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Asylbewerber in SchwedenRegierung plant Massenausweisung

Fast die Hälfte der Asylanträge sollen in Schweden abgelehnt werden. Damit müssen bis zu 80.000 Menschen in ihr Land zurückkehren.

Die Migrationsbehörde soll die Ausweisungen vorbereiten. Foto: reuters

Stockholm dpa | Schweden bereitet nach Angaben einer Zeitung die Massenausweisung von Zehntausenden Asylbewerbern vor. „Ich glaube, dass es sich auf jeden Fall um 60.000 Personen dreht, aber es können auch bis zu 80.000 werden“, zitierte Dagens Industri in der Nacht zum Donnerstag Schwedens Innenminister Anders Ygeman.

Die Regierung habe Polizei und Migrationsbehörde den Auftrag erteilt, die Ausweisungen vorzubereiten. Bis zum Jahresende 2015 hatten mehr als 160.000 Menschen Asyl in Schweden gesucht. Nach Schätzungen der Regierung würden rund 45 Prozent von ihnen abgelehnt, hieß es.

„Wir haben eine große Herausforderung vor uns“, sagte Ygeman Dagens Industri. „Dafür müssen wir die Ressourcen erhöhen und die Zusammenarbeit zwischen den Behörden verbessern.“ Zunächst wolle man gute Voraussetzungen für eine freiwillige Rückkehr der Asylbewerber schaffen. „Aber wenn wir das nicht schaffen, muss es eine Rückkehr mit Hilfe von Zwang geben“, sagte er den Angaben zufolge.

Laut Regierung gebe es „ein bedeutendes Risiko“, dass große Gruppen in den Untergrund verschwinden. Darauf bereite sich die Polizei etwa mit dem Ausbau der Grenzpolizei und mehr Ausländerkontrollen im Land vor. „Ich glaube, wir werden mehr Charterflugzeuge sehen, vor allem in EU-Regie“, sagte Ygeman. Die Regierung verhandelt nach Angaben von Dagens Industri unter anderem mit Afghanistan und Marokko über die Rückkehr von Flüchtlingen aus diesen Ländern.

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29 Kommentare

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  • Asylrecht und Flüchtlingsstatus sind offiziell ganz anders definiert als sie in den verschiedenen Ländern gehandhabt werden.

     

    Wer natürlich in den entsprechenden Ländern durch aktive Unterstützung von zweifelhaften Milizen bzw. Nichtverhinderung der Unterstützung noch üblerer Milizen die Fluchtursachen ganz massiv selber fördert, muss bei der Handhabung des sich daraus ergebenen Problems der Massenflucht andere Maßstäbe anlegen als ansonsten international üblich.

     

    Was sollen die Schweden machen, wenn plötzlich woanders in der Welt eine Diktatur ausrastet oder ein Bürgerkrieg losbricht? Deutschland wird sagen "Sorry, wir sind mit den Syrern schon überbelegt, unser sozialer Friede und unsere demokratische Stabilität ist in Gefahr, wir können also niemandem mehr Asyl gewähren!".

    Vielleicht wollen Schweden oder andere Länder (ich lasse die osteuropäischen Rechtspopulisten mal draußen vor) nicht in eine solche Situation kommen.

     

    Die Pegidisten und leider auch viele Linksalternative bei uns sehen, aus was für Gründen auch immer, nicht den Gesamtzusammenhang.

     

    Wenn sich bei uns schon die Wirtschaft ob des riesigen Heeres billiger Arbeitskräfte für die man natürlich auch die Mindestlohngrenze nach unten hin öffnet, die Hände reibt, dann ist setzt das in erster Linie einen Verstoß gegen alle Asyl- und Geflüchtetenstatuten voraus.

  • Das ist offensichtliche Kraftmeierei jetzt also auch des schwedischen Innenministers. Schweden hat die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet. Die sichert allen Flüchtlingen Schutz vor Ausweisung und freien Zugang zu den Gerichten zu. Wer ein Bleiberecht hat und wer nicht, entscheidet immer noch das zuständige Gericht und nicht der Innenminister.

    • @Rainer B.:

      ich glaube kaum, dass man den Flüchtlingen das Gerichtsverfahren nehmen will. Allerdings soll die Entscheidung der Gerichte eben auch umgesetzt werden, wenn sie negativ ausfällt.

