piwik no script img

Bekämpfung von KinderpornografieKinderschutz statt Ideologie

Nina Apin
Kommentar von Nina Apin

Wie kann die Polizei Täter aufspüren, die Kinder missbrauchen? Darüber sollten die Innenminister pragmatisch diskutieren.

Aktion der Initiative „Kinder von Lügde“ nach dem hundertfachen Missbrauch auf einem Campingplatz Foto: Peter Steffen/dpa

N ordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hat am Donnerstag dem Deutschlandfunk ein Interview gegeben, in dem er für längere Datenspeicherung geworben hat. „What's new?“, könnte man da fragen. Denn gerade läuft die Innenministerkonferenz und Reul ist von der CDU, die seit Jahren die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen will.

Was aufhorchen ließ, war Reuls Verzweiflung. Er bat fast flehend um eine unideologische Diskussion und warb für pragmatische Lösungen. Reul hat auch Grund zur Verzweiflung: In NRW wurden in der letzten Zeit zwei spektakuläre Serien von Kindesmissbrauch aufgedeckt. Erst die sexuellen Gewalttaten auf dem Campingplatz in Lügde, deren fehlerhafte Ermittlung nun per Untersuchungsausschuss geklärt wird. Noch im Gange ist die Aufdeckung eines riesigen Online-Kinderpornografie-Netzwerks mit bisher 31 Tatverdächtigen und 21 bekannten Opfern.

Reul hat versprochen, dem Kindesmissbrauch den Kampf anzusagen. Doch das ist ausgesprochen schwer angesichts einer gigantischen Bilderflut und unübersichtlicher Chat-Gruppen, die nach dem Trichterprinzip in geschlossene Missbrauchs-Zirkel münden. Reul hat einen Krisenstab aufgestellt, mit 300 Beamt:innen, die Terabyte-weise Material auswerten. Doch dieses Personal fehlt dann der Polizei anderswo – die Forderung nach mehr Stellen ist nur realistisch. Genauso muss die umstrittene Keuschheitsprobe für Ermittler:innen endlich zugelassen werden, also das Verschicken synthetisch erzeugter Missbrauchsabbildungen, um sich Zutritt zu geschlossenen Kinderporno-Ringen zu verschaffen.

Bleibt die heikle Frage der Datenspeicherung: Wie können Ermittler:innen Menschen aufspüren, die gerade irgendwo in Deutschland Kinder missbrauchen, wenn sie keinen Zugriff auf deren IP-Adressen bekommen?

Die Innenminister:innen, gleich welcher Partei, sollten sich Reul anschließen und über konkrete Möglichkeiten für mehr Kinderschutz sprechen. Ohne sich dabei durch ideologischen Dauerstreit zu blockieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Nina Apin
Redakteurin Meinung
Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Wie so oft wird hier unter einer sich gegen Ideologie aussprechenden Überschrift Ideologie produziert.



    Es wird mit keinem Wort darauf eingegangen, dass bisher die Verfolgung von Straftaten gegen die Sexuelle Selbstbestimmung im Internet oft daran scheitert, dass diese erst so spät bekannt bzw. gemeldet werden, dass den IP-Adressen keine Täter:innen mehr zugeordnet werden können. Statt z.B. eine Verpflichtung von Anbietern zur sofortigen Meldung zu fordern wird dann der völlig realitätsferne Eindruck erweckt, dass Vorratsdatenspeichung ein geeignetes Mittel wäre, um Täter:innen aufzuspüren, »die gerade irgendwo in Deutschland Kinder missbrauchen«.

  • »Darüber sollten die Innenminister pragmatisch diskutiert werden.«, heißt es im Teaser.

    Ich finde nicht, dass Minister diskutiert werden sollten. Minister sollten diskutieren, nicht diskutiert werden.

    taz, wieder mal niemand bereit, Korrektur zu lesen? Die Leser, innen und außen, sollen's richten. Die taz verkauft wieder mal grüne Bananen als reifes Obst.