Auf kurzen Frühling folgt der Kommerz: Falscher Film
Absurd: Mitten in der Stadt schafft Hamburg ein Angebot, das verbindlich vorsieht, das Auto mitzubringen.
![Platz in der Hamburger Innenstadt aus der Luft Platz in der Hamburger Innenstadt aus der Luft](https://taz.de/picture/4187899/14/131971754-1.jpeg)
E s war wie in den Erzählungen aus Berlin. Wo den Leuten das Tempelhofer Feld zugefallen war – und nicht weitergereicht wurde an die üblichen Verdächtigen mit den erwartbaren Interessen. Nun also hatte auch Hamburg, der Pandemie sei Dank, überraschend eine Fläche ohne feststehende Nutzung.
Denn der eigentlich anstehende Frühlingsdom fiel ja aus. Und noch dazu war die früher ja ganz schön verwahrlost wirkende Fläche gerade saniert worden, ist also schön nutzbar für alles, was Rollen hat, zum Beispiel.
Und so zeigte sich dort, mit dem Frühlingswetter, ein ganz ungewohntes Bild: Familien kamen, man möchte annehmen, auch solche, die sonst auf engem Raum auskommen müssen. Kinder, noch stützradbedürftig, übten unsicher auf ihren kleinen Fahrrädern; ihre etwas älteren Geschwister brachten Skateboards mit und ferngesteuerte Modellautos, und ja, es wird auch mal ein Grill angefeuert worden sein.
Es war ein kurzer Frühling der Utopie, ein Verschnaufen des Verwertungsgedankens, wie er sich gleich nebenan, auf dem Investoren überlassenen Feldstraßenbunker, schon wieder so deutlich in den Himmel reckt. Wie wohltuend, dass die Kaufmannsstadt mit den stetig kletternden Grundstückspreisen da einfach etwas geschehen zu lassen schien.
Schien, genau. Denn der Frühling ist ja schon wieder vorbei. Und natürlich gibt es auch Argumente fürs Autokino, das da nun die nächsten drei Monate lang steht: Dem Zeise-Kino etwa seien die Euros gegönnt, nach Monaten ohne eine einzige Vorstellung.
Andererseits: Jede Nutzung schiene sinnvoller auf einem so zentralen Platz, als eine, die verbindlich vorsieht, das Auto mitzubringen. Wer ohnehin motorisiert mobil ist, der wäre auch an die Peripherie zu locken.
Und jedes freie Fleckchen schnellstmöglich einzuengen auf seine Tauglichkeit für ein paar weitere Geschäfte: Dieser Film ist auch schon ganz schön alt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm