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Bratwurstgipfel in BayernIm Fleischdampf

In Pegnitz messen sich Metzger mit Klassikern und kreativen Kreationen. Doch wollen die Menschen 2018 überhaupt noch Würste essen?

Es gibt im Fränkischen ein Wort für alles unnötig Aufwendige: Födds. Hier sehen sie das Gegenteil Foto: imago/Chromorange

Jetzt steht er da, der Stephan Jamm von der Metzgerei Deininger, ein Mantel über den Schultern und auf dem Kopf die Krone. Anstatt eines Juwels ziert sie, golden und quer über die Stirn gepappt, eine Wurst. Jamm ist der Fränkische Bratwurstkönig 2018. Er schmunzelt und dankt seiner Frau. Was wir die erste Amtshandlung sein? Der König muss jetzt noch den Stand abbauen. „Und morgen früh um 5 ist wieder Montag.“

Mit der Krönung von Stephan Jamm aus Markt Einersheim, Unterfranken, endet der achte Bratwurstgipfel in Pegnitz. Sieben Stunden lang haben 14 Metzger und eine Metzgerin aus Ober-, Mittel- und Unterfranken gebraten. Sie haben sich in den Kategorien Klassiker- und Kreativbratwürste miteinander gemessen. Sie haben sich dem Urteil des Publikums gestellt. Sie haben den Tag im Fleischdampf verbracht.

Schon um 11 sind alle Parkplätze in der oberfränkischen Kleinstadt belegt. Obwohl der Verein zur Förderung der fränkischen Bratwurstkultur, der den Wettkampf organisiert, zum ersten Mal ein Eintrittsgeld verlangt, sind sie alle gekommen: Die Radler auf Fränkische-Schweiz-Tour, die Rentnerpaare mit den identischen Schirmmützen, die Club-Fans im Trikot, der Motorradrocker mit dem mächtigen Backenbart und eine Gruppe mittelalter Männer in Lederhosen.

Wenn Moritz von Uslar damals in Brandenburg Hardrockhausen fand, ist Pegnitz, heute zumindest, Bluthochdruckhausen. Um 12 Uhr sitzt die erste Fachjury vor den Kreativbratwürsten und je einem halben Liter dunklem Bier. „Wichtig wäre“, sagt der Moderator, „dass wieder ein Oberfranke gewinnt.“ Die lokalen Rivalitäten sind nicht zu unterschätzen.

Der Fleischkonsum in Deutschland sinkt

Kreativbratwürste heißt, dass die Jury, darunter der Bürgermeister von Pegnitz, nun vor seltenen Kreationen sitzt. Eine Bratwurst mit Zwetschgen, eine Wildbretbratwurst, eine mit Schokolade und Eierlikör. Es gibt im Fränkischen ein schönes Wort für alles unnötig Aufwendige, nicht mehr typisch Bodenständige: Födds. Und es passt eigentlich nicht zum Klischee, dass der Franke ausgerechnet eine Bratwurst mit Eierlikör probieren mag. Hier her kommen viele genau deshalb.

Zu verantworten hat die Eierlikörwurst Florian Neretter, ein schnauzbärtiger Lulatsch. „Daheim stand noch eine halbe Flasche Eierilkör von der letzten Feier rum“, sagt er eine Wurst wendend. „Und mehr als probieren kann man es nicht.“ Beim zweiten Versuch sei er mit dem Ergebnis zufrieden gewesen: Süß und herzhaft, das passt. Neretter hat seine Bratwürste schon mit Lebkuchen und Chili veredelt. Geht alles gut, am besten geht immer noch die klassische, Nürnberger Art.

