Autokraten wie Xi, Putin oder Trump: Nicht den Mut verlieren
Autokraten mögen mächtig sein. Aber einer menschlichen Beurteilung über ihre Verbrechen entkommen sie nicht. Die Welt ist unbezwingbarer als sie glauben.
K aum hatte der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen gegen Wladimir Putin verhängt, schon machte sich Chinas KP-Chef Xi Jinping auf nach Moskau zum Freundschaftsbesuch. Mit Chinas Unterstützung für Putin wird die Internationale Gemeinschaft erst recht keine Chance haben, den Haftbefehl jemals umzusetzen. Es wäre ohnehin eine Weltpremiere, auf die wir wohl lange warten müssen.
Doch nicht nur Putin drohen die Richter. Auch gegen den Ex-Präsidenten der USA, Donald Trump, steht vermutlich ein baldiges Verfahren an. Ein gefundenes Fressen für die KP-Propaganda. China werde niemals das westliche Modell, darunter unabhängige Justiz, kopieren. Man kenne eine bessere Demokratie, bei der das Volk von Anfang bis Ende demokratisch lebe. Seltsam nur: Gewählt wird niemals. Nicht ein Gericht, sondern die Partei bestimmt, wer aufgrund welchen Verbrechens mit welchem Strafmaß verurteilt wird. Noch wissen wir nicht, was Trump bevorsteht. Sicher ist jedoch, dass Xi davon wenig erfahren möchte, schon gar nicht am eigenen Leibe.
Doch die Welt ist unbezwingbarer, als Autokraten es sich offensichtlich einbilden. Noch so mächtig mögen diese Männer in der Vergangenheit gewesen oder noch immer sein. Einer grundmenschlichen Beurteilung, ob sie Verbrechen begangen haben oder nicht, entkommen sie nicht. Nicht einmal in dieser verunsicherten Welt, wo so viele schon davon reden, dass es nicht nur keine Kategorie „richtig“ oder „falsch“ mehr gebe, sondern auch kein „faktisch“ oder „fake“.
Trump wie Putin sind verrufen auch für ihre Dreistigkeit, Tatsachen zu verdrehen: Aus Aggression gegen die Ukraine wurde laut Putin ein Feldzug gegen den Faschismus und gegen eine Osterweiterung der Nato. Aus blanker Missachtung der Rechtstaatlichkeit durch einen Massenmob gegen das legitime Parlament wurde laut Trump ein „patriotischer“ Aufstand derer, die fürchteten, ihnen würde ihr Land genommen werden. Nun wird klar, dass dieser Dreistigkeit Einhalt geboten werden sollte. Wichtiger noch: Der Dreistigkeit wird Einhalt geboten.
Putin erleidet Verluste und Niederlagen
Nicht, dass die pure Moralität obsiegt. Eine politische Realität erzwingt den Etappenerfolg. Putin erleidet auf dem Schlachtfeld in der Ukraine Niederlagen. Mittlerweile positioniert sich in Europa Russlands letzter slawischer Bruder Serbien gegen Moskau und liefert Raketen an die Ukraine, um die Aggressoren zurückzuschlagen. In Asien ist es Pakistan, das die Ukraine mit Militärhilfe unterstützt.
Trump wurde 2020 nicht wiedergewählt. Seitdem hört in den USA der Versuch niemals auf, mit juristischer, politischer und zivilgesellschaftlicher Bemühungen die „fake-reality“, die Trump vier Jahre lang nach Kräften verbreitete, zu korrigieren. Die viel beschworene Spaltung der US-Gesellschaft bis in einen quasi Bürgerkrieg hinein, wie einige der Trumpisten es immer wieder an die Wand malen, bleibt soweit aus. Hingegen verschärft sich die Spaltung des republikanischen Lagers. Diese Realität lässt hoffen, dass weder der Haftbefehl noch die anstehende Anklage in den USA papierner Natur bleiben wird.
Bei aller Verbitterung dürfen all jene, die den Mut aufbringen, gegen Unrecht zu kämpfen, genau diesen Mut nicht verlieren. Unsre Hoffnung ist nicht, dass die Welt jemals dauerhaft besser wird. Unsre Hoffnung ist, dass wir unermüdlich dafür eintreten und unerschrocken allen, die mächtig in ihrer Dreistigkeit erscheinen, entgegentreten. Es ist kein hohles Versprechen, dass die Gerechtigkeit am Ende siegt. Es ist aber eine ermutigende Aussicht, dass wir solch einen Sieg erringen können. Es liegt an uns, uns allen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut