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Ausbau der Autobahn 49Der „Danni“ ist geräumt

Die Besetzung des Dannenröder Forsts in Hessen ist aufgelöst. Der Protest gegen A49-Ausbau soll weitergehen.

Letzte Schneeballschlacht im Dannenröder Forst Foto: Nadine Weigel/dpa

taz/dpa | Die Polizei hat im Dannenröder Forst in Hessen das letzte verbliebene Camp von Gegner:innen der Autobahn 49 geräumt, teilte die Polizei am Dienstagnachmittag mit. Jetzt müssten noch die Bauten entfernt werden, sagte ein Polizeisprecher.

Damit stehen auch die Rodungsarbeiten für den Weiterbau der A49 vor ihrem Abschluss. Die Aktivst:innen kündigten an, ihren Protest gegen den Autobahnausbau trotzdem fortzusetzen.

Der Großeinsatz der Polizei und die Rodungen für die neue Autobahntrasse begannen am 10. November. Im Oktober waren bereits im Herrenwald bei Stadtallendorf sowie im Maulbacher Wald bei Homberg Bäume gefällt worden – insgesamt geht es nach Angaben der Projektgesellschaft Deges um eine Rodungsfläche von rund 85 Hektar.

Umwelt- und Klimaschützer:innen hatten den Dannenröder Wald, der das Zentrum der Proteste ist, vor mehr als einem Jahr besetzt, um die Abholzungen zu verhindern und für eine klimafreundliche Verkehrswende zu demonstrieren.

Ermittlungen gegen einen Polizisten und einen Unbekannten

Befürworter:innen des Autobahnausbaus erhoffen sich weniger Verkehrsbelastung in den Dörfern der Region sowie eine schnellere Anbindung. Die Autobahn soll einmal Kassel und Gießen besser verbinden. Das Projekt ist im Bundesverkehrswegeplan für 2030 festgeschrieben, den der Bundestag 2016 beschlossen hat.

Aktivist:innen und Polizei schätzen den Räumungseinsatz erwartungsgemäß unterschiedlich ein. Sie lieferten sich am Dienstag einen Schlagabtausch per Video auf Twitter.

„Seit dem ersten Oktober gewährleisten wir hier die Versammlungsfreiheit, die in unterschiedlichster Form ausgelebt wurde“, sagte ein Sprecher der Polizei in einer Videobotschaft an die Presse. „Außerdem haben wir sowohl die Fällarbeiter, als auch die Bauarbeiter geschützt.“

Über den Twitter-Account der Waldbesetzung schickte ein Aktivist ein Video, in dem er den Einsatz kritisierte. „Die Cops, die die Zerstörung schützen, stehen auf der falschen Seite der Geschichte“, sagte er.

Die Aktivist:innen kritisieren den Polizeieinsatz seit Beginn als brutal. Ein Vorfall Mitte November löste einen Skandal aus. Eine Aktivistin stürzte aus fünf Metern Höhe auf den Waldboden und zog sich schwere Verletzungen zu. Verursacht soll das ein Polizist haben, indem er ein Sicherungsseil durchtrennte.

Die Polizei stritt den Zusammenhang zunächst auf mehreren offiziellen Kommunikationswegen ab und gab an, Einsatzkräfte hätten den Vorfall nur aus der Distanz beobachtet. Nun ermittelt die Gießener Staatsanwaltschaft gegen den Polizisten wegen „fahrlässiger Körperverletzung im Amt“.

Es wird allerdings auch nach einem Unbekannten gefahndet, der Polizeikräfte und einen Baggerfahrer gefährdet haben soll. Er durchtrennte ein Seil, das eine Holzkonstruktion hielt, die daraufhin umfiel. Verletzt wurde niemand. Ermittelt wird jetzt wegen versuchten Totschlags.

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9 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Haben sich die hessischen Grünen nach diesem Desaster aufgelöst? Das wäre das einzig Richtige!

  • Polizei in unübersichtlicher Situation. (Sicherungs?)-Seil über 30m gespannt, daher sehr umsichtiges Verhalten der Polizei notwendig. Ob das eingehalten wurde wird untersucht.

    vs.

    massiver Duopod (Stamm 10 Meter lang? Wenn einen der trifft, braucht man auch keinen Helm mehr) falls ein "Aktivist" das Seil durchtrennt hat, war er sich der Wirkung wohl bewusst. Falls sich das Seil von alleine gelöst hat war es sehr fahrlässig von denen die den Duopod aufgebaut haben. Ich bewundere da schon die Technik, wie man sowas ohne Maschinenhilfe aufgestellt bekommt. Also ich sehe da keine Verkettung von Zufällen.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    sicherungsseil durchtrennt - schwere verletzung durch absturz - ermittlung wegen fahrlässiger körperverletzung



    vs.



    sicherungsseil durchtrennt - keine verletzung - ermittlung wegen versuchtem totschlages

    vor dem gesetz sind alle gleich, nur manche sind gleicher?

    • @90118 (Profil gelöscht):

      Gut erkannt.

      Der Polizist hatte den Job, den Wald zu räumen, dass an dem Seil ein Mensch hing war nicht absehbar, ergo fahrlässig.

      vs.

      Sicherungsseil durchtrennt um vermutlich den Bagger durch das umstürzende Duopod aufzuhalten, Mensch sitzt drin, ergo versuchter Totschlag.

      Geht doch. Alle sind gleich.

      • @DiMa:

        Der Polizei war zu diesem Zeitpunkt der Räumung bekannt, dass es lebensgefährlich sein kann, gespannte Seile zu durchtrennen. In einem anderen Fall wurde durch einen Polizisten ein Seil in Schwingung versetzt mit dem Ergebnis, dass eine Aktivist*in von einer daran befestigten Palette abrutschte. Das macht die Aktion mit dem umgestürzten Duopod nicht besser, aber sollte der Vollständigkeit wegen erwähnt werden.

        • @J. Straub:

          Aus der allemeinen Erkenntnis, dass sich Aktivisten in abenteuerliche Konstruktionen gehängt haben, folgt noch nicht das konkrete Wissen, dass auch in diesem Seil jemand hing. Daher bleibt es bei Fahrlässigkeit.

          • @DiMa:

            Entschuldigung, aber die Polizei hat sich doch zu diesem Zeitpunkt bereits seit längerer Zeit im Wald "getummelt". Da kann mir keiner erzählen, dass man nicht zumindest gewusst hat, dass es gefährlich sein kann und man damit rechnen muss, dass jemand fällt, wenn man ein Seil durchtrennt. Um dieses Risiko zu erkennen, reichte es doch, sich die Videos bei YouTube oder ähnlichen Medien zu betrachten. Dort vor Ort dürfte diese Gefahr noch klarer erkennbar gewesen sein.

    • @90118 (Profil gelöscht):

      Es kommt bei sowas auf die Motivation an. Der versuchte Totschlag dürfte aber als versuchte Körperverletzung enden.

    • @90118 (Profil gelöscht):

      // sicherungsseil durchtrennt - keine verletzung - ermittlung wegen versuchtem totschlages //

      Das hat nix mit „gleicher“ zu tun. Tatsache ist/war, dass dieses bewusst durchgetrennte Sicherungsseil durch „einen Aktivisten“ Stämme hat umfallen lassen unter den Polizisten standen die sich gerade mal so in Sicherheit bringen konnten.



      Also bitte mal etwas mehr Recherche.