Bezahlung der Schutzimpfung: Covid-Impfung gegen Cash

Der Staat zahlt nicht länger für die Corona-Impfung, Krankenkassen und Ärz­t*in­nen streiten sich über die Vergütung. Impfwillige müssen vorerst selbst zahlen.

Person mit Handschuhen hält Spritze mit Impfstoff in den Händen

Impfstoff ist da, Impfwillige auch, aber wer zahlt wann? Foto: Christoph Hardt

BERLIN taz | Vergangenen Freitag endeten nach drei Jahren Pandemie die letzten staatlich verordneten Coronamaßnahmen. Das betrifft nicht nur die verbliebene Maskenpflicht in medizinischen Einrichtungen, sondern auch die Abwicklung der Coronaschutzimpfungen. Normalerweise ändert sich dadurch für die Pa­ti­en­t*in­nen nichts, denn die von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlenen Impfungen würden jetzt einfach die Krankenkassen bezahlen statt bisher der Staat. Praktisch kann aber ab diesem Dienstag folgendes passieren: Wer sich eine Auffrischungsimpfung beim Arzt abholen möchte, muss dafür selbst Geld vorstrecken. Denn Haus­ärz­t*in­nen und Krankenkassen können sich seit Wochen nicht über die künftige Entlohnung einigen.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) schätzte in seinem aktuellen Wochenbericht die Zahl der Menschen, die in der letzten Märzwoche an Covid-19 erkrankt waren, auf bis zu eine halbe Million. Zuletzt mussten rund 2.000 Menschen pro Woche zur Behandlung in ein Krankenhaus aufgenommen werden. Knapp 500 Menschen liegen laut DIVI-Register wegen einer Covid-19-Erkrankung auf der Intensivstation. Vor allem hochbetagte Menschen ab 80 Jahren und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen haben laut RKI weiterhin ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf.

Impfempfehlungen der Stiko

Zum Schutz vor schwerem Covid-19-Verlauf empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) generell für alle Menschen ab 60 Jahren eine zweite Auffrischungsimpfung. Darüber hinaus insbesondere auch für Be­woh­ne­r*in­nen von Pflegeeinrichtungen, medizinisches Personal mit Pa­ti­en­t*in­nen­kon­takt sowie Menschen ab 5 Jahren mit einer Immunschwäche oder anderen relevanten Vorerkrankungen. Von den rund 24 Millionen Menschen ab 60, die in Deutschland leben, haben laut RKI bislang 39 Prozent eine zweite Auffrischungsimpfung erhalten.

Für Hochbetagte und Pfle­ge­heim­be­woh­ne­r*in­nen könne laut Stiko auch eine dritte Auffrischungsimpfung sinnvoll sein. Menschen, die noch gar keine Impfung haben, wird weiterhin dazu geraten – auch wenn sie bereits mehrfach Infektionen durchgemacht haben. Ob für Risikogruppen künftig eine jährlich angepasste Impfung wie bei der Grippe angeboten wird, ist derzeit noch nicht entschieden.

Nun konnte man bislang einfach einen Termin bei der Hausarztpraxis machen und sich impfen lassen. Der besonderen Pandemiesituation geschuldet, übernahm der Staat die dafür anfallenden Behandlungskosten in Höhe von 28 Euro.

Nach Auslaufen dieser Regelung müssten die Krankenkassen die Ärz­t*in­nen für die von der Stiko empfohlene Schutzimpfung bezahlen. Diese weigern sich aber offenbar, die vom Staat verhandelten Beträge einfach zu übernehmen. Dass diese im Vergleich zu anderen Impfungen – eine Grippeimpfung wird mit rund 8,50 Euro vergütet – recht hoch sind, wurde bereits in der Vergangenheit kritisiert.

Stattdessen wird jetzt in den Bundesländern zwischen den jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), die die niedergelassenen Ärz­t*in­nen vertreten und den Krankenkassen verhandelt. Und das dauert offenbar.

Umständliches Kostenerstattungsverfahren

Die hohen Honorarforderungen der Ärz­t*in­nen­or­ga­ni­sa­tio­nen seien nicht akzeptabel, heißt es auf taz-Anfrage vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband). Es handele sich schließlich um Versichertengelder. Auf Seiten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) will man dagegen den erhöhten Dokumentations- und Beratungsaufwand, das besondere Handling ohne Fertigspritzen sowie allgemein gestiegene Praxiskosten berücksichtigt sehen.

Nun komme nach Ostern übergangsweise leider das umständliche Kostenerstattungsverfahren zum Einsatz, heißt es von der KV Nordrhein-Westfalen, wo erst nach den Ferien ab dem 19. April weiterverhandelt wird. Die KV Berlin hofft nach bisher ergebnislosen regionalen Verhandlungen „auf eine bundesweite Einigung, wie von Bundesminister Lauterbach angekündigt“. Bei den Krankenkassen rechnet man erst in einigen Wochen mit einer neuen Kostenregelung.

Für die Pa­ti­en­t*in­nen heißt das im Zweifel: Die Impfung erst einmal selbst bezahlen. „Klar ist natürlich, dass die Versicherten diese Kosten bei ihrer Krankenkasse zur Erstattung einreichen können“, so der GKV-Spitzenverband.

Immerhin die Lieferung des Impfstoffs bleibt wie gehabt: Hier übernimmt der Bund noch bis Ende des Jahres die Bereitstellung. Das Impfzubehör – Spritzen, Kanülen, gegebenenfalls Kochsalzlösung – wird laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung jedoch nicht mehr mitgeliefert, sondern muss von den Praxen selbst über die Apotheken bestellt werden.

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