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Biden bei der KlimakonferenzDie USA punkten beim Klimaschutz

Die USA stellen hohe Summen für Maßnahmen im eigenen Land gegen die Erderhitzung zur Verfügung. Aber international engagieren sie sich kaum.

Windanlagen in Livermore, California Foto: Godofredo A. Vásquez

Scharm al-Scheich taz | Die USA machen nach den verloren Jahren unter Präsident Donald Trump riesige Fortschritte beim Klimaschutz im eigenen Land. Denn die Regierung hat in diesem Jahr enorme Summen für die Senkung von Treibhausgas-Emissionen freigegeben: Allein das „Inflationsreduktionsgesetz“ bringt 370 Milliarden Dollar für den Klimaschutz über die nächsten zehn Jahre. Damit ist nahezu sichergestellt, dass die USA ihr Klimaziel für das Jahr 2030 erreichen werden: eine Reduktion der Emissionen um 50 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005. Die Maßnahmen können nicht von den Republikanern blockiert werden, auch wenn sie das Repräsentantenhaus kontrollieren sollten.

So kam US-Präsident Joe Biden am Freitag nicht nur gestärkt durch das unerwartet gute Abschneiden der Demokraten bei den gerade zurückliegenden Wahlen zur Klimakonferenz (COP) nach Ägypten. Er hatte auch Glaubwüdigkeit im Gepäck. Biden nutzte das, um von den anderen Ländern der Welt größere Anstrengungen beim Klimaschutz einzufordern. „Um die Emissionskurve dauerhaft zu beugen, muss jede Nation ihren Beitrag leisten“, sagte er. „Auf diesem Gipfel müssen wir unsere Klimaziele erhöhen. Die USA handeln, aber alle müssen handeln.“

Biden zollte auch den Schäden Tribut, die die Klimakrise bereits heute verursacht, nicht zuletzt in Entwicklungsländern: „Die Klimakrise trifft die Länder am härtesten, die am wenigsten Ressourcen haben, um zu reagieren.“ Auch ein Hinweis auf den Führungsanspruch der USA fehlte nicht: „Ich habe die Präsidentschaft angetreten, um fundamentale Veränderungen herbeizuführen und die USA als vertrauenswürdige Führungsmacht in Sachen Klima zu etablieren.“

Die Glaubwürdigkeit eines Landes bei COPs hängt allerdings nicht allein am nationalen Klimaziel und den Mitteln, um es zu erreichen. Bei Industriestaaten wie den USA geht es auch darum, was das Land zu den Klimahilfen für ärmere Länder beisteuert. Und hier haben die Vereinigten Staaten und damit auch Biden ein Problem: Die USA bleiben weit hinter ihrem fairen Anteil an den 100 Milliarden zurück, welche die 24 Industriestaaten im Jahr 2009 den Entwicklungsländern versprochen hatten.

Die Glaubwürdigkeit eines Landes bei COPs hängt nicht allein am nationalen Klimaziel

So haben die USA einschließlich privater Mittel im Jahr 2020 nur 8 statt der 40 Milliarden mobilisiert, die ihrem Anteil an den historischen Emissionen gerecht würden, wie Experten der Website CarbonBrief ausgerechnet haben. Dieses Jahr stehen die USA noch schlechter da: Biden hat zwar versprochen, die Klimahilfen auf 11,4 Milliarden pro Jahr zu erhöhen, hat aber vom US-Kongress nur eine einzige Milliarde bewilligt bekommen. Auf die Frage „Wo ist das Geld?“ müsste Biden daher antworten: „Sorry, aber es gibt quasi keins.“

Dieses Problem versucht Bidens Sondergesandter John Kerry zu kaschieren, indem er stets die Wichtigkeit anderer Finanzquellen betont: Kerry will einerseits, dass die multilateralen Entwicklungsbanken mehr Geld in den Klimaschutz investieren. Andererseits will er Firmen an Klimaprojekten beteiligen. Diese sollen für jede eingesparte Tonne CO2-Zertifikate bekommen, die sie mit ihren eigenen Emissionen verrechnen können.

