piwik no script img

Besuch bei Wladimir PutinSeehofer kanzelt Kritiker ab

Heikle Reise, heikler Zeitpunkt: CSU-Chef Seehofer besucht Putin in Moskau. Vor dem Abflug reagiert Seehofer äußerst gereizt auf den Chor der Kritiker.

Die Opposition warnt vor einem „Seehofer-Bückling vor Putin“. Foto: dpa

München dpa | Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) reist unter ungünstigen Vorzeichen zu einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin nach Moskau. Vor dem am Mittwochabend geplanten Gespräch mit dem Kreml-Chef kanzelte Seehofer die Kritiker der Reise bei der Opposition und in der CDU als „fünftklassige Politiker“ ab.

„Es ist völlig selbstverständlich, dass man in dieser aufgewühlten Welt im Gespräch bleiben muss“, sagte Seehofer am Dienstag. Die Reise sei sorgfältig vorbereitet und werde von der Bundesregierung unterstützt. „Da kann man nur den Kopf schütteln, wenn man die nationale Begleitung von fünftklassigen Politikern hört.“

Kritik an der Reise gibt es vor allem von SPD und Grünen, aber auch aus der CDU. Die Vorwürfe zielen darauf, dass Seehofer sich von Putin instrumentalisieren lasse und mit einer Anbiederung an Moskau gegen deutsche Interessen handle. „Die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag macht noch keinen Politiker“, sagte der CSU-Chef zu den Vorhaltungen.

Strittig ist unter anderem die Frage, ob Seehofer sich für eine Aufhebung der europäischen Sanktionen gegen Russland stark machen wird, die die EU nach der Besetzung der Krim gegen Moskau verhängt hatte. „Es kann kein vernünftiger Politiker ein Interesse daran haben, dauerhaft Sanktionen zu haben“, sagte Seehofer.

Um in den Medien ein Echo zu finden, „reicht es heute aus, wenn Sie Dummes daherreden“, stänkerte Seehofer gegen die Kritiker. Deutschland sei Teil des westlichen Bündnisses. „Aber zum Gewinnen unserer Zukunft brauchen wir eine Zusammenarbeit auch außerhalb des westlichen Bündnisses.“

Druck aus der bayerischen Wirtschaft

Abgesehen von Putin will Seehofer bis Donnerstag mit dem Industrie- und dem Wirtschaftsminister sowie dem Moskauer Bürgermeister zusammenkommen. Druck für eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Moskau kommt vor allem aus der bayerischen Wirtschaft. Deren Geschäfte in Russland sind in den vergangenen zwei Jahren um die Hälfte geschrumpft, wie Seehofer berichtete. Begleitet wird der CSU-Chef von seinem Vorvorgänger Edmund Stoiber, der gute Drähte zu Putin hat und das Treffen arrangiert hat.

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) betonte, sie sei sich „sicher, dass der Ministerpräsident klug vorgehen und sich vom russischen Präsidenten nicht instrumentalisieren lassen wird“.

Nicht nur die Opposition kritisiert die Reise, sondern auch der Unions-Obmann für Außenpolitik im Bundestag, Roderich Kiesewetter (CDU). Er sagte der Welt am Sonntag: „Seehofer hat sich in der Flüchtlingsdebatte eindeutig gegen die Bundeskanzlerin positioniert – ich hoffe, dass er die Reise unterlässt.“

SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher nannte die Visite schon vor Reiseantritt missglückt. „Der Ministerpräsident zeigt sich anbiedernd gegenüber dem russischen Machthaber, der das Völkerrecht mit Füßen tritt.“ Die Wirtschaftssanktionen aufheben zu wollen, ohne ein Entgegenkommen an anderer Stelle zu fordern, sei eine diplomatische Fehlleistung. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann warnte vor einem „Seehofer-Bückling vor Putin“.

Russland steht wegen seines Vorgehens in der Ukraine und in Syrien international in der Kritik. Vergangene Woche führten russische Falschmeldungen über die angebliche Vergewaltigung einer 13-jährigen Russlanddeutschen durch Flüchtlinge in Berlin zu diplomatischen Verwerfungen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Bayern stellt die Weichen für eine feindliche Übernahme von Deutschland.

    Beginn mit einem Sturz von Frau Merkel, davor wird schon von der bayerischen Medienmacht, bayerische Größen wie die Herren Seehofer, Stoiber und von und zu nebenher Guttenberg in Position gebracht.

    Nun ja die Bayern denken weiter...Panzer werden ja auch in München produziert.

  • wenn ich bedenke, was die kriegsgaile, waffenstarrende, geführt von der marionette der waffenindustrie,friedensnobelpreisträger obama, permanent für kriegsverbrechen aus sicherer distanz ausführt.........so gesehen sollte man die usa isolieren und boykotieren, mit ihrer dummen nato-osterweiterung bis vor die tore moskaus und einen 3. weltkrieg auslösend.

  • Seehofer ist einiges zuzutrauen aber nicht, daß er diese Reise ohne eine Abstimmung mit dem Außenminister unternimmt. Daß darüber nicht alle Hinterbänkler informiert wurden, war vielleicht sogar gewollt.

  • 2G
    23138 (Profil gelöscht)

    Auch der öst. Vizekanzler und Minister für Wirtschaft Mitterlehner weilt zur Zeit in Moskau, also nichts Besonderes, dass Politiker dorthin reisen. ImGegensatz zu Merkel, welche stur auf Weiterführung der Sanktionen beharrt, versuchen andere wieder in Dialog zu kommen. Ist anzunehmen, dass die vehemente Ablehnung solcher Besuche mit der allgemeinen Ausgrenzung Russlands zu tun hat, wie dies auch im Syrienkonflikt u beobachten ist. Scheinbar merken doch etwas wachere Leute nun, dass es ohne Putin tatsächlich nicht geht. http://derstandard.at/2000030230625/Mitterlehner-in-Moskau-in-bilateralem-Interesse

  • Seehofer steht mit seiner Reise nach Moskau in einer langjährigen Tradition bayrisch-russischer Sonderbeziehungen. Schon FJS war im Dezember 1987 nach Moskau gejettet (persönlich am Steuerknüppel seines Privatjets), um dort mit Michail Gorbatschow über dessen Reformen zu diskutieren. Dies führte daraufhin zu einer engen Kooperation, bis heute offiziell als "Partnerschaft" bezeichnet, was für die bayerische Wirtschaft überaus profitabel war - bis zu den EU-Sanktionen. Desungeachtet wurde diese Kooperation auch danach systematisch weitergeführt, inkl. eines von der Hanns-Seidel-Stiftung organisierten Dialogs zur Kommunalpolitik. Aber sogar über zentrale Fragen der Außen- und Militärpolitik haben Ende Oktober mehrere CSU-Politiker mit Vertretern des Putin-Regimes gesprochen. Mitte November schließlich stand ein regelrechter "deutsch-russischen Energie-Dialog" auf der Agenda. Fürwahr, alles bittere Pillen für die russophoben Kohorten hierzulande.

  • Und so ganz nebenbei erkennt jetzt auch Horst, die dicke Hose, dass es in Deutschland eine Klassengesellschaft gibt.