piwik no script img

Neues britisches AtomkraftwerkKeinen Penny mehr für Atomkraft ausgeben

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Das Projekt im britischen Sizewell zeigt, dass Atomstrom keine Chance mehr hat. Erneuerbare Energie sollte sich auch ohne Staatshilfe durchsetzen.

Ak­ti­vis­t*in­nen projizieren ihre Botschaft „Stop Sizewell C“ auf einen Dom in der Stadt Foto: Stop Sizewell C/reuters

N un also ist die Finanzierung des AKW Sizewell C gesichert – der britische Staat springt mit Steuergeld ein. Und man darf getrost vermuten, dass ohne diese Garantie kein Investor auch nur einen Penny in den Neubau gesteckt hätte.

In Teilen wird sich der Staat das Geld dann von den Stromkunden wiederholen. Dafür schuf Großbritannien im Jahr 2022 den „Nuclear Energy Financing Act“, auf dessen Basis das nun möglich ist. Erstmals kommt das Modell in Sizewell nun zum Tragen.

Womit die Praxis mal wieder anschaulich zeigt, dass ein neues Atomkraftwerk sich am Markt nie und nimmer finanzieren lässt – zu teuer ist die Technik der Kernspaltung im Vergleich zu anderen Arten der Stromerzeugung.

Die Freunde der Erneuerbaren werden diese Erkenntnis auch in Deutschland einmal mehr leidenschaftlich verbreiten. Man kann das nicht oft genug wiederholen.

Erneuerbare müssen sich am Markt behaupten

Nur: Kritik an der staatlichen Förderung der Atomkraft käme glaubwürdiger daher, wenn auch die Branche der erneuerbaren Energien endlich den Mut fände, sich auf eigenen Füßen am Markt zu behaupten.

Doch jeder politische Vorstoß, die Förderung für neue Ökostromanlagen nach 25 Jahren zu beenden, ruft in Deutschland erheblichen Widerstand der Ökostromlobby hervor – was dann die Freunde der Atomkraft bei jeder Gelegenheit süffisant anmerken. Man kann es ihnen wirklich nicht verdenken.

Daher ist es an der Zeit, dass sich der Staat schrittweise zurückzieht aus der Lenkung der Investitionen in der Stromwirtschaft. Dann kann und wird die Energiewende aus eigener Kraft voranschreiten.

Adieu Atomkraft

Die Atomkraft wird in Deutschland nicht wiederkommen, weil sie schlicht zu teuer ist, während die Erneuerbaren dort erfolgreich genutzt werden, wo sie gebraucht werden.

Aber eben auch nur dort. Bleiben im Wettbewerb um den günstigsten Strom noch die Fossilen. Diese sollten durch einen satten CO2-Preis als Lückenbüßer im Stromsystem verdrängt werden.

Das ist am Ende der einzige Eingriff in den Markt, den man sich leisten sollte – im Interesse des Klimaschutzes.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
Mehr zum Thema

28 Kommentare

 / 
  • Der Neubau von Kernkraftwerken derzeitiger Technik ist ökonomisch nicht sinnvoll. Noch unsinnvoller ist allerdings die Stillegung von existierenden Kernkraftwerken, wie in Deutschland geschehen.

  • Dann muss man aber auch die Bedingungen für Öko und Fossilem Strom angleichen. Wie kann es sein das pv auf 60% gedrosselt wird wenn noch fossiler strom im netz ist.



    Wenn die Betreiber ihre kohle weiter lassen wollen sollen die sich doch Speicher hin stellen. Fordert man beim Ökostrom auch und macht da ja auch Sinn.

  • Abwarten!

    "dass Atomstrom keine Chance mehr hat" ist lediglich eine Behauptung. Neuere technologische Entwicklungen in der nuklearen Energieerzeugung scheinen sehr vielversprechend zu sein. Totgesagte leben länger. :-)

  • Mir fehlt im Text irgendwas....



    Trotz politischer Bekenntnisse zum Abbau fossiler Subventionen werden fossile Energieträger in Deutschland weiterhin umfangreich durch Steuervergünstigungen, Preisnachlässe, Emissionszertifikate und direkte Förderungen unterstützt.



    Meiner Meinung nach sind die langfristig saubersten und günstigsten Energien die einzigen, die gefördert werden sollten.



    Ich sehe aber, das Energiekonzerne und Politik die erneuerbaren blockieren, wo immer möglich. Zum Beispiel durch völlig abgehobene Eingriffe in Windkraftanlagen oder bürokratisches Blockieren von neuen Speichertechnologien. Dezentrale, lokale Selbstversorgung sollte das primäre Ziel sein, und das darf auch ruhig noch gefördert werden.



    Natürlich sinnvoll, z.b Agri-Solar statt Freiflächen-PV, Parkplatz-Überdachungen statt privater Haushalte, oder eben Speichertechnologien...

  • Nette Schlagwortsammlung ohne eine einzige Zahl. Wie verhält sich die Preisgarantie relativ zum deutschen EEG? Erdgas ist zwar billig, aber der wichtigste und wertvollste Chemierohstoff, den wir haben. Für kleine, dezentrale Etagenheizungen ohne Verteilungsverluste ist sein Einsatz oft trotzdem sinnvoll, das sinnlose Verfeuern in Großanlagen -- egal ob Kraft- oder Heizwerk -- muß ein Verbrechen genannt werden.

  • Herr Janzing hat Recht. Außer mit der Annahme, es gäbe hierzulande keine politischen Parteien denen die staatliche Geldverschwendung egal ist um ihre Interessen durchzusetzen. Sie A100 Ausbau in Berlin...

  • "Bleiben im Wettbewerb um den günstigsten Strom noch die Fossilen. Diese sollten durch einen satten CO2-Preis als Lückenbüßer im Stromsystem verdrängt werden."



    Leider benötigt ein System, das sich vorwiegend aus Sonne und Wind speist, "Lückenbüßer". Und die machen den Ökostrom teuer.



    Grundsätzlich begrüße ich Ihr Bestreben, Marktverzerrungen durch staatliche "Lenkung der Investitionen" möglichst zu vermeiden. Aber es bleibt die Frage der Versorgungssicherheit.

  • // Erneuerbare müssen sich am Markt behaupten



    Nur: Kritik an der staatlichen Förderung der Atomkraft käme glaubwürdiger daher, wenn auch die Branche der erneuerbaren Energien endlich den Mut fände, sich auf eigenen Füßen am Markt zu behaupten. //

    Die erneuerbaren werden sich behaupten, wenn sie 24/7 liefern können. So lange das nicht ist (Speicher sind sauteuer) braucht es leider noch was anderes.

    • @Der Cleo Patra:

      Wo sind denn speicher sau teuer?

  • Keine Chance. Diese einfache Lösung ist zu simpel. Damit kann kein Energie-, Fördermittel-, Finanz- oder Steuerberater etwas verdienen. Also nicht praxisrelevant.

  • Ehm ja.



    Wo wird in der Energiewirtschaft nicht auf irgendeine Weise subventioniert?



    Also, wenn unsere neue Wirtschaftsministerin, da weiter macht, wo Herr Habeck aufgehört hat, sodass wir die nächsten Jahre einen Boom von kommerziellen Feststoffspeichern haben, dann haut das problemlos hin. Falls sie da aber wieder auf die Bremse tritt, weil sie lieber an den Ausgasungen von Gaskraftwerken snuppert, dann gute Nacht.

    • @DerD:

      EEG aus Steuermitteln. Förderpreise durch Steuererlaß gerade für die Großverbraucher. Letzteres schafft Anreize zum Abbau von Arbeitsplätzen zugunsten von Energieverschwendung (Wegwerfen und Neuproduktion statt Wartung und Reparatur).

  • Bin gespannt, wann die beiden Reaktoren an Netz gehen und wie viel sie bis zur Fertigstellung gekostet haben werden. Auch die jährlichen Betriebskosten werden nicht ganz zu vernachlässigen sein.

    • @Aurego:

      Die "Ewigkeitskosten" der Aufbewahrung und Bewachung von Atommüll - Je zwei Wächter in drei Schichten an 365 Tagen mal unendlich = unendlich....

      Aber bestimmt werden wieder mal die Kosten sozialisiert und die Gewinne privatisiert.

      • @Tz-B:

        O.k., für die Ewigkeitskosten muss man dann einen Kapitalstock aufbauen, dessen Erträge für die Bezahlung der Wächter verwendet werden - so ähnlich wie die RAG-Stiftung. Wenn die Neandertaler das damals gemacht hätten, würden wir heute noch davon profitieren ...