Der Feind ist nicht der Vegetarier, sondern die Billigwurst im Supermarkt

Aber: Wollen die Menschen 2018 denn überhaupt noch Bratwurst essen? Der Trend geht doch eigentlich zum Veganismus – Wurst gerne, aber ohne Tier. In den vergangenen 20 Jahren sank der Fleischkonsum in Deutschland pro Kopf um etwa zwölf Prozent. Merkt der Metzger Neretter das auch im mittelfränkischen Burgthann? „Eigentlich nicht. Ich sage mal: Mir ist es lieber, die Leute essen weniger und dafür etwas G'scheits.“

Und mit diesem schönen Satz lässt sich die Haltung der Metzger recht gut zusammenfassen: Sie beziehen ihr Fleisch regional, zum Teil Bio, wer in diesen Dorfmetzgereien kauft, kauft bewusst. Der Feind ist nicht der Vegetarier, sondern die Billigwurst.

„Wir machen eine grundsolide, ehrliche Bratwurst.“

Mirco Genssler sitzt Florian Neretter schräg im Rücken. Pause. Bier aus dem Kaffeebecher. „Wenn ich im Urlaub bin, werde ich teilweise auch zum Veganer“, sagt er. Weil er dann nicht weiß, aus was für einem Mastbetrieb das Fleisch kommt. Im unterfränkischen Unsleben ist das anders: „Die Sache ist die“, sagt er und holt sich einen seiner Begleiter dazu: „Das ist mein Cousin, der Christian, der schlachtet für mich. Ein kleiner, familiärer Schlachtbetrieb.“

Genssler hofft, die Klassiker-Jury mit einer Halbgroben überzeugen zu können. Doch schon in der ersten Runde setzt sich der spätere König durch. Stephan Jamm, braun gebrannt, muskulös, Fleischer-Käppi empfängt stolz den Pokal. Warum er? Achselzucken, damit gerechnet hat er nicht. „Wir machen eine grundsolide, ehrliche Bratwurst und tun lauter gute Sachen rein. Da muss was Gutes dabei herauskommen.“

Jamm eilt zurück an den Grill. Moderator Remmel freut sich über die Rossinis: Drei braungebrannte Herren in Fantasieuniformen, die selbstbewusst die dunklen Locken nach hinten schmieren und mit ihren Instrumenten durch die Reihen scharwenzeln: Ramalam – Ding Dong! Das Bier fließt, die Wurst schmeckt, Volksfeststimmung im Wiesweiherpark. Beim Pole-Dance am Sonnenschirm rutscht schon mal die Lederhose.

Auf dem Tisch von Semi und Christine türmen sich die leeren Brötchenhüllen. Weggelassen, damit mehr Wurst in die Mägen passt. „Wir probieren alle“, sagt Semi und meint: Alle Kreativbratwürste. „Das ist Standard“, ergänzt Christine. Die beiden suchen hier seit drei Jahren nach dem Außergewöhnlichen. Favoriten: „Die Dolimiti“, sagt Semi, „und die Krokodil-Dann-die.“ Ist da echt Krokodil drin? „Keine Ahnung.“

Die identitätsstiftende Wirkung der Bratwurst

Gut, dass man den Chef einfach selber fragen kann: „Ja“, sagt Jens Hoferer aus Sugenheim, Mittelfranken, „etwa fünf Prozent.“ Der Rest der Wurst ist Schwein. Und Röstzwiebeln, Paprika, Käse, drei verschiedene Currys… „Wir wollen alle Geschmacksrichtungen erwischen.“ Die Krokodilwurst kommt in einem Bambusschiffchen mit Tomatensoße und Couscous, Hoferer trägt Lederhut mit Alligatorzähnen und überm Stand hängt ein aufblasbares Krokodil. Ein Marketingprofi.

