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BYD in BrasilienGrößter chinesischer E-Auto-Konzern expandiert

BYD eröffnet eine Fabrik in Brasilien. Der Konzern will den E-Auto-Markt in Lateinamerika aufmischen. Die Konkurrenz ärgert sich.

BYD-Fahrzeuge in der neuen Elektrofahrzeug-fabrik im Industriekomplex in Camacari, Bahia, Brasilien, 9. Oktober 2025 Foto: Joa Souza/reuters

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Christine Wollowski aus Salvador Da Bahia

taz | Am Donnerstag ist die größte Fabrik des Autoherstellers BYD außerhalb Chinas offiziell eröffnet worden. In der Küstenstadt Camcari, 50 Kilometer von Salvador da Bahia entfernt, feierten der brasilianische Präsident Luis Inácio da Silva und Vizepräsident Geraldo Alckmin mit dem BYD-Gründer und -CEO Wang Chuanfu und einem Teil der Belegeschaft.

Die Fabrik auf einem eine Million Quadratemeter großen Gelände gehörte vorher dem Autohersteller Ford, der 2021 die Produktion in Brasilien wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit eingestellt hatte.

Damals waren 12.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Jetzt soll das Werk von BYD 20.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze schaffen und pro Jahr 600.000 Pkws herstellen, doppelt so viele wie ursprünglich geplant.

Von Camacari will BYD ganz Lateinamerika beliefern und sich als Marktführer platzieren. Bereits jetzt verkauft das Unternehmen ein Fünftel der außerhalb China vertriebenen Pkws in Brasilien und gibt an, mehr als 0,8 Milliarden Euro im Land investieren zu wollen. Der Dolphin Mini ist das kostengünstigste der in Brasilien angebotene Modelle.

Arbeitsbedingungen auf Baustelle schlecht

Der Markt für Elektroautos in Brasilien gilt als vielversprechend: Allein im Juli wurden 19.016 Elektro-Nutzfahrzeuge verkauft, das sind 8,27 Prozent der gesamten Verkäufe der Kategorie. Seit der Einführung von Elektrofahrzeugen im Jahr 2012 summieren sich bis jetzt mehr als 500.000 verkaufte Autos. Damit führt Brasilien den Markt in Lateinamerika an.

Allerdings sind die Verkaufszahlen für hundertprozentig elektrische Autos zwischen Januar und April gesunken, während der Markt für Hybridmodelle steil anstieg. Die Brasilianer sähen die Hybdriden als Übergangslösung auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Mobilität, sagt der Präsident der brasilianischen Föderation für den Vertrieb von Kraftfahrzeugen.

Ein Viertel der brasilianischen Städte verfügt bereits über Ladestationen, das ist ein Anstieg von mehr als 22 Prozent seit November 2024 aber weit entfernt von einer flächendeckenden Versorgung.

Beim BYD-Werk knirscht immer wieder Sand im Getriebe: Gleich zu Baubeginn im Jahr 2024 wurden 163 chinesische Arbeiter in sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen vorgefunden, die zudem Opfer von Menschenhandel gewesen sein sollen.

In der Folge erteilte Brasilien keine temporären Arbeitsvisa mehr für Angestellte von BYD. Zur Eröffnungsfeier mit Lula am Donnerstag waren nur 300 der bisher 1500 Angestellten der Fabrik geladen, berichtet der örtliche Vertreter der Metallarbeitergewerkschaft.

Zahlreiche Proteste aus verschiedenen Gründen

Im Juli, als die Produktion inoffiziell anlief, hatten Autohersteller wie General Motors und Volkswagen gegen einen Antrag von BYD auf Steuerleichterungen für die vor Ort montierten Modelle protestiert: Dadurch würde unlauterer Wettbewerb gefördert.

Am Tag der Eröffnung demonstrierten Fahrer von Autotransportern aus der Region: Ihnen seien Verträge aufgekündigt worden, stattdessen beschäftige BYD Transportfirmen aus anderen Regionen.

Besitzer von Fahrschulen nutzten die Anwesenheit des Präsidenten Lula, um sich den Demonstranten anzuschließen und gegen eine geplante und vom Staatschef bereits abgesegnete Gesetzesänderung zu protestieren: Danach wären künftig für die Führerscheinprüfung der Kategorien Pkw und Motorrad weder Fahrstunden noch theoretischer Unterricht vorgeschrieben. Die Prüflinge würden selbst entscheiden, wie sie sich auf die Prüfung vorbereiten.

Kritiker sprechen vom Verlust von bis zu 300.000 Arbeitsplätzen durch die Änderung. Lula hingegen begrüßt die Regelung als Maßnahme für soziale Inklusion.

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7 Kommentare

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  • Vielleicht sollte BYD auch die Ford-Werke in Köln übernehmen, bevor sich die Amerikaner aus Deutschland ganz verabschieden.

  • Wer auch immer da Geschäfte mit der Herstellung und dem Verkauf von Autos machen wollte, muss zur Kenntnis nehmen, dass die Gesellschaften weltweit nicht in der Lage sein werden, die Folgekosten wie Strassen, Brücken, Energieverbrauch zu stemmen, wenn jedem Menschen ein Recht auf private Fortbewegung eingeräumt werden soll. Wir erleben doch gerade bei uns, dass die Schäden, die die Mobilität auf Strassen, in Tunnels oder Brücken eingetreten sind, über Steuereinnahmen nicht mehr zu beheben sein werden. Die neue Stadtautobahn in Berlin zeigt doch die Absurdität des Ganzen, wenn sie eben keine Staus zu vermeiden hilft, sondern beweist, diese Menge an Fahrzeugen bei individueller Mobilität ist nicht zu stemmen ; wenn wir nicht mehr die Mittel aufbringen, überall Hochsgtrassen und Tunnels zu bauen, um dem Druck dieser bescheuerten Autoidioten nachgeben zu können. Wer immer den Unternehmen erlaubt hat, uns diese Technologie unterzujubeln, hat uns in eine katastrophale Lage gemacht, die einer Gemeinnützigkeit in der Mobilität vollkommen widerspricht.

    • @Dietmar Rauter:

      Vielleicht überrascht es Sie, aber eine "Gemeinnützigkeit der Mobilität" gab es auch vor der Erfindung des Automobils nicht. Und wenn man die Konsequenz Ihrer Einlassung zu Ende denkt, hinsichtlich möglicher Folgeschäden durch neue Technologien betrifft, wäre die einzige Möglichkeit am besten jedwede Innovation sein zu lassen. Dann würden wir zwar möglicherweise immer noch in Höhlen wohnen, müssten uns aber keine Gedanken um zivilisatorische Kollateralschäden machen.

  • Wieso ärgert sich die Konkurrenz? Auf solche Ideen kann man doch kommen, wenn man nachdenkt und Zukunftsplanung betreibt. VW kennt sich sogar mit Sklavenarbeit aus - also wo ist das Problem?

  • Das ist doch da, wo der Deutsche sagt, man will noch ewig Verbrenner verkaufen.

    • @Momo33:

      Der Deutsche ist leider in vielerlei Hinsicht etwas zurückgeblieben und möchte noch weiter zurück

  • Man erweitert seine Geschäfte im Ausland weil man jetzt stark genug ist, oder weil man im Inland zu schwach ist. Bei BYD eher letzteres. Die Eröffnung erinnert mich an die Tesla Schow in Brandenburg.