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Autoindustrie bedroht aus ChinaKaum Saft aus rein europäischen Batterien

Produzenten kommen fast nur noch aus China und Korea. Das gefährdet laut einer Studie die Souveränität und die Versorgungssicherheit hiesiger Autokonzerne.

Batterien aus heimischer Produktion gibt es kaum, die meisten sind chinesische Importware Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Berlin taz | Kurz vor der Eröffnung der Automesse IAA in München weist eine neue Studie auf eine große Schwäche von Europas Fahrzeugindustrie hin: Die Abhängigkeit von E-Auto-Batterien aus China gefährdet nach Einschätzung der Unternehmensberatung Deloitte sowohl die technologische Souveränität als auch die Versorgungssicherheit hiesiger Hersteller. Nach Deloitte-Berechnungen stammten 2024 lediglich 13 Prozent der weltweit hergestellten Batterien aus europäischen Fabriken, doch dabei handelte es sich zum allergrößten Teil (97 Prozent) um Zweigwerke chinesischer und südkoreanischer Hersteller. Lediglich ein einziger Hersteller in der EU produzierte laut Studie eigene Batterien – und auch nur für den Eigengebrauch. 70 Prozent der weltweit hergestellten E-Auto-Batterien kommen laut Deloitte derzeit aus China.

Dabei dürfte der Umsatz mit E-Auto-Batterien allein in Europa von 2024 bis 2030 von gut 16 auf 54 Milliarden Euro steigen. Weltweit ziehe der Elektroanteil an allen verkauften Pkws zeitgleich von 18 auf 43 Prozent an. Wenn Europa nicht aufhole, könnte das erwartete Wachstum des E-Auto-Markts die Abhängigkeit von Herstellern aus China und anderen asiatischen Ländern noch zementieren.

Um eine mitbestimmende Rolle auf dem Weltmarkt zu spielen, müsste der europäische Weltmarktanteil an der E-Auto-Batterieproduktion jedoch bei mindestens 40 Prozent liegen. Das sei wichtig, denn: „Als teuerste Komponente bestimmt die Batterie den Preis, die Fahrzeugleistung und die Reichweite“, so Deloitte.

Die asiatischen Produzenten hätten mittlerweile eine „regionale Monopolisierung“ des Weltmarkts erreicht. Damit einhergehen könnte im schlechtesten Fall auch ein beschränkter Zugang zu moderner Batterietechnologie. Die Autoren verweisen mit Sorge auf die zahlreichen gescheiterten oder verschobenen Baupläne europäischer Batteriefabriken. Prominentestes Beispiel in Deutschland ist die Pleite des schwedischen Herstellers Northvolt, der in Schleswig-Holstein bereits mit dem Bau einer großen Fabrik begonnen hatte.

IAA mit 750 Herstellern

Mit rund 750 Ausstellern soll vom kommenden Dienstag bis Sonntag die IAA in München stattfinden, eine der größten Autoshows Europas. Nicht mehr dabei: der schwächelnde US-Autobauer Tesla, dafür aber der Technologieriese Google und die immer selbstbewusster auftretenden Hersteller aus China. 116 sollen es werden. Der derzeit größte E-Autobauer BYD weltweit ist ebenso vertreten wie der Hersteller Chery, der die Gründung deutscher Niederlassungen seiner Tochtermarken Omoda und Jaecoo ankündigte.

Attac will am Dienstag einen Autosaurus im Münchener Messesee versenken

Und natürlich die deutschen Konzerne, die nach Jahren der Stagnation wieder aufholen wollen. Mercedes kündigte an, auf der IAA nichts weniger als eine „neue Ära der Elektromobilität“ einläuten zu wollen – unter anderem mit der Weltpremiere des Elektro-SUV GLC. BMW wiederum nannte den neuen mittelgroßen SUV iX3 „eine der bedeutendsten Modellneuheiten“ in der Geschichte des Konzerns. Der VW-Konzern setzt derweil auf erschwinglichere Elektromodelle „für alle“. Dafür wird der ID.2 auf der IAA als ID.Polo vorgestellt.

Daran, dass die Zukunft der Branche maßgeblich von Elektromotoren angetrieben wird, gibt es nach Einschätzung von Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer keinen Zweifel mehr. „Das schräge Vorurteil, die deutschen Autobauer hätten die Elektromobilität verschlafen, geht schon lange an der Realität vorbei“, betont er und hebt hervor, dass sich die Preisschere zwischen E-Autos und Verbrennern in diesem Jahr bereits deutlich verringert habe.

Begleitet wird die IAA erneut von Protesten. So will etwa Attac am Dienstag einen „Autosaurus“ im Münchener Messesee versenken. Für Samstag kommender Woche ist eine Demonstration des Bündnisses „#noIAA“ geplant.

BMW-Chef Oliver Zipse hat indes den von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) angekündigten Autogipfel im Kanzleramt begrüßt. „Wir kommen aus einer Zeit, in der die Industrieposition eigentlich nicht wahrgenommen wurde“, sagte Zipse dem Portal Politico. Von der Politik forderte der Unternehmenschef bessere Rahmenbedingungen, etwa bei der Ladeinfrastruktur und beim Strompreis. „Das können wir nicht komplett alleine machen.“

Kaufprämien dagegen lehnte der BMW-Chef ab: „Wir sind immer gegen Kaufprämien, es ist eine Verzerrung des Marktes. Sobald die Politik sie nämlich rausnimmt, bricht der Markt zusammen. Das haben wir live in Deutschland erlebt.“ Merz hatte am Mittwochabend nach dem Koalitionsgipfel im Kanzleramt einen Stahl- und einen Autogipfel angekündigt. Die Autoindustrie leide derzeit „massiv“. (mit Agenturen)

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12 Kommentare

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  • Die europäischen Autobauer haben sich schlicht verrechnet. Sie dachten lange, billige Batterien aus Asien einfach in ihre Marktbeherrschungsmobile einzubauen - und damit auf ewig gute Margen produzieren zu können, ohne in Batterietechnik investieren zu müssen. Das Konzept geht gerade mächtig schief - und der eine oder andere wird als Filiale eines chinesischen Komplettanbieters enden.

