Aufenthaltsverbot im James-Simon-Park: Verbote statt Ideen
Mitte schließt wegen Krawallen von Jugendlichen den James-Simon-Park. Der grüne Bezirksbürgermeister betreibt damit reine Symbolpolitik.
E s ist die konservative Law-and-Order-Antwort auf soziale Probleme. Da es in den vergangenen Wochen im James-Simon-Park wiederholt erst zu Überfüllungen und dann zu Auseinandersetzungen zwischen feiernden Jugendlichen und der Polizei kam, wird der Aufenthalt im Park von nun an abends ab 20 Uhr verboten. Schon davor soll die Polizei Musik- und Alkoholverbote durchsetzen, ansässige Gaststätten sollen auf den Außerhausverkauf von Alkohol verzichten.
Die Symbol- und Ordnungspolitik kommt ausgerechnet vom Grünen-Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel, also von jener Partei, die aus Berlin so gern ein grünes Bullerbü mit hoher Aufenthaltsqualität machen will. Von jener Bezirkspartei auch, deren Umweltstadträtin zuletzt Musikveranstaltungen im Strandbad Plötzensee verboten hat. Wer aber legale Partyorte verhindert und dann die Parks als Ausweichorte schließt, beweist keine Politikfähigkeit. Wer keine Ideen hat, regiert mit Verboten.
Nach wiederholten nächtlichen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei hat Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) angekündigt, den James-Simon-Park gegenüber der Museumsinsel ab 20 Uhr für die Öffentlichkeit zu sperren. Zudem sollen ab Freitag Bezirksamt und Polizei ein Alkohol- und Musikvebrot durchsetzen. Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei begrüßte, dass der Bezirk seiner Verantwortung gerecht werde, um die „lautstarken Partyexzesse“ und die daraus resultierenden Übergriffe auf Polizisten zu verhinder. Kritik an der „sinnlosen Symbolpolitik“ äußerte hingegen der Vorsitzende der SPD Mitte, Yannick Haan. In der Nacht zum vergangenen Sonntag war der kleine Park mit bis zu 2.5000 Besuchern gefüllt, Polizisten wurden mit Steinen und Flaschen beworfen- (taz/dpa)
Dass es zuletzt tatsächlich zu unschönen Gewaltexzessen kam, als die Polizei spätabends zur Räumung anrückte, macht das Verbot nicht sinnvoller. Wenn der Aufenthalt auf der Wiese verboten wird, werden die Menschen sich die nächste suchen, womöglich schon den unmittelbar angrenzenden Monbijoupark. Kommt es dann dort oder anderswo zu Problemen, stellt sich unweigerlich die Frage: Wie viele Parks sollen geschlossen werden? Wann stößt die Polizei an ihre Belastungsgrenze?
Die Polizei rückte zumeist dann an, wenn die Situation schon unkontrollierbar war. Dabei hätte man auch früher intervenieren können, notfalls auch das Alkoholverbot durchsetzen können. Lieber aber wählt von Dassel den Holzhammer, eine Rolle, die ihm offensichtlich gefällt. Südeuropäische Obdachlose im Tiergarten wollte er einst einfach abschieben. Eine Antwort auf soziale Probleme, und wenn es nur trinkende Jugendliche nach anderthalb Jahren Pandemie sind, hat er nicht.
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