Meyer Burger beantragt Insolvenz: Es braucht Industrie- statt Branchenpolitik
Die nächste Solarfirma ist pleite. Sinnvoller als Subventionen für einzelne Branchen wäre eine grundsätzlich neue deutsche Industriepolitik.
E ine Insolvenz mit Vorlauf: Mehrfach hatte das Solarunternehmen Meyer Burger über knappe Liquidität berichtet. Im April teilte die Firma dann gar mit, ihr Fortbestand sei „in hohem Maße unsicher“. Jetzt haben die beiden deutschen Tochtergesellschaften, die Meyer Burger Industries und die Meyer Burger Germany, Insolvenz beantragt. Betroffen sind die Solarzellenfertigung in Thalheim in Sachsen-Anhalt und der Maschinenbau mitsamt Technologieentwicklung in Hohenstein-Ernstthal in Sachsen. Zusammen haben die Firmen 600 Mitarbeiter, die ihren Job verlieren könnten.
Unweigerlich geht damit eine alte Debatte in eine neue Runde: Fördert Deutschland die erneuerbaren Energien ausreichend und zielgerecht? Dass eine eigene Solarindustrie gut für Deutschland ist, kann man schließlich konstatieren – nicht zuletzt, weil die Solarforschung in Deutschland noch immer ein hohes Niveau hat und dies nur wird halten können, wenn auch einschlägige Unternehmen vor Ort existieren.
Angewandte Forschung braucht stets eine enge Anbindung an die Wirtschaft. Doch die staatliche Förderung einzelner Unternehmen und Branchen ist nicht der richtige Weg, wie aktuell die Turbulenzen um die Batteriefabrik der Firma Northvolt in Schleswig-Holstein zeigen. Dort stehen bekanntlich Hunderte von Millionen an Staatsgeld im Feuer, weil die Politik händeringend eine Batteriefabrik wollte.
Nicht alle gehen laut
Sinnvoller als die Suche nach staatlichen Hilfsmaßnahmen für einzelne Branchen sind daher grundsätzliche Überlegungen zur deutschen Industriepolitik. Denn das, was die Solarwirtschaft erlebt, erleben andere Mittelständler in jüngster Zeit auch vermehrt – vom Technologieunternehmen bis zum Lebensmittelbetrieb. Nur haben diese Firmen oft nicht das Glück, so sehr im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen wie die Photovoltaik. Sie gehen oft leise zum Insolvenzgericht.
Die neuerliche Solarpleite sollte daher den Blick auf die Probleme lenken, mit denen alle Unternehmen in Deutschland kämpfen – von den Lohnnebenkosten bis zur Bürokratie, wozu inzwischen zum Beispiel auch oft überbordende Berichtspflichten gehören. Das Grundsätzliche zu betrachten, wäre besser, als sich in Förderdebatten zu verlieren.
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