  • Der Treppenwitz ist ja, diese sogenannten "Seltenen Erden" sind gar nicht selten, sondern ziemlich gleich verteilt auf der Welt, warum man hierzulande und in Europa diese nicht abbaut liegt einzig und allein an den Umweltauflagen und der damit Verbundenen Bürokratie und kosten.



    Und da ist die Krux, sind denn E-Autos Umweltfreundlich, wenn die Rohstoffe dafür ohne Rücksicht auf die Umwelt abgebaut werden?



    Umweltschützer hierzulande werden einen Abbau nicht sehen wollen, aber das E-Auto aus China oder mit dem Akku aus China, ja das ist dann aber gern gesehen, denn es ist ja "Umweltfreundlich", da man ja hier nicht sieht, was wo anders geschieht!

    • @udo123:

      Fördern kann man viel. Das Problem ist die Verarbeitung. Auf diesen Gebiet hat China fast ein Monopol. Die Verarbeitung ist nicht einfach und China hat schon vor langer Zeit angefangen, die notwendigen Technologien zu entwickeln und vor allem die nötigen Fachleute auszubilden. Während in China jährlich tausende Ingenieure auf diesem Gebiet ausgebildet werden, liegt diese Zahl meines Wissens nach in Deutschland bei Null.

    • @udo123:

      Die Seltenen Erden sind zwar nicht selten, aber ungleich verteilt auf der Welt.



      In Europa gibt es wohl auch einige Vorkommen, die aber zum Teil noch nicht erschlossen sind oder bei denen der Abbau sich kaum lohnt. Letztlich auch eine Kostenfrage, wobei vermutlich die Arbeitskosten im Vergleich zu Asien, Afrika, Südamerika problematisch sein könnten.

  • Die Batterien kommen aus Ländern, wo die Umweltauflagen sehr gering sind, die Personalkosten der Arbeiter etwa 1/6 der in Deutschland sind, und die Energiekosten etwa 1/3 sind. Die technischen Fähigkeiten in der Produktionstechnik entsprechen aber denen in Deutschland. Die Rohstoffe für die Batterien sind dort um die Ecke vorhanden. Wie bitte will man da konkurrieren? Wenn wir in Europa noch eine Chance haben, dann nur mit viel mehr Innovationen, die man auf die Straße bringt. Innovation heißt vor allem „machen“. Dazu braucht es Kapital, wenig Bürokratie und der Wille neue Wege zu gehen. Ich habe das Gefühl, dass wir in Deutschland zu satt sind, überall Risiken sehen und hauptsächlich unseren Reichtum verwalten. Arbeiten im öffentlichen Dienst ist attraktiver, als sich selbstständig zu machen. Aber es ist nicht der Staat der das Geld verdient und es ist auch nicht der Staat der unsere Zukunft sichert.

  • Wir haben so viele Auflagen, Vorschriften und Bürokratie, dass es mich wundern würde, wenn neue Technologien jemals wieder in Deutschland zur Produktion kämen. Baut dann doch jemand ein Werk, zieht sich dies durch weiter Auflagen und Proteste ins fast Unendliche.



    Nein, Deutschland ist kein wirtschaftlich interessanter Standort, mehr, und immer mehr Firmen wandern ab. Ich frage mich, mit welchem Geld man eigentlich diesen Sozialstaat künftig finanzieren will.

  • Vor ca. 10 Jahren haben es Bosch, Siemens und Co. abgelehnt in die Batterieforschung und Produktion einzusteigen. Zu teuer, zu ineffizient. Außerdem mußten ja erst mal die Aktionäre am Jahresende bedient werden. Ja und jetzt jammern wegen zu großer Abhängigkeit.

  • Für funktionierende Gigabatteriefabriken benötigen wir zwingend eine Rohstoffversorgungsstrategie.



    Das bedeutet auch wir benötigen maßive Investition in den Abbau von z.B. seltenen Erden direkt in Europa.



    Dafür müssen müssen die bisher bürokratischen und hinderlichen Vorschriften endlich angepasst werden, sonst wird das nichts mit der Batterieproduktion.



    Denn technisch betrachtet ist die Produktion von Batterien keine Raketenwissenschaft!

  • Ein mögliches Ende der deutschen Autoindustrie wäre eine Chance zum Umdenken in Politik und Gesellschaft. Hoffen wir, dass es klappt.

    Wahrscheinlicher ist leider, dass die deutschen Autoindustrie gemäß PatientInnenverfügung noch lange am Tropf hängt, wider all dem Gerede von Marktwirtschaft und/oder Energiewende.

    • @DemokratischeZelleEins:

      Ihre Worte möchte ich hören, wenn die Autoindustrie am Boden liegen sollte, dem Staat Milliarden an Steuern und Einnahmen fehlen, und das Geld nicht mehr für diesen "Sozialstaat" reicht. Was sagen sie dann, außer "von oben nach unten verteilen"?

    • @DemokratischeZelleEins:

      Sie wissen schon. das bei VW ein Mitarbeiter in der Produktion ca 55.000 € plus Zuschlägen verdient. Und 7% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten arbeiten in der Automobielindustrie. Dann mal bitte Ausrechnen, was es kostet wenn die alle arbeitslos werden.

  • Die deutschen Automobilkonzerne könnten doch dieses „Schnäppchen" in Dithmarschen übernehmen...