    • @Aurego:

      ganz zu schweigen von der Endlagerung des anfallenden Atommülls . Aber die kosten sind eigentlich zweitrangig zuerst ist die Frage wohin mit dem Dreck , dann wie kann man die Gefahr für 1Millionen Jahre bannen . Wenn die Fragen gelöst sind kann man über die Kosten schwafeln , und nur schwafeln denn das es zu teuer ist braucht man nicht diskutieren .

      • @Andreas Rostin:

        Für diese Kosten wurden bei den bisherigen deutschen AKWs Rücklagen angespart. Das tauchte in den Rechnungen meines Wissens jedenfalls auf und müsste eigentlich auch die jetzigen Kosten tragen.

        • @Aurego:

          Siehe hier:



          de.m.wikipedia.org...nischen_Entsorgung

          Wenn ich mir ansehen was z.b. Stuttgart 21 kostet gehe ich mal davon aus, dass den Hauptteil wie üblich die Masse der Steuerzahler tragen wird.

          • @Axel Schäfer:

            Klar! Die haben ja auch das meiste Geld und können sich nicht wehren.

  • " zu teuer ist die Technik der Kernspaltung im Vergleich zu anderen Arten der Stromerzeugung."

    ich bin kein Freund der Kernkraft, zu teuer, zu radioaktiv und im Kriegsfall ein echtes Risiko.

    Aber: Erneuerbare können nur dann die Lösung sein wenn diese auch die Versorgungssicherheit über mehrere Wochen garantieren können. Das können diese nicht. Dazu würde eine Speichertechnologie benötigt die es heute schlicht nicht gibt, jedenfalls unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Wer eine Lösung nur mit erneuerbaren Energien fordert muss auch die Speicher oder Gaskraftwerke oder was sonst mit einpreisen, und das würde EEs massiv verteuern. Und CO2 ausstossen, es sei dann man nutzt AKWs.

    Hier sind realistische Lösungen gefordert die frei sind von Ideologie auf der einen. und massiven Profitinteressen auf beiden Seiten. Und genau hier müsste der Staat die Vorgaben machen. Passiert aber nicht. Habeck und seine Freunde haben es komplett versemmelt und die neue Regierung scheint auch keinen Plan zu haben

    • @Gerald Müller:

      Wenn man mit "wirtschaftlichen Gesichtspunkten" argumentiert, fährt man immer am Limit und hofft, dass es keine größeren Verwerfungen gibt, weil das am billigsten ist.



      Will man ausreichende Speicherkapazitäten etablieren, wird man die Größe der Kapazitäten und die Verteilung der Kosten gesetzlich regeln müssen. Die Technologien sind vorhanden, es werden ja auch gerade Speicherkraftwerke gebaut, aber natürlich reichen die Kapazitäten zu Beginn des Ausbaus noch nicht.



      Bei AKWs reden wir indes von ganz anderen Problemen, von denen die Ewigkeitskosten nur eines sind. Ein anderes ist die Brennstoffbeschaffung, ein drittes die langfristigen Risiken. Habeck war an der AKW-Diskussion praktisch unbeteiligt, außer, dass er die Laufzeiten noch einmal verlängert hat. Frau Merkel hatte beschlossen, dass die Risiken des Weiterbetriebs zu hoch sind. Nach Fukushima waren ca. 1% aller jemals weltweit gebauten zivilen Reaktoren havariert. Wie viele Atom-U-Boote mit ihren Reaktoren auf dem Meeresgrund schlummern, wissen wir nicht. Nach einigen verlorengegangenen Atombomben wird noch gesucht ...

      • @Aurego:

        "Wenn man mit "wirtschaftlichen Gesichtspunkten" argumentiert..."



        Wirtschaftliche Gesichtspunkte spielen sehr wohl eine Rolle. Lösungen müssen mindestens bezahlbar bzw. erwirtschaftbar sein, sonst "lösen" sie nichts und führen in die (Staats-)Pleite.



        Akkuspeicher der erforderlichen Größe dürften das komplette BIP von mehreren Jahren erfordern und erscheinen daher illusorisch.



        Von Habeck und EU wurden und werden wasserstofffähige Gaskraftwerke propagiert. Auch das wird voraussichtlich Scheitern, da sich die erforderlichen Speichervolumina wohl kaum werden realisieren lassen (H2 hat nur ca. 30 % der Energienichte von Methan).



        Wenn Ihnen (und mir) Atomkraftwerke nicht gefallen, wären Biomasse (incl. Holz) sowie E-Fuels zumindest hilfreich. Auch sollte mensch erforderliche Speicherkapazitäten nicht durch unsinnige Förderung von Stromverbrauchern maximieren.



