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Beteiligung an WindkraftanlagenMit Geld Akzeptanz schaffen

Nordrhein-Westfalen will Bür­ge­r*in­nen und Kommunen an den Gewinnen von Windkraftanlagen beteiligen. Das kann funktionieren.

Durch Bürgerbeiteiligung Akzeptanz schaffen: Windpark in NRW Foto: Jochen Tack/imago

BERLIN taz | Windenenergie ja, aber bitte nicht hinter meinem Haus? Vorteile von erneuerbaren Energien sind oft abstrakt und liegen weit in der Zukunft. Die schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) möchte deshalb Anreize für mehr Akzeptanz von Windparks schaffen.

Der Landtag von NRW debattierte am Mittwoch über ein geplantes Gesetz, nach dem Bür­ge­r*in­nen und Kommunen zukünftig an den Erträgen aus Windparks beteiligt werden sollen. „Die Realisierung von Windenergievorhaben hängt dabei auch maßgeblich von der Akzeptanz vor Ort ab“, heißt es in der Begründung zum Gesetzesentwurf.

Dass Bür­ge­r*in­nen an Profiten aus Windenergie beteiligt werden, ist bundesweit schon freiwillig möglich. Mit dem Gesetz soll dies in NRW verpflichtend werden. Innerhalb von 6 Monaten nach der Genehmigung müssen Be­trei­be­r*in­nen den Kommunen Angebote machen. Wie sich die Beteiligung gestaltet, lässt das Gesetz offen.

So könnten die Windenergiefirmen den An­woh­ne­r*in­nen zum Beispiel einen besonders günstigen Stromtarif anbieten. Wenn es innerhalb von einem Jahr keine Beteiligung gibt, dann müssen die Be­trei­be­r*in­nen den Gemeinden ein „Angebot zur jährlichen Zahlung in Höhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde über 20 Jahre“ machen.

Nach der Debatte am Mittwoch kam es noch nicht zu einer finalen Abstimmung, da die Opposition aus FDP und SPD eine dritte Lesung des Gesetzes beantragt hat. So kritisierte der energiepolitische Sprecher der FDP, Dietmar Brockes, eine Regelung nur auf Landesebene im Gegensatz zu einer Bundesregelung verschlechtere den Standort NRW im Bundesvergleich. Das Wirtschaftsministerium entgegnete auf Anfrage der taz, die „Bürgerbeteiligung der Projektierer“ sei seit vielen Jahren „bereits gute fachliche Praxis, die es weiter zu stärken gilt“.

Bürgerbeteiligung verhindert Klagen

Recht gibt ihm die Erfahrung, die es bereits mit der Bürgerbeteiligung gibt. Einzelne Städte in NRW haben die Idee schon umgesetzt. Coesfeld etwa betreibt einen Bürgerwindpark, an dem Bür­ge­r*in­nen finanziell beteiligt sind. Die Folge: keine juristischen Klagen gegen den Bau. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bereits seit 2016 ein Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz, mit dem Gemeinden im Umkreis von 5 Kilometern das Recht haben, Anteile an den Anlagen zu erwerben.

Die NRW-Landesregierung will mit ihrem Vorstoß einen allgemeinen Trend befördern. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres wurden mit 240 von knapp 1.000 Anlagen in NRW bundesweit die meisten Windkraftanlagen genehmigt. Beim Ausbau von Anlagen liegt das Bundesland nach Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein auf Platz 3.

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9 Kommentare

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  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Eine gute, wenn auch überfällige Idee.

    Dänische Freunde erzählen schon vor 20 Jahren von „ihrer“ Windkraftanlage, die unweit ihres Hauses stand und ihnen ein jährliches „Deputat“ an kostenlosem Strom verschafft hat.

    Es gibt allerdings einen wichtigen Unterschied zwischen den beiden Ländern:



    Die Regierungen, Parteien und Bevölkerung in Dänemark denken und agieren deutlich gemeinwohlorientierter, als die meisten Deutschen und erst recht als die hiesigen Parteien.

    Aber vielleicht können wir da ja auch noch was lernen.

  • Den vergünstigten Tarif aber nur für direkte Anwohner, Umkreis maximal 1500 Meter.

  • WARUM baut unser Staat die Windräder nicht selber ???



    Anstatt wie jetzt Chiphersteller mit 15 Milliarden zu SUBVENTIONIEREN, also das Geld verschenken, könnte der Staat die 15 Milliarden INVESTIEREN und selber Windkraftanlagen bauen. Der erzeugte Strom wird genauso wie für Private Investoren abgerechnet und bezahlt, nur das dieses Geld in die Staatskasse fließt und nicht in die Gewinne von Konzernen.

    • 4G
      48798 (Profil gelöscht)
      @Günter Witte:

      Die Frage können ihnen nur die Parteien und Lobbyisten beantworten, die damals Kraftwerke und Netze privatisieren ließen.

      Ich hätte da aber eine Idee: Gier!

      Aber ihre Idee klingt sehr vernünftig... Zu schön, um wahr zu werden.

  • "Beim Ausbau von Anlagen liegt das Bundesland nach Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein auf Platz 3."



    Das wäre natürlich im Bezugsrahmen zu interpretieren, ist aber sicherlich ein Spitzenplatz mit Perspektive. Vielleicht ist es auch ein Hinweis auf die angelaufene Zusammenarbeit in der NRW-Landesregierung. Es wäre vielleicht aber auch noch zu berücksichtigen: Nord-Süd-Vergleich mit Stromverbrauch und weiteren kennzeichnenden Eckdaten in der Projektion.



    taz.de/Nord-Sued-K...iekosten/!5935112/

  • Ein Gesetz, welches auch in anderen Bundesländern kopiert werden sollte, dann geht es wirklich schneller vorran.



    Eventuelle Nachteile werden durch materielle Vorteile und durch Bürgerbeteiligung mehr als ausgeglichen! Gute Politik!

  • „…… einen besonders günstigen Stromtarif…“



    Also 0,2 ct kwh.



    Ob da am Ende eines Jahres eine Kugel Eis herausspringt?



    Dann lieber eine richtige Bürgerbeteiligung und auch ohne link zu einem Artikel mit hochsubventioniertem Industriestrompreis.

    • @fly:

      Für jedes Gemeinderatmitglied auf jeden Fall!

  • Ist auf jeden Fall besser, als auf bundesweite Unterstützung durch die FDP zu warten. Wer wirklich großflächig Wind ernten will, muss de (virtuellen) Stammtische stürmen. Das geht am Schnellsten mit monetären Mitteln.