Thomas Zimmer steht die Krokodil-Dann-die noch bevor. 14 „Versucherla“ hat er bereits intus. Der Präsident der oberfränkischen Handwerkskammer und Erfinder des Bratwurstgipfels sitzt in beiden Jurys. Er sieht auch ein bisschen präsidial aus, weißer Bart, grüne Trachtenweste. Und spricht in präsidialen Worten von der Wurst: „Für mich“, sagt er, „hat die Bratwurst eine identitätsstiftende Wirkung für ganz Franken. Es ist etwas, das uns eint.“

Aber, logisch, gerade Thomas Zimmer weiß, dass es längst auch Seitan und Tofu auf den Tisch der fränkischen Familie geschafft haben. Umso mehr müssten sich die Metzger ihre eigene Marktnische suchen, zum Beispiel die Bratwurst-Nische. Den Veganer könne man so zwar kaum überzeugen, wohl aber den Discounter-Käufer. „Wenn ich mir unsere Metzger anschaue: Das sind junge, taffe Kerle, die stehen ihren Mann, ihre Frau. Da mache ich mir um die Zukunft des Handwerks keine Sorgen.“

Jawohl, auch ihre Frau. Nina Weiss wird von den Rossinis bereits als die „schöne Metzgerin“ besungen. Je länger eine solche Veranstaltung dauert, desto schmieriger. Aber Nina Weiss ist halt schlank und blond und jung und vermarktet das auch: Auf den Flyern strahlt sie zwar, als könnte sie keiner Fliege etwas zuleide tun, in der Hand jedoch hält sie ein glänzendes, Hackebeil. Vor elf Jahren übernahm sie die Metzgerei, die schon ihrem Vater und dessen Vater gehörte. Heute nennt sich der Nürnberger Betrieb: Genusswerkstatt.

Zum Spaß grillt hier niemand

Und wie ein Möbelhaus hat die Genusswerkstatt auch Produktlinien. Die mediterrane Kreativwurst stammt aus der Linie Haki 36: Haptik, Kinetik, 36 Gewürze. Kurz vor der zweiten Entscheidung des Nachmittags ist sie ein bisschen nervös. „Ich bin ja auch ehrgeizig. Und schon auch ein bisschen enttäuscht, dass es unsere klassische nicht unter die ersten drei geschafft hat.“

Zum Spaß grillt hier niemand. So eine Auszeichnung kurbelt die Nachfrage an. Neretter: „Also, auf einen von den drei Plätzen will ich schon.“ Genssler: „Wir sind heute morgen um 5 aufgestanden und haben den LKW beladen. Wir wollen gewinnen.“ Hoferer: „Irgendwas mit heim nehmen, wäre schon schön.“

Als es um die Kreativen geht, liegt der Genuss auch im Betrachten der Jury. Ein Bayern 3-Moderator verzieht das Gesicht: „Da waren jetzt aber Kniescheiben mit drin.“ Der Bürgermeister von Schnabelwaid legt auf seinem Teller immer neue Ordnungsstrukturen. Eine stolze Ehefrau filmt vom Zaun ihren Mann, wie er auf der Bühne Bratwurst isst.

Die Wahl fällt auf die Spargelwurst der Metzgerei Wagner aus Hausen. Weil aber die Metzgerei Deininger von Stephan Jamm hier nun den dritten Platz belegt, ist der Gesamtsieger, der Bratwurstkönig, schon klar. Der Vorjahres-König nimmt noch den Publikumspreis mit. Mittlerweile ist auch die Bayrische Landwirtschaftsministerin, Michaela Kaniber eingetroffen, im Dirndl. Das provoziert zu mehr Schmierigkeit. Der Moderator bietet Umarmungen an und fordert Küsschen ein. Kaniber trägts mit starrem Lächeln.

Und findet, zur Erklärung von allem, was heute hier, in Pegnitz geschah, kluge Worte: „Bayern ist zwar keine Monarchie mehr. Es gibt jedoch Momente, in denen wir nach Monarchie lechzen.“ Der Bratwurstkönig erhält sein Zepter aus den Händen der Bierkönigin. Und so endet dann das Rennen der Würste. Er muss noch abbauen jetzt. Und morgen ist wieder Montag.

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30 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wir machen mal wieder ein bischen Stimmung Herr Thamm:

    " Motorradrocker mit dem mächtigen Backenbart " " Bluthochdruckhausen. "

    " Bier aus dem Kaffeebecher "

    "Ramalam – Ding Dong! Das Bier fließt, die Wurst schmeckt" , " in der Hand jedoch hält sie ein glänzendes, Hackebeil. "

    "Es gibt jedoch Momente, in denen wir nach Monarchie lechzen. "klasse journakistische Leistung !

