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Aufweichung des KlimaschutzgesetzesGrüne, sagt Nein!

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

Die FDP will vom Klimaschutz entbunden werden. Die Grünen, die in der Ampel viele Kompromisse gemacht haben, müssen endlich einmal hart bleiben.

Es geht um alles oder nichts im Regierungshandeln Foto: Dirk Sattler/imago

S ie sind so was wie die Helden des demokratischen Diskurses. Anders als andere Parteien der Ampel handeln die Grünen Kompromisse aus, die ihre Kernklientel wirklich verschrecken: siehe Abbaggerung des Kohledorfes Lützerath, siehe Laufzeitverlängerung von drei AKWs bis Mitte April. Und, und, und. Die Leidensfähigkeit der Abgeordneten muss immens sein, alle möglichen Kröten schlucken die grünen Abgeordneten – mit wenigen AbweichlerInnen.

Und erneut geht es um do or die („leben oder sterben“) im Regierungshandeln: das Klimaschutz-Sofortprogramm für den Verkehrssektor. Klingt sperrig, ist aber superwichtig. Die CO2-Emissionen sind hier seit den 90ern kaum gesunken, zuletzt sogar wieder gestiegen. Die Partei, die in der Koalition bislang erstaunlich wenig Kompromisse eingehen musste, bockt in persona von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) erneut. Anders als gesetzlich vorgeschrieben will er kein Sofortprogramm abgeben, um die Emissionen zu senken. Das Gesetz dazu soll ja eh geändert werden. Und das Kanzleramt scheint das Brechen der eigenen Gesetze einfach abzunicken.

Einigen Grünen-Abgeordneten platzt da der Kragen – es sind aber noch viel zu wenige. Genau wie schon oft die Liberalen sollte die Fraktion diesmal betonhart bleiben. Im Verkehr muss schnellstens gehandelt werden, weil der Bereich auch 2022 seine Ziele gerissen hat. Das meint auch der von der Bundesregierung eingesetzte Klimarat. Dass mit der geplanten Reform des Gesetzes die CO2-Grenzen für jeden einzelnen Sektor aufgeweicht werden sollen, ist schwierig für das Klima.

Dass die FDP damit vor allem vom Klimaschutz entbunden werden will, statt ihn voranzubringen, machen die aktuellen Aussagen offensichtlich. Nicht wenige warnen deshalb, dass das neue Gesetz den Paris-Zielen und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2021 widersprechen. Noch ist das Vorhaben aber nicht durch den Bundestag. Also, liebe Grüne: Macht das nicht schon wieder mit!

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.