Außenministertreffen in Brüssel: „Europa spricht nicht die Sprache der Macht“
EU-Chefdiplomat Borrell kritisiert die zögerliche Außenpolitik der EU. Sein Vorschlag, den Dialog mit Israel auszusetzen, stößt auf wenig Zustimmung.
Doch über die katastrophale Lage in Gaza mit mehr als 40.000 toten Palästinensern redeten die EU-Politiker eher widerwillig. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach sich gegen Borrells Vorstoß aus – man müsse „Gesprächskanäle offen halten“, betonte sie.
Umso leidenschaftlicher diskutierten die EU-Politiker über die Lage in der Ukraine und die überraschende Wende in der US-Strategie: Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit im Januar hat der scheidende US-Präsident Joe Biden offenbar den Einsatz weitreichender amerikanischer Waffen für Angriffe innerhalb Russlands erlaubt. Die meisten EU-Länder signalisierten Zustimmung.
Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine sei dies „so wichtig in diesem Moment“, sagte Baerbock. Selbstverteidigung bedeute, dass die Ukraine nicht abwarten müsse, bis eine Rakete in einem Kinderkrankenhaus einschlage. Vielmehr müsse man „diesen militärischen Terror“ auch bereits beim Abschuss zerstören können. Da ist sie sich sogar mit Borrell einig.
Nationale Entscheidungen
Der EU-Außenbeauftragte forderte die Mitgliedsstaaten dazu auf, der USA zu folgen. „Immer wieder habe ich gesagt, dass die Ukraine in der Lage sein sollte, die von uns gelieferten Waffen zu nutzen, nicht nur um die Pfeile zu stoppen, sondern auch um die Bogenschützen zu treffen“, sagte der Spanier.
Allerdings ist die EU gar nicht zuständig. Über die Lieferung und Freigabe von Waffen entscheiden die Mitgliedsländer allein. So will Deutschland auch künftig keine Taurus-Systeme an die Ukraine liefern. Zudem ist unklar, wie weit Bidens Entscheidung geht. „Wir kennen nicht die genauen Zahlen der (amerikanischen) Raketen, die die Ukraine im Bestand hat“, sagte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis.
„Es stellt sich die Frage, ob sie mit genügend Raketen ausgestattet sind, um einen Unterschied auf dem Schlachtfeld zu machen.“ Feierstimmung wollte auch sonst nicht aufkommen. Dafür ist die Weltlage zu ernst, und die EU zu schwach, wie Borrell einräumte. Die Europäer sprächen immer noch nicht „die Sprache der Macht“, sagte er zum Abschied in Brüssel.
Sein letzter Rat: „Haltet besser zusammen, trefft schnellere Entscheidungen.“ Denn die Welt warte nicht auf Europa – weder in der Ukraine, noch in Israel.
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