    " Der Trend geht doch eigentlich zum Veganismus – Wurst gerne, aber ohne Tier. "

    so wirklkich ?

    und " Umso mehr müssten sich die Metzger ihre eigene Marktnische suchen, zum Beispiel die Bratwurst-Nische. "

    so wirklich, ist es nicht so das sich vegane Fleischersatzprodukte die marktnische suchen müssen ?

    Wir verdrehen mal ein bischen die Realität damit sie in die Ideologie passt.

    Haupsache das vegane Leserpotential wird befriedigt und darf lesen was es lesen will, - bei allem Respekt - Herr Thamm ?

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @avatar4:

      Ist schon erstaunlich, wie Sie diesem Wurstkitsch, der als solcher ohne Wurtscheiße auskommen muss, auch noch vegane Motivation unterstellen. Wen interessiert bei diesen eingefleischten Fleischproduzenten das Tier oder die veganen Konsumenten? Die wollen nur ihre Felle nicht davonschwimmen sehen.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Mein Kritik richte sich an den Autor des Artikels, dem ich bei diesem " Wurstkitsch "

        eine Befriedigung des veganen Leserpotentials auf eine journalistisch - in meinen Augen - sehr Bescheidene und Stimmungsmachende

        Weise kritisiere.

  • "Veganismus – Wurst gerne, aber ohne Tier" - wer das durch Denaturierung und Koagulation von sog. Sojamilch (die selbst durch irgendwelche chemisch unverständliche Prozesse hergestellt wurde - im Naturzustand ist Sojasaft eine wässrige, grünliche, nach Bohnen stinkende Brühe) in - natürlich vegane, also aus Plastik hergestellte - Därme verfüllt UND DIESES EKELPRODUKT AUCH NOCH ALS WURST BEZEICHNET, gehört eingesperrt!

    • @Hartwig Lein:

      habt ihr schon mal irgendwie darüber nachgedacht wieviele Lebewesen getötet werden wenn nur ein Hektar Acker gepflügt werden?

      • @Bernhard Hellweg:

        Wenn kann pfluglos arbeitet muss auch z.T. recht tief gegrubbert und zudem meist mit Totalherbiziden gearbeitet werden. Beides auch keine dolle Alternative für Regenwurm, Wühlmaus und Co.

         

        Zudem verstehe ich Ihren Kommentar in Bezug auf dem von @Hartwig Klein nicht.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Hartwig Lein:

      Ist mir neu, dass vegane Würste aus Sojamilch bestehen. Blutwurst besteht hingegen nicht unwesentlich aus "koalguliertem" Blut. Und das riecht auch nicht gerade angenehm, es sei denn, man leidet unter durch Tiermehl induzierter Hirnerweichung.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Vegane Bratwurst wird aus Sojaproteinisolat oder Tofu (ist ein Sojamilch-Produkt) und anderen Stoffen hergestellt.

        Beispiel:

        Wasser, Rapsöl (12%), Sojaproteinisolat (10%), Stärke, Verdickungsmittel: Methylcellulose, Carrageen, Konjak, Cellulosegummi, Johannisbrotkernmehl; Stabilisator: Mikrokristalline Cellulose; jodiertes Kochsalz (Kochsalz, Kaliumiodat), Gewürze, Würze (aus Mais), Dextrose, Maltodextrin, Glukosesirup, Aromen.

        Wer da noch zugreifen will: GUTEN APPETIT WÜNSCHE ICH!

        • @Hartwig Lein:

          Dann lieber doch ein paar Hormone und Antibiotika! Guten Appetit!

           

          Übrigens - ist die vegane Küche sehr vielfältig auch ohne Tofu&Co.