       

      Genau daran haperte es zuletzt wohl etwas, das heißt, wer vor Gericht oder vorher erfolgreich war, durfte bleiben, wer nicht erfolgreich war, ebenfalls. Das war nun nicht der Sinn der Sache und soll wohl geändert werden in dem Sinne, dass das Gesetz gilt, auch wenn es für den Bewerber um einen Aufenthaltstitel negativ ausfällt.

      • @Dr. McSchreck:

        Das mag ja durchaus so sein, erklärt aber nicht, wie man "Massenausweisungen" realisieren will, wenn schon die Hindernisse für die Ausweisung einzelner Personen in der Vergangenheit offensichtlich unüberwindbar waren - oder glauben Sie etwa, die Schweden hätten von sich aus auch nur einen Flüchtling mehr im Land behalten, als sie müssten?

  • Tja, und ich hatte die Schweden mal so gelobt... das nehme ich hiermit zurück! Die EU bleibt scheiße!

    • @Neinjetztnicht:

      Dafür das "die EU scheisse ist" wollen hier aber viele hin.

       

      Wo wäre es denn Ihrer Meinung nach besser?

      • @Justin Teim:

        Was ist "es"?

        • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

          ...was könnte "es" denn sein?

  • Vermutlich wird es funktionieren. Abgeschoben wird dann nach Deutschland, ggf. mit Zwischenstation in Dänemark.

  • Schweden als nach wie vor liberales Land macht es vor:

    Alle Ankommenden registrieren, ordentlich behandeln, Berechtigte (55 %) integrieren, klare Regeln, Grenze schließen, keine Anreize, den Aufenthalt zeitlich begrenzen (bis die Asylgründe in den Heimatländern entfallen) und alle unberechtigt Asylsuchenden (45 %) zurückschicken.

    27 andere EU-Staaten haben geordnete Verhältnisse, auch wenn sie nicht unseren Vorstellungen entsprechen.

    Und bei uns: allein im Januar 2016 über 60.000 unkontrolliert (die Grenzen sind auch in Bayern offen) und meist unregistriert, ohne Dokumente (aber mit smartphones) Einreisende, Chaos, Leben mit einer Vielzahl von Identitäten im Untergrund der Ballungszentren... Wir hoffen ausgerechnet auf die Türkei und Griechenland - unfassbar.

    • @Andreas Bitz:

      Wieso glauben Leute wie Sie immer, dass die Flüchtlinge ihre Smartphones die ganze Flucht über dabei haben? Die kaufen die hier bei uns im Aldi oder Mediamarkt.

      Vielleicht einfach mal einen Flüchtling fragen?

    • @Andreas Bitz:

      1. Schwedens Polizei betreibt den "Ausbau der Grenzpolizei". Das ist KEINE "Schliessung der Grenze", eher eine Verlagerung, eventuell auch eine Neuschaffung von Personalstellen.

       

      2. Wer "Berechtigte integriert", der kann eben NICHT "den Aufenthalt zeitlich begrenzen (bis die Asylgründe in den Heimatländern entfallen)" - alleine schon deshalb, weil dann die Flüchtenden am Zufluchtsort zu Untätigkeit verdonnert und in totaler Abhängigkeit und Ghettoisierung gehalten werden, mit allen nachteiligen Folgen, wie Zunahme von Gewalt untereinander, Entwicklung von Schattenwirtschaft und Kriminalität.

      "Berechtigte integrieren" bedeutet ZEITNAHE Anerkennung, UNBEGRENZTE Aufenthaltserlaubnis und RECHTLICHE Gleichstellung mit allen anderen Bürgern, sowie die FÖRDERUNG der Eingliederung durch Hilfe bei Wohnraum- und Arbeitsplatzsuche, Angebot von Sprach- und "Integrationskursen", etc.

       

      3. Das "St.Florians-Prinzip" der meisten anderen EU-Staaten kann man nicht als "geordnete Verhältnisse" beschreiben.

       

      4. Die meisten Flüchtlinge werden auch in Deutschland - und sogar in Bayern(!) - bei der Einreise kontrolliert und registriert. Woher sollten denn sonst die Zahlen (z.B. die von Ihnen genannten "60.000") kommen? "Unkontrolliert und unregistriert" ist der typische, uninformierte Quatsch der Rechtspopulisten und Angstmacher.

