Bosnische Serben: Genozid-Gesetz torpediert
Die Führung der serbischen Teilrepublik in Bosnien annuliert ein Dekret des Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft.
Mehr noch. Für Ende des Monats kündigte Milorad Dodik, der „starke Mann“ der serbischen Nationalisten und serbisches Mitglied des gemeinsamen dreiköpfigen bosnischen Staatspräsidiums, weitere Schritte für die Loslösung des Teilstaates von Bosnien und Herzegowina an.
So will Dodik das serbische Kontingent aus der gemeinsamen Armee herauslösen und eine eigene Armee der „Republika Srpska“ aufbauen. Zudem will er die gemeinsame Erhebung von Steuern beenden und das Oberste Gericht des Gesamtstaates nicht mehr anerkennen. Gemeinsame Institutionen wie die Staatspolizei Sipa und der Geheimdienst OSA sollen für null und nichtig erklärt werden und auf dem Gebiet des serbischen Teilstaates nicht mehr operieren können.
Mit diesen Ankündigungen zeigt Dodik auch, wer in der Republika Srpska das Sagen hat. „Wir sind zu einem Dialog bereit,“ erklärte er, „die Republika Srpska wird keine bewaffneten Aktionen unternehmen, es sei denn, sie würde attackiert. Wir glauben, dass die Muslime paramilitärische Aktionen unternehmen können. Wir sind uns des Ernstes der Lage bewusst, werden uns aber keinen Drohungen und Sanktionen beugen.“ Auf einer Konferenz seiner Partei SNSD im Luftkurort Pale will sich Dodik Ende des Monates der Unterstützung seiner Anhänger vergewissern.
Symbol Pale
Der Ort des Zusammentreffens ist ein Symbol. Pale, im Krieg 1992 bis 1995 die Hauptstadt der von Serben militärisch kontrollierten Gebiete in Bosnien und Herzegowina, symbolisiert Kampfbereitschaft. Scharfe Reaktionen der anderen Seite sind bisher ausgeblieben.
Aber es ist bekannt, dass vor allem die bosniakische Bevölkerungsgruppe und die nichtnationalistischen Parteien von den Garantiemächten des Daytonabkommens – so den USA und den EU-Staaten – verlangen, die territoriale Integrität und die Existenz der gesamtstaatlichen Institutionen auch zu garantieren.
Die Oppositionsparteien in der serbischen Teilrepublik, wie die liberale PDP und die zentristische SDS, üben verhalten Kritik. Sie fürchten, dass die Politik Dodiks Sanktionen der internationalen Gemeinschaft und des Gesamtstaates Bosnien und Herzegowina nach sich zieht. Und sie rechnen mit Konflikten. Der liberale Parteiführer Mladen Ivanić glaubt zwar nicht an einen Krieg, schließt aber bewaffnete Zwischenfälle nicht aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
HTS als Terrorvereinigung
Verhaftung von Abu Mohammad al-Jolani?