  • Der Veganismus ist eine Strömung unserer Zeit. Wie lange sich dieser Trend noch halten, ggf. auch noch vertärken wird, kann man derzeit noch nicht sagen. Auch Kalter Hund, Käseigel oder Hawaii-Toast hatte einst große Fangemeinden. Heute ist der Hype vergessen.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Nikolai Nikitin:

      Veganismus ist die Konsequenz der exuberanten globalen Fleischproduktion. Solange sich da nichts ändert, wird diese "Strömung" weiterströmen und zwar nicht, weil es ein paar Idealisten so wollen, sondern weil es der sich entwickelnde Turbokapitalismus so wollte.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Sagen Sie das mal einem Inuk, Inupiat, Sugpiaq oder Yupik. Sie alle werden sich sehr freuen, wenn sich für ihre Völker die Perspektive eröffnet, die Hungertod zu sterben.

        • @Nikolai Nikitin:

          Zum ersten: Das können Sie ja gerne tun. Vor der Haustüre kehren, halte ich da für moralisch naheliegender und gebotener in Hinsicht auf die Tierkonsum/produktionsmengen.

          Zum zweiten: Jene leben alle eine "traditionell" Lebensweise? Jene partizipieren nicht am globalen Handel, kaufen nicht im Supermarkt/Laden?

          • @Uranus:

            Werter Herr/Frau/Fräulein Uranus, in der alten Sowjetunion wurde Fleisch, v.a. Schweinefleisch, bis zum Abwinken gegessen. Der Fleischkonsum hat also nicht unbedingt etwas mit dem Turbokapitalismus zu tun, wenn schon Naturvölker, aber auch der real existierende Sozialismus diesem frönte. Es dürfte Ihnen ebenfalls bekannt sein, dass schon im Paläolithikum der Fleischkonsum höher war als er heute ist:

            https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/lebensmittel/fleisch/pwiejagenundsammelnfleischundgeschlechterrollen100.html

            • @Nikolai Nikitin:

              Haben Sie Quellen/Zahlen zum Fleischkonsum in "Naturvölker"/Sowjetunion/Paläolithikum?

               

              "In den vergangenen 50 Jahren hat sich die globale Fleischproduktion von 78 auf 308 Millionen Tonnen pro Jahr gut vervierfacht."

              Dort wird auch ein Verlaufsdiagramm des Fleischkonsums in verschiedenenländern aufgeführt. https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/fleisch-und-futtermittel.html

               

              Tierproduktion steht heute vermehrt in der Kritik aufgrund der enormen Menge und der dafür notwendigen industriellen Produktionsweise, die kapitalistisch motiviert ist. Ich sehe das ähnlich wie Atalaya. Gleichzeitig wird das Mensch-Tierverhältnis zunehmend kritisch betrachtet und gegen gewisse ausbeuterische Praxen protestiert - z.B. Walfang, das Töten von Robben. Vegan gibt es übrigens als Begriff seit 1944. Von Vegetarismus ganz zu schweigen. Tierversuche wurden im 19. Jhd bereits kritisiert. Arbeiter_innen kritisierten Anfang des 20 Jhd. das industrielle Schlachten und sahen in der Ausbeutung der Tiere Parallelen zur Ausbeutung der Arbeiter*innen. Siehe: https://sozis-tiere.de/sogar-vegetarier-willi-eichler-frei-verfuegbar

    • @Nikolai Nikitin:

      Richtig - Würste und Barbecue wurden schon von Homer in der Odysee besungen. Das bleibt. Darauf einen Hugo.

      • @Adele Walter:

        Folter und Hexenjagt wurde auch bis in die Antike zurück für normal angesehen. Man hat sich daran sogar ergötzt. Dank der Aufklärung hat sich da einiges zum Guten entwickelt.

        Es gibt noch Hoffnung. Zumindest bei denen, die sich aufklären lassen wollen....

        • @Traverso:

          Wer legt fest, was hier gut, was schlecht ist ?