      • @cursed with a brain:

        5. https://www.youtube.com/watch?v=qCPCGmuwDA4

         

        Warum Flüchtlinge Smartphones haben, das kapieren selbst Grundschüler. Aber die sind ja auch noch lernbereit und aufnahmefähig, im Gegensatz zu manchem "Erwachsenen", der lieber bei seinen plumpen Vorurteilen bleibt.

         

        6. Nicht die aktuellen Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan leben hier "im Untergrund der Ballungszentren", sondern Einwanderer aus Marokko, Algerien oder Tunesien. Viele von ihnen sind schon vor fünf oder sechs Jahren im Rahmen der Niederschlagung des "arabischen Frühlings" in ihren Herkunftsländern zu uns gekommen. Aber deren Einreise erfolgte weder über die Türkei, noch über Griechenland. Und schon bei denen wurden GENAU jene Fehler begangen (Duldung und weitgehende Rechtlosigkeit statt zügiger Integration), die Sie heute bezüglich der aktuellen Flüchtlinge erneut fordern.

         

        "Unfassbar" ist hier also lediglich Ihr reichlich verwirrter Beitrag.

        • @cursed with a brain:

          Das Flüchtlinge Smartphones haben ist nicht zu kritisieren, aber das sie keine Papiere haben ist zu kritisieren.

          • @peter wolffe:

            Dafür kann es viele Gründe geben.

             

            Wer auf der Flucht ist, der denkt eben eher ans nackte Überleben, als an den leidigen Formularkram, mit dem irgendwelche Bürohengste ruhig gestellt werden sollen.

             

            Wer auf der Flucht ist, der meldet sich vorher nicht noch "mal eben" bei seinen Feinden ab, die bereits die heimische Bürokratie kontrollieren und fragt nach, ob er noch "gültige Papiere" bekommen kann.

             

            Komplett wird der Irrsinn aber erst, wenn z.B. die Hamburger Ausländerbehörde nur noch "Geburtsurkunden MIT LICHTBILD" von den Flüchtlingen akzeptiert. In welchem Land ist eine solche Geburtsurkunde überhaupt zu erwerben - mit dem Foto eines Säuglings? Eine offensichtliche, rein bürokratische Schikane, um Schutzbedürftige zurückzuweisen.

             

            Als vor ein paar Jahren die Costa Concordia havarierte und zahlreiche Urlauber Hals über Kopf in die Rettungsboote flüchten mussten, liessen die meisten ebenfalls ihre gesamten Papiere an Bord zurück. Kein italienischer Bürokrat wäre auf die Idee gekommen, die Gestrandeten etwa zurück an Bord zu schicken, damit sie ihre Ausweise holen. Welchen Eindruck hätte das wohl auch gemacht?

            • @cursed with a brain:

              Da sehe ich anders. Wer sein Smartphone mit aller Energie verteidigt, kann auch den leidigen Formularkram verteidigen. Ein Paß, Führerschein oder ähnlicher Ausweis ist kleiner als ein Handy und noch problemloser mitzuführen. Und in jedem der Länder der Flüchtlinge ist so etwas usus.

              • @peter wolffe:

                Wären da bspw noch die Berichte über Flüchtlinge, die über ein drangsalierendes Bulgarien kamen, und die Flüchtlinge, aus Angst dort registriert zu werden, ihre Papiere dort lieber vernichteten. Dort verloren diese auch restl. Bargeld und Smartphones z.T. an die Polizei und Grenzschutz. Jeder kam mit einem Smartphone an, ist eine Lüge, die sich tapfer hält. Mein altes S2 ist jetzt in Flüchtlingshand.

                • @lions:

                  Abgesehen davon ob das nun verständlich ist das zu tun in Bulgarien...

                   

                  Ihnen ist schon klar, dass es zwischen "Seine Papiere auf der Flucht verlieren" und "Seine Papiere vorsätzlich zu vernichten auf der Flucht um [Grund]" ein mehr als gewaltiger Unterschied liegt?

