlich finde ich jedoch, dass es viel Kritik gibt von Menschen, die selber noch viel "geschichtsvergessener" auftreten und Vergleiche zum Münchener Abkommen und dem zweiten Weltkrieg ziehen.

  • Vielen Dank Herr Nowotny. Es tut so gut seine eigenen Gedanken zu dieser Partei einmal kompakt lesen zu können. Jetzt hat Frau Wagenknecht endlich genügend Zeit sich eine Uschanka aufzusetzen und um mit den Nachtwölfen zum Roten Platz zu brausen um endlich in staatstreuen TalkShows ohne Fakten Check interviewt zu werden. Nicht so wie die Spielverderber in Deutschland die sich so pedantisch an ihren Lügen gestört haben

    www.zdf.de/nachric...-russland-100.html

  • Noch mehr Pro-Putin Show geht gar nicht.



    Wer bis jetzt noch nicht kapiert hat, dass die BSW eine Putin-Partei ist, sollte es jetzt endlich kapiert haben, oder will es gar nicht wahrhaben.