    • @Nikolai Nikitin:

      Lol

  • Also, AUSGERECHNET Wurst ist nun wirklich nicht notwendigerweise auf Fleisch angewiesen. Ein Steak ohne Fleisch ist ja schwierig, aus vielen Gründen, aber ich habe schon fleischlose Würste gegessen, bei denen ich den Koch beleidigt habe, weil ich erst nicht glauben wollte, dass da kein Fleisch drin war.

     

    Würste sind das perfekte U-Boot zum Unterfahren von Vegetarierabwehrreaktionen bei Fleischessern. Zumal man eh nie so richtig weiß, was drin ist.

  • Was "die Menschen" wollen, weiß ich nicht. Für mich gilt, dass ich ab und an gerne eine gut gewürzte Wurst aus artgerechter Tierhaltung essen möchte. Bin halt ein bewusst genießender Fleischesser.

    • @Joba:

      Finden Sie es nicht zynisch, Tiere töten zu lassen, die Ihrer Ansicht nach "aus artgerechter Tierhaltung" stammen? Erst ein "glückliches Leben", dann das Ende durch Bolzenschuss und Ausbluten samt ängstlicher Vorahnung? Hier geht es um letzteres (kein Töten, Blut o.ä.): https://www.youtube.com/watch?v=VizpLk263iM

      • @Uranus:

        Töten gehört unvermeidlich zur Ernährung. Auch Pflanzen sind Lebewesen, die mit ihrer Umwelt interagieren und Fähigkeiten haben, die von der Forschung erst in letzter Zeit nach und nach entdeckt werden. Sie sind so wenig oder so viel zum gegessen werden da wie Tiere. Auch Früchte, die radikalen Fruktariern als letzter Ausweg gelten, dienen nur dann als Nahrung, wenn dadurch z.B. Samen durch Vögel verbreitet wird. Bei menschlichem Obstkonsum ist das heute aber kaum der Fall. Fruktarier dürften keine WCs benutzen, sondern müssten sich auf der Wiese erleichtern, um konsequent zu bleiben. Wenn Sie den Fundamentalunterschied Mensch-Tier nicht anerkennen, wieso erhalten Sie dann den Tier-Pflanze aufrecht? Nur weil Pflanzen sich für uns weniger verständlich äußern können als Tiere? Sie können nicht einmal weglaufen. Leben zehrt nun einmal von anderem Leben, das kann ich nicht ändern. Manche Tiere, und Menschen zählen zu diesen, essen nun einmal andere Tiere.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @Joba:

          Der übliche intellektuelle Dünpfiff. Quälen Sie mal einen Hasen zu Tode und dann eine Möhre. Get the picture?

          • @849 (Profil gelöscht):

            Die übliche Tränendrüsendrückerei. Von langsam zu Tode qälen war meinerseits nie die Rede, schon gar nicht, dass ich das oder Massentierhaltung gutheißen würde. Artgerechte Tierhaltung und fachgerechte, möglichst stressfreie Schlachtung ohne lange Schmerzen, sind für mich etwas anderes, als Häschen oder Katzen zu Tode zu foltern. Ich will auch nicht täglich Fleisch essen.

            Gegenüber Regenherz pochen Sie auf Differenzierung, hier kommmen Sie mit den allbekannten Platitüden. Was eine Möhre empfindet wissen Sie genausowenig wie ich, sie kann nicht rührend gucken und Mitleid erregen.

            Industrielle Agrikultur ist Pflanzenquälerei, wie Massenetierhaltung Tierquälerei.

            • @Joba:

              Wenn Sie Frutarier wären, würde Ihre Position konsequenter, seriöser wirken, so aber, schaut es eher nach einer Nebelkerze aus.

              Zumal Nervensystem, Gehirn > Schmerzempfinden. Ein Gehirn haben gar die Tiere, die vorherrschend ausgebeutet werden.

              PS. Pflanzen direkt zu verzehren, müsste Ihrer Logik nach "leidfreier" sein, als diese als x-faches an Tiere zu verfüttern und letztere zu verspeisen. Es sei denn, sie setzen Hase/Hund... mit der Möhre gleich.

