Bob Dylan verkauft Songrechte: Geschickter Schachzug
Bob Dylan verkauft die Rechte an seinem Songkatalog an die Universal Publishing Group. Der Konzern spricht vom Deal des Jahrhunderts.
„Gute Songs sollten möglichst heroisch klingen, um die Illusion zu vermitteln, dass sie die Zeit anhalten“, hat Bob Dylan mal geantwortet, als er nach der Magie von Musik gefragt wurde. Dylan ist der erste US-Popstar, auf den das Attribut Singer-Songwriter zutrifft: Um sich zu inszenieren, verwendet er hauptsächlich eigenes musikalisches Material: Dylan komponiert Lieder und dichtet dafür Texte. Beide künstlerischen Felder sind gleich wichtig.
Als Anerkennung seiner dichterischen Vorstellungskraft hat er 2016 den Literaturnobelpreis erhalten. Gibt es Dylan ohne die Melodien von „Blowin’ in the Wind“ und „Lay Lady Lay“? Wohl kaum. An die 600 Songs hat Bob Dylan in seiner gut 60-jährigen Karriere komponiert. Und diese hat er seit 1962 auf inzwischen 45 (Studio-)Alben veröffentlicht. 100 Millionen Tonträger sollen weltweit verkauft worden sein. Wie beliebt Dylan-Songs sind, zeigt auch, dass sie rund 6.000-mal von anderen Künstler:innen interpretiert worden sind.
Am Montag wurde bekannt, dass der 79-Jährige die Publishing-Rechte an seinen Songs komplett an Universal verkauft hat. Ein Deal, der ihm mehr als 300 Millionen US-Dollar eingebracht haben soll. Seit Menschengedenken steht Dylan beim Label Columbia unter Vertrag, das zum Sony-Konzern gehört.
Von den drei verbliebenen Majors, Sony, Warner und Universal, gilt der Letztgenannte als größter Konzern. Stars wie Taylor Swift und Lady Gaga sind Universal-Vertragskünstlerinnen, bei anderen, wie den Songs der Beatles, waltet Universal wiederum als Rechteverwerter. In Zukunft profitiert das Unternehmen auch von den Erlösen aus dem Publishing von Dylan-Songs. Wenn diese im Radio, im Fernsehen, auf der Bühne und im Netz gespielt werden, schlagen sogenannte Aufführungsrechte zu Buche und bei den Tonträgerverkäufen sogenannte mechanische Rechte.
In der riesigen Umlaufbahn, in der die Songs von Dylan zirkulieren, ist es ein geschickter Schachzug des Künstlers und seines Managements, die Publishing-Rechte bei einem anderen Konzern als dem Publishing-Arm seiner Plattenfirma auszulagern. Universal reagierte dementsprechend staatstragend: Jody Gerson, seit 2015 Generaldirektorin von Universal Publishing, sagte, „das Œuvre des größten Songwriters aller Zeiten zu verwalten, dessen kulturelle Gesamtbedeutung seinesgleichen sucht, ist Privileg und besondere Verantwortung zugleich.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach