Rechtspolitiker zu Polizei-Kinderpornos: „Kein einziges Kind missbraucht“

Die Polizei soll am Computer Kinderpornografie produzieren dürfen. SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner erläutert, wie.

Screeshot mit verschwommener Figur

Screenshot der Login-Seite einer Kinderpornografie-Plattform am Rande einer BKA-Pressekonferenz Foto: Arne Dedert/dpa

taz: Herr Fechner, am Freitag will der Bundestag der Polizei erlauben, selbst Kinderpornografie herzustellen. Sollte die Polizei nicht besser gegen die kriminellen Hersteller von Kinderpornografie ermitteln?

Johannes Fechner: Darum geht es doch! Kinderpornografie wird in streng abgeschlossenen Zirkeln im Darknet getauscht. Zugang bekommt nur, wer selbst etwas anbietet. Man nennt das üblicherweise „Keuschheitsprobe“. Damit speziell geschulte Polizisten Zugang zu diesen Internetforen bekommen, wollen wir ihnen erlauben, Kinderpornografie am Computer zu erzeugen und an andere weiterzugeben. Dabei wird natürlich kein einziges Kind missbraucht.

Klingt nach Science Fiction. In wie vielen Jahren soll die Technik denn einsatzbereit sein?

Bei Fotos ist die Technik schon ziemlich weit. Ich rechne damit, dass die Polizei die neuen Möglichkeiten schon dieses Jahr nutzen kann. Die Produktion von Videos, die nicht jeder sofort als Trickfilm erkennt, ist natürlich schwieriger. Das wird wohl noch einige Jahre dauern.

ist rechtspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag. Beruflich ist er als Rechtsanwalt tätig.

Dann werden die Darknetforen doch künftig einfach Videos als Keuschheitsprobe verlangen. Was ist dann gewonnen?

Die Polizei sagt uns, dass solche Foren auch künftig überwiegend Fotos verlangen werden und keine Videos. Das zeige die Entwicklung in Ländern wie den USA, Australien und Belgien, wo die Polizei heute schon computergenerierte Kinderpornografie einsetzen darf.

Warum muss die Polizei neue Kinderpornografie herstellen, sie hat doch Unmengen beschlagnahmter Fotos und Videos?

Es ist den betroffenen Kindern und Jugendlichen nicht zuzumuten, dass Bilder ihres Missbrauchs weiter kursieren und auch noch von der Polizei in Umlauf gebracht werden.

Darf die Polizei bei der Herstellung der computergenerierten Kinderpornografie Bilder real missbrauchter Kinder verwenden?

Nein, das wird im Gesetz so festgeschrieben.

Die künstliche Intelligenz, die solche fiktive Kinderpornografie erzeugt, muss doch aber trainiert werden. Wollen Sie auch dabei keine realen Bilder missbrauchter Kinder benutzen?

Doch, aber es ist ja nur das Training der Systeme, nicht die Herstellung von Kinderpornografie. Aus den so erzeugten Bildern werden keinerlei Rückschlüsse auf irgendeine reale Person möglich sein.

Ist das alles ein Zugeständnis der SPD an die CDU/CSU?

Nein, das ist auch die Position der SPD. Hier gibt es keinen Dissens.

Aber muss das wirklich sein, dass die Polizei solche Bilder verbreitet? Bisher sind Ermittler doch auch immer wieder in solche Foren hineingekommen, meist indem ihnen ein erwischter Täter seine Passwörter gegeben hat, um Strafmilderung zu erlangen.

Solche Möglichkeiten hat man aber nicht immer.

Geht es vielleicht auch darum, einen Präzedenzfall zu schaffen, dass verdeckte Ermittler Straftaten begehen dürfen?

Das ist kein Präzedenzfall. Die Regelung, die wir jetzt beschließen, ist strikt auf die Bekämpfung von Kinderpornografie beschränkt.

Mag sein, aber die Polizei wird bald argumentieren, dass verdeckten Ermittlern auch bei der Terrorabwehr kleinere Straftaten erlaubt werden sollten, damit sie nicht auffallen.

Das ist reine Spekulation.

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