              • @Uranus:

                Die Tiere, die ich esse, haben ja nicht ein Leben lang nur Schmerzen empfunden. Der Moment der Tötung ist kurz.

                Solange sie in der Erde stecken, "spüren" zumindest wilde Möhren und alte Sorten irgendwie, wenn etwas an ihnen knabbert und versuchen, etwas dagegen zu "tun" , sei es durch Bildung von Abwehrstoffen oder "Nachrichten", die durch Pilze übertragen werden. Moderne Hybridsorten haben diese Fähigkeiten verloren, was sich auch an weniger ausgeprägtem Geschmack äußert.

                Frutarier bin ich deshalb nicht, weil Töten (von Pflanzen oder Tieren) für mich, wenn es dem genussvollen (von Askese in jeglicher Form halte ich nichts) Leben dient und alles Verwertbare auch genutzt wird (nicht nur die "Edelteile" essen) unvermeidbar ist. Andere Tiere ernähren sich auch von Fleisch und wir Menschen verdanken unser Gehirnvolumen der Mainstreamforschung nach (Sie werden das bestimmt anzweifeln) dem Verzehr von gegartem (Kochen ist menschliches Alleinstellungsmerkmal) Fleisch.

                • @Joba:

                  "Die Tiere, die ich esse, haben ja nicht ein Leben lang nur Schmerzen empfunden. Der Moment der Tötung ist kurz."

                  Was dann den Todesschmerz, die Situation der Tiere vor dem Tod, die Folge für die verbleibenden Herdetiere relativieren dürfe? Was bedeutet "artgerecht"? Halten Sie Einsperren für "artgerecht"?

                   

                  Selbst, wenn es historisch nachweisbar wäre, dass der Mensch sein "Gehirnvolumen dem Verzehr von gegartem Fleisch" verdanke, würden Sie daraus schließen, dass Sie und Ihre Nachkommen bei veganer Ernährung dumm würden? Was hätte das für eine Aussagekraft für heutige Ernährung? Wo Sie das Kochen so hervorheben, dadurch lassen sich ja auch pflanzliche Proteinquellen erschließen und so den Bedarf an verschiedener Proteine decken. Wobei zuletzt die angenommene menschliche Menge an Proteinen, die der Mensch braucht, von Wissenschaftler*innen als niedriger eigenschätzt wurde.

                   

                  Wie sich andere Tiere ernähren, halte ich für die Beurteilung menschlichen Handelns für irrelevant. Die Schwarze Witwe verspeist bspw. Ihren männlichen Gegenpart und doch würden wir diese Handlung nicht auf den Menschen übertragen. Wichtig für die Beurteilung der menschlichen Ernährung ist - was biologisch möglich ist und die Fähigkeit zur Reflexion. Und da steht fest, dass der Mensch als Omnivor sich gesund vegan ernähren kann und dass er sein Handeln beurteilen und verändern kann. Es gibt gute moralische Argumente für Veganismus. Geschmack und Lust halte ich hingegen in dem Falle für nicht hinreichend und letztlich unzutreffend. Geschmack ist eine Frage der Gewöhnung, des Ausprobierens und der positiven Verknüpfung. Es gibt unzählige leckere vegane Menüs, Produkte, Rezepte.

                  Für mich bedeutet vegane Ernährung auch kein Verzicht/Askese sondern für mich steht Veganismus für eine bewusste Ablehnung. Ich habe da kein Gefühl des Vermissens, heimlichen Verlangens o.ä..

                • @Joba:

                  Meine Beispiele nennen die Gründe, weshalb ich die vegane Ideologie nicht teile, sie sogar für inkonsequent halte, wenn nicht alle Frutarier werden. Das wäre für mich aber nicht wünschenswert, sondern absurd.

        • @Joba:

          Mit Gift gibt es sogar eine für uns unmissverständliche Form der Pflanzenkommunikation, die halt nicht von allen Pflanzen angewandt wird.