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Bewegungstermine in BerlinArbeitskampf mit engem Korsett

Angesichts Inflation und Klimakrise braucht es in Deutschland ein liberales Streikrecht. Das zeigt auch der jüngste Streik der Lehrer:innen.

Streikende Leh­re­r:in­nen bei einem Warnstreik im März Foto: dpa

G ründe zu streiken gibt es derzeit viele. Steigende Mieten, hohe Energiepreise und Inflation lassen das verfügbare Einkommen dahinschmelzen. Dazu kommt, dass sich die Arbeitsbedingungen in etlichen Branchen als Folge des jahrelangen neoliberalen Sparkurses immer weiter verschlechtern.

So klagen Leh­re­r:in­nen seit Jahren über Überlastung durch zu große Klassen. Das macht den Beruf wenig attraktiv, immer weniger finden in den Beruf. Der Fachkräftemangel erhöht wiederum die Belastung auf die Verbleibenden, die wiederum selbst mit dem Gedanken spielen, den Beruf an den Nagel zu hängen – ein Teufelskreis.

Die Kultusministerkonferenz plant indes, den Fachkräftemangel mit Einschränkung der Teilzeit und noch größeren Klassen zu begegnen. Wenig überraschend also, dass die Bildungsgewerkschaft GEW diese Woche wiedermal zu einem dreitägigen Warnstreik aufruft. Die Kernforderung: Ein Tarifvertrag, der die Klassengrößen beschränkt.

Am Dienstag startet die Arbeitsniederlegung, am Mittwoch gibt es eine gemeinsame Demo zum roten Rathaus und Donnerstag ruft die Gewerkschaft zu einer Streikversammlung im Freiluft-Amphitheater im Mauerpark auf (Demo: Mittwoch, 7. Juni, 10 Uhr, Startpunkt Bernhard-Weiß-Straße / Ecke Theanolte-Bähnisch-Straße; Versammlung: Donnerstag, 8. Juni, 10.30 Uhr, Freiluft-Amphitheater im Mauerpark).

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Eingeschränktes Streikrecht

Ob die Leh­re­r:in­nen mit ihrem mittlerweile 14. Ausstand seit 2021 Erfolg haben werden ist nicht sehr wahrscheinlich. Grund dafür ist nicht nur der akute Fachkräftemangel, der die Umsetzung der Forderungen erschwert, sondern auch das restriktive Streikrecht in Deutschland, dass dem Arbeitskampf enge Grenzen setzt.

Arbeitskampf ist in Deutschland nur Gewerkschaften erlaubt und diese dürfen Forderungen wiederum nur im Rahmen von Tarifverträgen durchsetzen. Damit die kleineren Klassengrößen in Berlin durchgesetzt werden, fordert die GEW deshalb den „Tarifvertrag Gesundheitsschutz“.

Ein eigener Tarifvertrag für Leh­re­r:in­nen in Berlin hätte wiederum zur Folge, dass Berlin aus der Tarifgemeinschaft der Länder herausfällt, was wiederum negative Folgen für die Lohnentwicklung hätte. Dabei könnte der Senat auch per Beschluss die Klassengröße reduzieren – politische Forderungen dürfen Gewerkschaften nicht stellen, da es sich ansonsten um einen politischen Streik handeln würde.

Dazu kommt, dass Beamte grundsätzlich nicht streiken dürfen und damit alle Lehrer:innen, die seit 2019 wieder in Berlin verbeamtet sind.

Recht auf Streik

Auch in anderen Branchen ist das Streikrecht massiv eingeschränkt. So beharren kirchlicher Träger wie der Caritas oder der Diakonie immer wieder darauf, dass in ihren Betrieben nicht gestreikt werden darf.

Sogenannte „wilde Streiks“, die von selbstorganisierten Arbeiter:innen, wie den Lie­fer­dienst­fah­re­r:in­nen von Gorillas und Flink häufiger durchgeführt wurden, sind ebenfalls verboten und ziehen häufig sofortige Entlassungen mit sich.

Die Kampagne „Recht auf Streik“ setzt sich daher seit Ende letzten Jahres für eine umfassende Reform des deutschen Streikrechts ein. „Das deutsche Streikrecht ist im internationalen Vergleich rückständig“ heißt es auf der Website der Kampagne. Am Samstag stellen die Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen ihre Kampagne im Cafe Größenwahn in der Linie 206 vor und laden Interessierte ein, sich zu informieren und mitzumachen (Samstag, 10. Juni, 15.45 Uhr, Linienstraße 206).

Besonders politische Streiks stellen einen unverzichtbaren Hebel für gesellschaftlichen Wandel dar. Man stelle sich einmal vor – ein wenig Träumerei sei an dieser Stelle erlaubt – wenn RWE Mit­ar­bei­te­r:in­nen dagegen streiken würden, dass in ihren Kraftwerken Kohle aus kolumbianischen Tagebauen verfeuert wird.

Bedrohte Ak­ti­vis­t:in­nen

Dort zerstören Bergbaukonzerne das Land indigener Gemeinschaften; Widerstand gegen diesen Raubbau wird durch paramilitärische Milizen, die von den Konzernen finanziert werden, brutal niedergeschlagen.

Am Montag trifft eine Delegation der Yukpa, einer indigene Gemeinschaft, die sich gegen den Kohlebergbau in ihrer Heimat wehrt, in Berlin ein. Die Ak­ti­vis­t:in­nen informieren über den Kampf gegen die Kohlekonzerne und bieten Möglichkeiten, sich zu vernetzen (Montag, 12. Juni, 19 Uhr, Lausitzer Straße 10).

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
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