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Boris Johnson und Nicola SturgeonDas Ende einer Ära

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Mit den Rücktritten von Boris Johnson und Nicola Sturgeon hat sich die britische Politik verändert. Jetzt sind statt Feuer und Farbe Manager am Zug.

Als es Farbe und Feuer in der Politik gab: Boris Johnson und Nicola Sturgon im Juli 2019 Foto: Russel Cheyne/reuters

N och vor wenigen Jahren dominierten sie die britische Politik: Boris Johnson und Nicola Sturgeon. Der eine in London, die andere in Edinburgh, sie regierten mit haushohen Mehrheiten, sie genossen hohe Beliebtheit und schienen auf Dauer unangreifbar. Britischer Brexiteer gegen schottische Freiheitskämpferin – diese rivalisierenden Selbstinszenierungen stellten alles andere in den Schatten.

Jetzt sind sie beide auf einmal weg vom Fenster. Johnson trat erst als Premier zurück und jetzt auch als Abgeordneter. Sturgeon trat erst als „First Minister“ ab und musste jetzt eine Festnahme über sich ergehen lassen. Für beide gilt: Ihre Reputation liegt in Trümmern, ihr Lebenswerk bröckelt. Von Schottlands Unabhängigkeit ist keine Rede mehr, der Brexit ist zwar vollzogen, aber begeistert ist davon niemand. Die allermeisten Leute wollen von beiden Personen nichts mehr wissen: Ihre Bilanz ist im Rückblick äußerst bescheiden, ihre Mitstreiter sind ihrer überdrüssig – ihre Zeit ist vorbei.

Es ist das Ende nicht nur zweier außergewöhnlicher politischer Figuren, sondern auch einer außergewöhnlichen politischen Ära. Es war eine Zeit, in der man in Großbritannien mit dem Versprechen Wahlen gewann, das Undenkbare Wirklichkeit werden zu lassen. Egal wie man zum Brexit und zur Unabhängigkeit Schottlands steht: Es sind damit Visionen verbunden und politische Leidenschaft, es folgt daraus lebhafter Meinungsstreit und Polarisierung – anstrengend, aber auch anregend.

All das war einmal. Die Briten sind ermattet, sie sind der Zukunftskonflikte überdrüssig und kämpfen stattdessen mit der Gegenwart. Anstelle von Boris Johnson und Nicola Sturgeon regieren Rishi Sunak und Humza Yousaf, für beide dürfte wohl kaum jemandem das Wort „Vision“ einfallen. Ebenso wenig für Keir Starmer in Nachfolge von Jeremy Corbyn. Es sind reine Manager, die das Chaos ihrer Vorgänger aufräumen wollen.

Ob sie es schaffen? Mal sehen. Aber wenn nicht, werden sich die Briten irgendwann vielleicht nach jener merkwürdigen Zeit zurücksehnen, als es Farbe und Feuer in der Politik gab.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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2 Kommentare

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  • Im ernst jetzt?



    "Sich nach Farbe und Feuer zurücksehen"

    Wäre das jetzt die fröhlich bunte Umschreibung für ihren extrem neoliberalen Tories-Politik flankiert von fremdenfeindlichen und rassistischen Populismus?

  • Das kann man noch einen Schritt weiter denken. Daß Sunak und Yousaf - ein Hindu und ein Moslem - als Anführer der Konservativen bzw. der Schottischen Nationalpartei als vergleichsweise farblos und konventionell, also als völlig normal und gewöhnlich wahrgenommen werden... das ist ein phantastischer Beweis dafür, wie viel weiter die britische Gesellschaft ist.



    Die vermeintlich progressive Labour-Partei setzt wie die letzten gefühltrn hundert Jahre weiterhin auf alte weiße Männer (2x Beckett ad interim ausgenommen)