BKA fahndet nach abgetauchtem Autonomen: Suche nach tätowierten Händen

Der Autonome Johann G. soll mit der Leipzigerin Lina E. Neonazis überfallen haben. Nun sucht ihn das BKA mit einer Öffentlichkeitsfahndung.

Ein Männerhemd ohne Kopf vor einer Wand mit Größenangaben

Da BKA sucht Johann G, der mit Lina E Neonazis überfallen haben soll, findet ihn aber nicht Foto: Westend61/getty Images

BERLIN taz | Das gab es lange nicht mehr: Am Montag veröffentlichte das Bundeskriminalamt (BKA) ein Fahndungsplakat nach dem sächsischen Linksautonomen Johann G. Mit Fotos wird der 30-Jährige nun vom BKA und der Bundesanwaltschaft gesucht – als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und wegen mehrerer politisch motivierter Übergriffe. Verwiesen wird etwa auf seine tätowierten Finger, auf denen „Hate Cops“ stehe. Die Belohnung für Hinweise: bis zu 10.000 Euro.

Das sächsische Landeskriminalamt fahndet schon seit knapp drei Jahren nach Johann G., bislang erfolglos. Der 30-Jährige war der Lebensgefährte der Leipzigerin Lina E., die zuletzt zu fünf Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt wurde wegen Angriffen auf Rechtsextreme in Thüringen und Sachsen zwischen 2018 und 2020. Mitverurteilt wurden drei weitere Linke, gegen weitere Personen wird noch ermittelt. Laut Ansicht der Bundesanwaltschaft soll Johann G. die Gruppe mit angeführt haben. Auch ein früherer Mitstreiter und nun Kronzeuge, Johannes D., hatte das vor Ermittlern ausgesagt.

Schon früher wurde Johann G. wegen politischer Delikte verurteilt und saß dafür in Haft. Nachdem er Anfang 2020 auf Bewährung frei gekommen war, verschwand er. Danach soll sich G. an zwei Angriffen auf den rechtsextremen Eisenacher Kampfsportler Leon R. Ende 2019 beteiligt haben. Nach der ersten Tat hatten Ermittler Blutspuren von ihm am Tatort gefunden. Auch bei einem Angriff auf einen Kanalarbeiter in Leipzig, der eine Mütze mit rechtsextremem Emblem trug, oder auf eine Gruppe von Rechtsextremen in Wurzen soll der 30-Jährige beteiligt gewesen sein.

Anders als Lina E., die im Dezember 2019 festgenommen wurde, ist Johann G. bis heute flüchtig. Zwischenzeitlich soll er sich in Thailand aufgehalten haben. Dann vermuteten ihn Ermittler wieder in Europa, gar in Leipzig. Zuletzt wollen sie ihn dann im Februar in Budapest ausgemacht haben, wo er mit anderen deutschen Autonomen Teilnehmer eines rechtsextremen Aufmarschs angegriffen haben soll.

20 linksextreme Personen dauerhaft abgetaucht

Bereits im Anschluss suchte die ungarische Polizei mit einer Öffentlichkeitsfahndung nach Johann G. und zwei weiteren deutschen Autonomen: Nele A. und den Leipziger Paul M., der ebenfalls zur Gruppe um Lina E. gehören soll. Nun zogen die Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt nach.

Laut Bundesinnenministerium gab es zuletzt, Stichtag März, bundesweit 137 offene Haftbefehle gegen 104 Personen, die dem linken Spektrum zugeordnet werden. Acht Haftbefehlen liege eine terroristische Tat zugrunde, 29 Haftbefehlen ein politisch motiviertes Gewaltdelikt. Nur die wenigsten der Gesuchten gelten allerdings als dauerhaft abgetaucht – dies sollen rund 20 Personen sein, wie zuletzt der WDR berichtete. Auf rechtsextremer Seite bestanden zuletzt 915 offene Haftbefehle gegen 674 Personen.

Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang hatte nach dem Urteil gegen Lina E. vor einem „hohen Gewaltpotenzial und Radikalisierungsniveau in Teilen der linksextremistischen Szene“ gewarnt. Es bildeten sich klandestine Gruppen heraus, die sehr planvoll Attacken „mit äußerster Brutalität“ auf politische Gegner verübten. Es werde auch mit Linksextremen in anderen Ländern kooperiert, die Schwelle zum Terrorismus rücke näher. Gleichzeitig betonte Haldenwang aber, dass die weiterhin größte Gefahr für diese Gesellschaft vom Rechtsextremismus ausgehe.

Die letzte größere Öffentlichkeitsfahndung gegen Linksradikale liegt länger zurück. Im Jahr 2017 hatte die Bundesanwaltschaft neue Fotos der seit Anfang der Neunziger Jahre gesuchten RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette. Sie sollen 1993 den Gefängnisrohbau Weiterstadt gesprengt und zuletzt Überfälle auf Geldtransporter verübt haben. Sie sind bis heute flüchtig. Für Hinweise auf ihren Aufenthalt sind Belohnungen bis zu 80.000 Euro ausgelobt.

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