Hoffen auf Entspannung zwischen China und USA

Bei Jochen Flasbarth (SPD), Staatssekretär im Entwicklungsministerium, stößt Kerrys Plan auf wenig Begeisterung: „Wir haben eine gewisse Skepsis, ob das tatsächlich etwas ist, was die Zusagen der Industrieländer gegenüber unseren Partnerländern ersetzen soll.“ Kerrys Lage könnte sich noch weiter verschlechtern: Falls die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus erringen sollten, könnten sie im nächsten Jahr auch die letzte kümmerliche Milliarde aus dem Haushalt streichen. Da hilft es auch nicht mehr, wenn die USA im eigenen Land Milliarden für den Klimaschutz ausgeben.

Dafür könnte sich die US-Position durch eine andere Entwicklung verbessern: Fortschritten bei Klimakonferenzen ging in der Vergangenheit oft eine bilaterale Einigung zwischen den USA und China voraus. Das war sowohl bei der epochalen Klimakonferenz 2015 in Paris, bei der das 1,5-Grad-Ziel zur Begrenzung der Erderhitzung ausgerufen wurde, als auch im vergangenen Jahr in Glasgow der Fall.

Nach dem Besuch von Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, in Taiwan hat China aber alle bilateralen Kontakte zu den USA abgebrochen – offiziell auch beim Klima. Kerry und sein Pendant aus China, Xie Zhenhua, pflegten aber weiterhin den Kontakt. Xie sagte in Scharm al-Sheich, dass ihn mit Kerry eine 25-jährige Freundschaft verbinde und sie über den Sommer acht Briefe ausgetauscht hätten. Kerry bestätigte, dass Gespräche stattfinden: „Wir müssen miteinander reden, weil wir die beiden größten Emittenten sind.“ Kerry deutete zudem an, dass die Eiszeit zwischen den beiden Supermächten demnächst enden könnte: nach dem Treffen zwischen Biden und Chinas Präsident Xi Jinping beim G20-Gipfel nächste Woche in Bali.

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8 Kommentare

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  • Die USA haben es auch um einiges leichter, viel mehr für den Umweltschutz zu tun, indem sie sich das dafür notwendige Geld sowohl durch Einsparungen bei den dort sozial Schwächsten holen als auch auf jede nur erdenkliche Weise von anderen Staaten.

  • Die deutsche Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer hat den US-Sondergesandten John Kerry bei einem Gang über das Gelände der UN-Klimakonferenz mit kritischen Fragen konfrontiert. Wie es zusammenpasse, dass die USA das 1,5-Grad-Ziel von Paris hochhalten und zugleich die amerikanische Öl- und Gasindustrie weiter expandieren wolle, wollte die 26-Jährige wissen, wie ein von ihr am Montag veröffentlichtes Video zeigt.

  • Im Westen nichts neues....labern labern labern und am Ende noch schlimmer dastehen als vorher. Gepaart mit ein paar Änderungen der "Ergebnisaufnahme" um meist kritische Werte aussen vor zu lassen. Gähn...

    aber ja der Klimaschutz ist natürlich schon fast geschafft....ähm nicht.

  • Die Infrastruktur der USA hat sich vor dem Hintergrund unendlicher Verfügbarkeit von Energie entwickelt. Da wird sich kaum etwas ändern: Die Dimensionen der Fahrzeuge sind um einiges größer als hier. Um auf Elektrofahrzeuge umstellen zu können, müsste vorher das anfällige elektrische Netz erneuert werden. Fliegen gehört zum Alltag. Städte sind zum Radfahren oder für Fußgänger:innen nicht geeignet, zudem kaum ÖNV (wenige Ausnahmen). Riesige, kaum isolierte Häuser mit entsprechendem Energieverbrauch auch für die Standardklimaanlage. Das Militär hat eine Co2-Produktion, die manches Land in den Schatten stellt. Fracking etc.pp. Aber immerhin wird geredet - und alle sind zufrieden.

  • Glaubwürdigkeit, das ist das entscheidende Wort.

    Als Erstes betrachten wir das Jahr des Ausgangswerts 2005 mit 6,14 Milliarden Spitzenwert. Da dieser Wert im Jahr 2015, bei 5,38 Milliarden, festgelegt wurde, profitiert man jetzt von den anhaltenden Auswirkungen der 2008 auf Konsum und Energieverbrauch.



    ourworldindata.org/co2-emissions

    Mehr über die möglichen Einsparungsgewinne und die Probleme von Modellen findet sich hier.

