Autoritäre Klimapolitik: Braucht es den strafenden Vater?
Leute, die wegen ihrer Heizungsidentität konservativ bis rechts wählen, werden durch Klimaaktivisten nicht erreicht. Es braucht eine neue Strategie.
U ngern handele ich mir den Vorwurf ein, meinen Platz hier für persönliche Fortsetzungsromane zu missbrauchen. Doch würde ich ausnahmsweise gern an meine vorherige Kolumne anknüpfen. Sie handelte davon, dass ich glaube, dass der Klimapolitik bisher die richtige Ansprache für die Klientel fehlt, die ich hier einmal Kulturkampf- und Populismus-Opfer nennen möchte. Sicherlich wird die Zukunft aber noch bessere Namen bringen.
Es sind jedenfalls jene Leute, die zur Überzeugung gelangt sind, dass Klimaschutz etwas ist, das nichts mit ihrem Lebenswandel, ihrem So-Sein, ihrem höchst eigenen Existenzentwurf zu tun haben darf. Plant die Regierung zum Beispiel ein Heizungsgesetz, ist es ganz genau die eigene Heizung, so wie sie im Keller steht, um die sich praktisch das ganze Ich herumrankt – meine Heizung, meine Heimat, Finger weg von meiner Heizung!
Dieses Spektakel werden wir voraussichtlich jetzt regelmäßig erleben, denn die jüngsten Landtagswahlen haben gezeigt, wie ertragreich das Mobilisierungsmuster dazu ist – in Bayern gleich für drei Parteien: Freie Wähler, AfD und CSU (die trotz der Erfolge der ersten beiden ja kaum verloren hat).
Meine These ist, dass ganz genau diese Leute, also die zum Beispiel in Bayern wegen ihrer Heizungsidentität die genannten Parteien gewählt haben, durch die bisherigen Kommunikationsweisen des Klimaaktivismus eher nicht erreicht werden oder, um es vorsichtig auszudrücken, nicht sinnvoll erreicht werden.
Keine Klima-Thatcher
Stattdessen, so überlegte ich vor drei Wochen, bräuchte es zur Bedienung des wohlbekannten autoritären Nervs dieser Milieus eine Art Klima-Autoritarismus – im demokratischen Rahmen natürlich, aber jedenfalls die politische Figur des strafenden Vaters, der sagt, was Sache ist, wo der Hase jetzt längs läuft, wo … Sie wissen schon, so ein Durchgreifer, und das Maskulinum steht hier bewusst, Deutschland ist noch nicht reif für eine Klima-Thatcher.
Die Reaktionen auf diese Überlegung waren dann eher negativ. Der Blattkritiker am Montag nach Erscheinen, der Kollege J., schaute mich freundlich, aber schief von der Seite an und wählte ein biografisches Bild: „Kein strafender Vater – sondern strenge Mitbewohner“ seien es in seinem Fall gewesen, die ihn zur Klima-Räson gebracht hätten. Nun gehört J. natürlich sowieso nicht zur beschriebenen Zielgruppe, und ich habe auch nicht nachgefragt, vermute aber, das sollte bedeuten: Ja, erzieherische Maßnahmen sind nötig, aber dafür braucht es keine Eltern, das schafft auch das Kollektiv.
Ein ganz ähnlicher Gedanke sprang mich tatsächlich in derselben Woche aus dem neuen Buch des Kollegen Christian Jakob an, „Endzeit“ heißt es, ist komplett empfehlenswert und handelt von Klima-Apokalyptik, also von der Frage, wie berechtigt Untergangsängste sind und wie ihnen zu begegnen wäre.
Ganz am Schluss kommt er auf die Frage, wie den Anhängern „autoritärer Krisenantworten“ zu begegnen sei, also denen, die auch in Klimaschutz nur irgendeine Elitenverschwörung erkennen mögen. Jakob schreibt, eine „Suche nach ‚gemeinsamen Welten‘ und Formen solidarischen Zusammenwirkens“ müssten möglich sein, und, mit der Philosophin Eva von Redeker: „das Teilen üben“.
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Nun erkenne ich aktuell nicht, dass die CSU-, Freie-Wähler- und AfD-WählerInnen schon angefangen hätten, das Teilen zu üben. Wahrscheinlich richtet sich die Aufforderung aber auch erst mal an die Leserin, das Kollektiv zu pflegen, teilende und umverteilende Praktiken zu entwickeln. Da bin ich doch gern dabei. Bin gespannt, wie die kulturkämpferisch-populistische Mehrheit in Bayern zum Beispiel über die Vorschläge Vermögens- oder Erbschaftsteuer denkt.
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