piwik no script img

Briefzustellung in DeutschlandDie Post spielt mit dem Ende

Denkt die Post über ein Ende der flächendeckenden Zustellung nach? Möglicherweise handelt es sich um eine Finte im laufenden Tarifkonflikt.

Bald nicht mehr flächendeckend unterwegs? Post-Zusteller in Düsseldorf Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Berlin taz | Es klingt nach einer Drohung an Verdi im laufenden Tarifkonflikt: Angeblich überlegt die Deutsche Post, die flächendeckende Zustellung von Briefen und Paketen in Deutschland einzustellen. Das berichtet die Welt unter Berufung auf Post-Betriebsräte. Demnach wäre es für den Konzern-Vorstand eine „ernsthafte Option“, aus der sogenannten Universaldienstleistung auszusteigen.

Dann wäre der weltgrößte Logistiker nicht mehr für die Grundversorgung bei Briefen und Paketen in Deutschland zuständig, die Jobs von 220.000 PostlerInnen stünden zumindest auf der Kippe. Der Bund würde dann nämlich die Zustellung neu ausschreiben. Im aktuellen Tarifkonflikt fordert Verdi 15 Prozent mehr Lohn und hat bereits Warnstreiks organisiert.

Derzeit ist der Marktführer Post zwar von der Mehrwertsteuer befreit, muss aber dafür auch anders als die Wettbewerber Briefe deutschlandweit in jeden Weiler zustellen – überall zum selben Preis und binnen bestimmter Fristen.

Die sogenannte Postuniversaldienstleistungsverordnung von 1999 schreibt auch vor, dass alle BundesbürgerInnen im Umkreis von einem Kilometer um ihren Wohnort einen Briefkasten vorfinden müssen. Zudem muss es bundesweit mindestens 12.000 Post-Anlaufstellen wie Filialen, Kioske oder Tankstellen geben.

Die Welt der Post hat sich radikal geändert

Tatsächlich will das Wirtschaftsministerium in den kommenden Wochen Eckpunkte für eine Novelle des Postgesetzes vorlegen. „Muss tatsächlich jeder Brief – oder mehr als 80 Prozent – am nächsten Tag zugestellt werden?“, fragt Post-Chef Frank Appel. Das neue Gesetz könne nicht mehr „so tun, als wäre die Welt wie vor 20 Jahren“. Die Post will mehr Flexibilität wie einen zustellfreien Montag oder Rabattmöglichkeiten für langsamere Zustellung.

Tatsächlich haben Mails und Chat-Dienste die Welt der Post radikal verändert. Jedes Jahr werden 2 bis 5 Prozent weniger Briefe zugestellt. Die Post reagierte umgehend auf den Medienbericht: Man wolle sich nicht aus dem Universaldienst zurückziehen, aber „den Umbau zu einem klimaneutralen Brief- und Paketdienst fortsetzen“, hieß es. Dann müssten die Postflüge, die derzeit für eine schnelle Zustellung in Deutschland sorgen, eingestellt werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Na wunderbar- das Einzige was die Post von Anderen unterscheidet abschaffen. Scheint, als hätten die Vorstände ihre 80 Milliarden Gewinn weggeschafft und können un in den Ruhestand auf die Bahamas gehen....

  • das kommt davon, wenn man die Post privatisiert. Dann geht`s um die Gewinne und nicht um die Versorgung...

  • Die Post ist ein Bundesunternehmen mit einem einzigen Daseinszweck: die Post-Universaldienstleistung.



    Hier wird die Organisation als Unternehmen da absurdum geführt.



    Schmeißt die Vorstände raus und gebt den Nachfolgern ein klares Ziel: Postdienste.



    Konzerntöchter im Ausland sind Unsinn und gehören verkauft!

  • Ich finde das super!



    Denn damit hätte einer der größten Bremsklötze digitaler Briefe, verschlüsstlt und rechtssicher, die Segel gestrichen.



    Ich erinnere nur daran dass "die Post" einst für E-Mail (BTX-Nachricht genannt) unverschämte Gebühren verlangt hat und dies mit DE-Mail gerne nochmal wiederholt hätte.

    • @Bolzkopf:

      Pegasus findet das gut.

  • Man vergleiche die bereits heutigen Zustände mit Anfang des 19. Jh. in Deutschland, als Briefe (wohl flächendeckend) wesentlich schneller als heute befördert wurden.



    So viel zu unseren modernen Zeiten

    Der Grundfehler bei der Post war die Privatisierung. Infrastruktur kann nun mal ein Zuschussgeschäft sein, da es sich eben um Infrastruktur handelt. Dies gilt ebenso für viele andere Dinge bishin zu Wahnsinnsideen wie Wasserrechte zu privatisieren. Dass die Post nun weltweit auf Gewinne zielt (gerade in USA), aber in Deutschland das Basisgeschäft bereits dermassen vernachlässigt hat, sind sehr eindeutige Zeichen, dass hier Manager aber keine der Allgemeinheit verantwortlichen Ökonomen am Werke sind.