Bauhaus sagt Feine Sahne Fischfilet ab: Unfeine Ausladung
Offen engagiert sich Feine Sahne Fischfilet gegen Rechts. Die Ausladung der Punkband durch die Bauhaus-Stiftung ist ein kulturpolitischer Skandal.
Heiko Maas und Frank-Walter Steinmeier können ein Lied davon singen, wie sehr die Punkband Feine Sahne Fischfilet (FSF) polarisiert. Als die Rostocker Band 2016 in Anklam ein Konzert gegen Rechtsextremismus gegeben hatte, sprach der damalige Justizminister Maas von einem „tollen Zeichen gegen Fremdenhass und Rassismus“. Es folgte: ein Shitstorm von rechts, Kritik aus der CDU und der Polizeigewerkschaft.
Und als Bundespräsident Steinmeier vor sechs Wochen für das „Wir sind mehr“-Konzert in Chemnitz warb, bei dem die Gruppe um Sänger Jan „Monchi“ Gorkow auftrat, machte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer eine Rechts-Links-Milchmädchenrechnung auf und sagte, sie bewerte Steinmeiers Vorstoß „sehr kritisch“.
Feine Sahne Fischfilet sind längst ein Symbol dafür geworden, wie Links- und Rechtsextremismus hierzulande verhandelt wird. Der Umgang mit der Band spiegelt die politische Spaltung insbesondere in Ostdeutschland wider. Das Vorgehen der Stiftung Bauhaus Dessau, die in dieser Woche einen Auftritt der Gruppe im Rahmen der zdf@bauhaus-Konzertreihe verhinderte, ist aber besonders besorgniserregend. Zwar kam es in der Vergangenheit schon vor, dass etwa Kommunalpolitiker ein FSF-Konzert bei einem Stadtfest in Riesa 2013 verhindert haben. Nun aber wird die Band im Namen einer renommierten Kulturstiftung – dessen Stiftungsratsvorsitzender Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU) ist – ausgeladen.
Kontroversen begleiten Feine Sahne Fischfilet, die melodischen Punk mit raubeinigen Texten verbinden, von frühen Tagen an. Gegründet 2007 in der Region um Greifswald, tauchten sie zwischen 2011 und 2014 im Kapitel „Linksextremismus“ des Landesverfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern auf. Eine „explizit antistaatliche Haltung“ wurde ihnen damals attestiert, als Begründung diente anfangs unter anderem die Verwendung der satirischen Club-Mate-Persiflage „Club-Molli – Leicht zu bauender Brandsatz für den Widerstand auf der Straße.“
„Militante Nazis mit AfD und CDU an der Hand“
Nachdem die Punkband zu Anfangszeiten merkte, dass auch Rechtsextreme zu ihren Konzerten kamen und sich für ihre Musik begeisterten, zeigte sie klare Kante gegen rechts. So engagierten sich Feine Sahne Fischfilet in den vergangenen Jahren gegen den Rechtsruck, vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 2016 organisierten sie die „Noch nicht komplett im Arsch“-Tour, um AfD und NPD etwas entgegenzusetzen. Sie absolvierten viele weitere Touren und Konzerte gegen Rassismus, unter anderem mit den Toten Hosen, Marteria und K.I.Z.
Die Bauhaus Stiftung begründet ihre Absage damit, „politische extreme Positionen, ob von rechts, links“ wolle man „keine Plattform“ geben. Feine Sahne Fischfilet werden dabei von Konservativen und Rechten oft als „gewaltverherrlichend“ und „linksextrem“ eingestuft. Begründet wird dies mit Texten wie „Staatsgewalt“ (2009) und „Wut“ (2015) – darin, so die Argumentation, riefe die Band zu Gewalt gegen Polizisten auf. Von ersterem Stück – mit der Zeile „Die Bullenhelme, die sollen fliegen/ Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein!“ distanzieren sich Feine Sahne Fischfilet seit vielen Jahren; das hält CDU-Politiker wie den Europaabgeordneten Sven Schulze aber nicht davon ab, die Absage mit Verweis auf ebendiese Textstelle gutzuheißen. In letzterem Stück geht es um erlebte Polizeigewalt, darin findet sich der Vers „Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt“.
Auch der Song „Gefällt mir“ (2012) wird häufig angeführt, um FSF als gefährliche linksextremistische Band zu diskreditieren. Darin zitieren sie den bekannten Slime-Slogan „Deutschland verrecke“, der bereits 2000 vom Bundesverfassungsgericht als von der Kunstfreiheit gedeckt eingestuft wurde. Es ist ein überaus schlechtes Zeichen, wenn der rechte Flügel der CDU aktuell den Argumentationslinien der Rechtspopulisten folgt und deren Schema Linksextremismus gleich Rechtsextremismus übernimmt – das erinnert in der Tat an die alten Zeiten von Slime.
Feine-Sahne-Sänger Monchi sagte laut MDR zu der geplanten Absage: „Wenn das wirklich der Fall sein sollte, dann ist das in unseren Augen erbärmlich.“ Monchi bezeichne es demnach als „Zustandsbeschreibung“, wenn „militante Nazis mit AfD und CDU an der Hand“ erfolgreich Kultureinrichtungen einschüchterten. Allerdings wolle man in Ruhe das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen. Man kann sich gut vorstellen, dass Feine Sahne Fischfilet eine adäquate Antwort auf diesen kulturpolitischen Skandal finden werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“