        So, jetzt sind Sie wieder mit Vorschlägen dran. Bitte mit realisierbaren.

        • @sollndas:

          Bei der Energiedichte kommt es darauf an, welche Einheiten man angibt: kWh/kg oder kWh/m³ - und natürlich, wie man Wasserstoff speichert.



          Große Batteriespeicher werden ja jetzt schon gebaut. Hier mal zum Einstieg:



          de.wikipedia.org/w...peicherkraftwerken



          Natürlich muss es sich lohnen, aber sehr oft muss erst einmal der Staat die Initiative übernehmen, weil Firmen mit neuen Technologien keine Erfahrung haben und die Risiken großer Investitionen scheuen.



          Ich weiß ja nicht, welche persönlichen Erfahrungen Sie mit AKWs haben. Ich durfte einmal an einer Inspektion des Druckkessels teilnehmen. Abgesehen davon, dass wir in Deutschland keine Lust hätten, Uran aus deutschem Abbau zu verwenden (das es ja gäbe), sollte man daran denken, dass knapp 1% aller jemals gebauten zivilen(!) Reaktoren bereits eine Havarie bis hin zum GAU hinter sich haben. Bei militärischem Equipment sieht es noch kritischer aus. So weit zum Risiko. Die Grünen haben damals nicht übertrieben. Die Gen4-Reaktoren funktionieren allesamt noch nicht richtig und ich persönlich würde dringendst davon abraten, auf Reaktortypen zu setzen, die mit geschmolzenem Salz arbeiten.



          Holz ist zu wenig da.

          • @Aurego:

            "Bei der Energiedichte kommt es darauf an..."



            ...wie man das benötigte Volumen unterbringt. Also auf die volumetrische.



            "...zum Einstieg:..."



            Ich lese da immer was von einigen hundert MWh. Erforderlich sind allein in Deutschland Speicher im dreistelligen TWh-Bereich.



            Ich habe nach realistischen Vorschlägen gefragt. Wenn die nicht kommen, werden die AKW-Fans gewinnen, Risiko hin oder her.



            BTW: Ich zahle seit Tschernobyl keine Stromrechnungen mehr.

            • @sollndas:

              Die private Stromrechnung ist nun wirklich nicht unser größtes Problem. Das sind Peanuts.



              Beim Speicher kommt es nur darauf an, für wie lange man Energie speichern will/muss. Man kann übrigens auch Wärme über sehr lange Zeiträume (Monate) speichern. Da ein großer Teil unseres Energiebedarfs dem Heizen dient (sowohl privat als auch in der Industrie), sollten wir darüber intensiver als bisher nachdenken. Aber auch dafür gibt es genügend umsetzbare und bezahlbare Konzepte.

              • @Aurego:

                "Man kann übrigens auch Wärme über sehr lange Zeiträume (Monate) speichern."



                Nett von Ihnen, dass Sie mir immer wieder Dinge erklären, die ich sowieso schon weiß :-)



                Was meinen Sie, wie ich in meinem solarautarken Haus durch den Winter komme???



                Ich weiß aber (u.a. daher) auch, was Energiespeicherung kostet, und wo die Grenzen des mach- und bezahlbaren liegen.



                BTW: Das mit der Stromrechnung bezog sich auf meine Einstellung zu Atomkraftwerken, die Sie ja anscheinend anzweifeln.

                • @sollndas:

                  Die Energiebilanz der Privathaushalte ist nicht unser einziges Problem. Wir müssen Lösungen für Industrie und Verkehr finden: www.umweltbundesam...d-einflussfaktoren

                  • @Aurego:

                    Sie weichen aus. In dem von Ihnen verlinkten Artikel kommt der Begriff "Speicher" überhaupt nicht vor.



                    "Die Energiebilanz der Privathaushalte ist nicht unser einziges Problem."



                    Binsenweisheit. Deshalb habe ich ja oben auf den Speicherbedarf im dreistelligen Terawattstundenbereich hingewiesen. Allein die Gasspeicher in Deutschland fassen 250 TWh; Braunkohle, Öl, etc. nicht mitgerechnet.



                    Wer diesen Speicherbedarf nicht ernst nimmt, darumherumredet oder ihn gar abstreitet, ist m.E. nicht ernst zu nehmen. Oder schlimmer, ein Fall für Cipollas "Die Prinzipien der menschlichen Dummheit", fünftes Prinzip.