    " The Rhodium Group, an economic research firm,foundthat emissions would fall 31 to 44 percent from 2005 levels by 2030 under the “Inflation Reduction Act.” Without the bill, Rhodium predicted U.S. emissions would decline 24 to 35 percent over that time.

    Energy Innovation, a climate and energy think tank,foundthat emissions would fall 37 to 41 percent of 2005 levels by the end of the decade with the bill, compared to 24 percent without it.

    The REPEAT Project, an academic initiative that weighs the impact of climate policy,estimatedthe bill would cut emissions 42 percent of 2005 levels by 2030, or 27 percent without it."



    www.scientificamer...ssions-it-depends/

    370 Milliarden $ für etwa 15% mehr an Reduktion?



    Aber das Bild ist noch nicht vollständig, es fehlen die, die draufzahlen.

    "the law also invests in fossil fuels. It subsidizes the building of new pipelines, guarantees new leasing of oil and gas drilling, "



    www.npr.org/2022/0...eel-they-were-sold

    "Climate Justice Alliance concludes that the harms of the bill as it is currently written outweigh its benefits."



    climatejusticealli...mate-justice-bill/

    Es ist eine Form von Greenwashing.

  • Heute beim Autofahren nebenbei NPR gehoert - da klang das so das die einzelnen Bundes Staaten da entweder "mitgehen",oder auch blocken koennten.



    Mag aber sich auch mehr auf die "Anhaengsel"(Proposition)ueber die bspw. auch bei den Wahlen immer mit abgestimmt wird bezogen haben.Bspw. hatte Californien eine Vorlage blockiert,die mehr Geld gegen die Waldbrandgefahr gefordert hatte und auch Finanzierung von E-Autos etct.

  • „Die USA bleiben weit hinter ihrem fairen Anteil an den 100 Milliarden zurück, welche die 24 Industriestaaten im Jahr 2009 den Entwicklungsländern versprochen hatten.“



    OK, ein gegebenes Versprechen nicht einzuhalten ist ein no-go!



    Doch was eigentlich fortlaufend von niemandem Ausgeführt wird ist, was die Entwicklungsländer eigentlich mit diesen Kompensationsgeldern konkret anfangen werden und sollen?!?!



    Einfach viele Geschehnisse der Vergangenheit im Hinblick auf die Geldhingabe an Entwicklungsländer vor Augen stellt sich mir die Frage: Würden mit diesen 100 Mrd. US$ letztlich nur ein paar führende Familien dieser Entwicklungsländer mit einem Geldregen überschüttet werden, oder kommt dieses Geld tatsächlich und abgesichert z.B. dem Küsten-Schutz, etc. zugute, sowie den Menschen dieser Entwicklungsländer.



    D



    E



    N



    N



    wenn statt Letztgenanntem das Erstgenannte zutreffen würde, so erachte ich es rein sachlogisch und im Interesse des Klimaschutzes für sinnvoller, diese 100 Mrd. US$ für Klimaschutz gezielt zu verwenden, wenngleich „nur“ für Klimaschutz in den Industrieländern, von welchen das Geld kommt und eigentlich an die Entwicklungsländer gezahlt werden sollte.

    Denn im aufgezeigten worst-case würden wir einfach nur SEHR TEUERE Symbolpolitik betreiben, und nicht wenige Despoten mit neuem Geld versorgen.

    Doch auch Geld ist eine endliche Ressource! Deshalb sollten wir sie sinnvoll für den Klimaschutz verwenden, statt sie für Symbolpolitik zu verschwenden.

    😉

    • @tazeline:

      Aber:

      Von 100 Milliarden an Despoten kommen 200 Milliarden zurück. Denn die kaufen Luxus in Europa.

      Dann ist dafür der Kongo aufgestaut und wird Wasserstoff produziert, der wird dann in den Sackkarren der Europäer verfeuert.



      Heizen können wir dann mit Regenwaldpellets.

      Die Welt fährt ja schon mit Regenwald-Palmöl im Tank. Oder mit Ethanol aus Getreide und Zuckerrohr.

      Aber mir mein Käsebrot nicht gönnen. Kühe oder Tanken, das ist heute die Frage.