Berliner Inzidenzwerte steigen wieder: Eine Corona-Ampel leuchtet Gelb

Sind die Inzidenzwerte von über 20 ein Grund zur Sorge? Nein und Ja, meint unser Kommentator. Übers Impfen – und darüber, warum die Zeit drängt.

Menschen warten in der Schlange eines mobilen Impfteams auf dem Hermannplatz. Mit mobilen Impfteams will das Bezirksamt Neukölln Menschen in ihrem Bezirk unkompliziert impfen lassen

Schlangestehen: Mobiles Impfteam arbeitet auf dem Hermannplatz in Berlin-Neukölln Foto: dpa/Fabian Sommer

Fast 60 Prozent aller Ber­li­ne­r:in­nen haben die erste Impfung hinter sich, 48 Prozent sogar die zweite. Trotzdem steht eine der drei Corona-Ampeln des Senats wieder auf Gelb. Das Robert-Koch-Institut meldete am Freitag einen Wert von 21,8 Neuinfektionen binnen sieben Tagen. Im Bundesländer-Vergleich hat Berlin die höchste Inzidenz. In der Aufstellung der Landkreise liegt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Wert von 41,8 gar auf dem dritten Platz. Vor einer Woche war der Wert in Berlin halb so hoch. Grund zur Sorge?

Nein und Ja. Eine Inzidenz von über 100 ist heute weniger dramatisch als eine Inzidenz von 100 im Frühjahr. Damals war auch für die Menschen über 60 noch nicht ausreichend Impfstoff vorhanden. Für diese Altersgruppe ist das Corona­virus besonders gefährlich. Noch im März führte eine Inzidenz von über 100 daher rasch zu einer Überlastung der Krankenhäuser.

Im Bundesländer­vergleich hat Berlin die höchste Inzidenz, Freitag lag sie bei 21,8

Das ist inzwischen anders. Fast 80 Prozent der über 60-Jährigen sind in Berlin doppelt geimpft. Sie könnten sich zwar noch anstecken, landen aber nur noch mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit auf den Intensivstationen. Gesamtgesellschaftlich wird es erst ab einer Inzidenz von über 400 wieder kritisch fürs Gesundheitssystem.

Allerdings ist die inzwischen europaweit dominierende Delta-Variante mehr als doppelt so ansteckend wie die Wildvariante und auch noch mal ansteckender als Alpha, die im Frühjahr noch überwog. Und ab einer Inzidenz von über 400 droht die Zahl der Schwererkrankenden bei den 40-, 30- und womöglich auch 25-Jährigen hochzuschnellen.

Die Dynamik dürfte sich wieder beschleunigen

Mit den Rei­se­rück­keh­re­r:in­nen in den nächsten Tagen und Wochen vor allem aus Hochinzidenzgebieten wie Mallorca und anderen Mittelmeerregionen ist davon auszugehen, dass sich die Dynamik auch hier wieder beschleunigen wird. Auf Mallorca lag der Wert zuletzt bei 365. Sollte Berlin einen ähnlichen Wert dieser Größenordnung erreichen, wird es schwer, die Inzidenz auf ein erträgliches Niveau zu senken. Eine Ausweitung der Maskenpflicht und Luftreiniger in Klassenräumen würden als Maßnahmen nicht ausreichen, Schließungen von Schulen und Veranstaltungsorten müssten wieder her.

Umso dringlicher gilt es die Impfkampagne zu intensivieren. Die Zeit drängt: Nach Berechnungen des Robert-Koch-Instituts ist eine Impfquote von mindestens 75 Prozent notwendig, um eine vierte Welle im Herbst mit ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen wie die der vorigen Wellen zu verhindern.

Das heißt: Eine Million Ber­li­ne­r:in­nen müssen in den nächsten Wochen noch geimpft werden. Und weil es für Kinder unter 12 in absehbarer Zeit weiter keinen Impfstoff geben wird, richtet sich dieser Appell vor allem an Teenager und noch nicht geimpfte Erwachsenen.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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