                  • @Krähenauge:

                    Sicher, aber es geht mir vorrangig um Verständnis, nicht um behördliche Genehmheit. Ein Mensch bleibt einer, auch ohne Papiere.

  • wie soll denn das möglich sein? es wird doch immer berichtet, dass Abschiebungen an der unbekannten Herkunft oder dem Unwillen der Heimatländer scheitert?

    ich vermute dass die Probleme mit 10 000enden unregistrierten, "illegalen" die sich der Abschiebung durch abtauchen in den Untergrund noch erhöhen.

  • Sie schicken sie zurück in den Bombenhagel, in den sicheren Tod.

    • @lulu schlawiner:

      Welcher Bombenhagel geht auf Bagdad, Marokko oder Algerien nieder? Die Maschinen nach Bagdad und Erbil werden immer voller. Mit Menschen die freiwillig wieder zurückkehren.

      • @Thomas Ebert:

        Das ist gar nicht möglich, da es sich beim Irak weder um ein sogenanntes "sicheres Herkunftsland" handelt, noch um einen Kandidaten für eine solche Einstufung. Nicht einmal die CSU hat diesen Staat auf ihrer "Wunschliste" zur Ausweitung der sog. "sicheren Herkunftsländer".

         

        Bitte unterlassen Sie die Verbreitung solch leicht durchschaubarer Lügen.

      • @Thomas Ebert:

        Ach ja, ist das so? Dann hätte ich für diese Behauptung gerne auch einen Beleg! Und selbst wenn es so wäre, sollten die Menschen nicht freisein dahin zu gehen, wo sie wollen? Ich lehne diese Abgrenzung generell ab!

        • @Neinjetztnicht:

          Nun, das ist als Wunschdenken vielleicht o.k., alles grenzenlos, jeder kann gehen wohin er will.

          Aber schauen Sie bitte in die Geschichte der Menschheit. Das gab es noch nie! Schon immer haben sich die Menschen, angefangen von kleinen Gruppen hin zu Sippen, Dörfern, Städten zusammengeschlossen. Fremde wurden in den allermeisten Fällen massakriert, im besten Falle einfach nur ausgeschlossen. Darauf basiert letztlich unser Staatswesen auf der ganzen Welt.

          Wenn Sie dies ablehnen ist das für Sie persönlich noch o.k. Aber wenn Sie dies als politische Forderung stellen, dann müssen Sie dies auch offen in einer Demokratie aussprechen und politisch darum streiten. Und wenn das andere bzw. die Mehrheit nicht will, grenzenlos zu sein, dann müssen Sie dies akzeptieren. Oder aber wir tragen solche Streitigkeiten wieder wie früher eben mit bloßer Gewalt aus (Gesetz des Stärkeren). Weiß nicht ob Sie das wirklich wollen ehrlich gesagt?

          • @Horst Leverkusen:

            Ganz natürlicher Reflex nenne ich das.

             

            Viele von den "offenen" Leuten die am besten alles rein lassen würden, haben zuhaue einen riesigen Zaun um Haus gelegt und nun frage ich mich warum?

            • @ulf hansen:

              Nennen Sie mal ein paar.

  • Und ich dachte, das geht gar nicht? Und dann noch eine Unterscheidung zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und Kriegsflüchtlingen. Unsere Regierung lehrt uns doch, dass das gar nicht geht, wie machen die Schweden das?

    • @Max Mustermann:

      Steht doch da.

      Die machen das nicht, die planen das. Ob das geht, ist eine andere Sache.

       

      In den NL hat zum Beispiel auch jeder Flüchtling das Recht, nach spätestens 14 Tagen einen Bescheid zu erhalten, ob und wenn wie lange er bleiben kann. Oftmals benötigen manche Migranten z.B. nur eine medizinische Hilfe, die sie in ihren Heimatländern nicht bekommen können. Diese gewährt der niederländische Staat dann auch den Einreisenden, danach ist aber, sofern keine Anerkennung als Flüchtling vorliegt, wieder Schluß.

      Um sowas durchzuziehen, braucht man Geld, dass der deutsche Staat nicht mehr hat, seit er 1990 18 Mio Refugees aus der DDR ungeprüft aufgenommen hat.