Arschbohrer-Trend auf Tiktok: Videos von Fingern an meinem Arsch

Das Private ist vergangen: Der Arschbohrer ist zu einem Tiktok-Trend geworden. Unser Autor kennt das Spiel. Will aber sicher keine Videos davon online.

Eine Person lacht über ein Video, sie ist gelb gekleidet, der Hintergrund ist blau

„Arschbohrer kriegt jeder“, manche finde es lustig, zumindest dieses Stockfoto-Model Foto: Seva Levitsky/imago

Die Clowns, die ahnungslose Pas­san­t*in­nen erschrecken, haben mich schon immer genervt. Ich finde es gefährlich, wenn Menschen ihre Lippen in Flaschenhälse stecken. Ich will keine Scheibe Toast oder einen Löffel Zimt runterschlucken müssen. Und sicherlich will ich nicht Sprite mit Bananen in meinem Magen zum Brechmittel reagieren lassen. Internet­trends und ich finden in diesem Leben nicht mehr zueinander. Auch ein neuer Hype auf TikTok lässt mich ratlos zurück: das Arschbohren.

Ein Arschbohrer ist genau das, wonach es klingt. Jugendliche rammen ohne Ankündigung ihren Zeigefinger zwischen die Pobacken anderer Jugendlicher und filmen die Reaktion. In den Kommentaren kursiert das geflügelte Wort „Arschbohrer kriegt jeder!“ und so bleibt niemand verschont, selbst an Grundschulen nicht.

Kinder und Jugendliche erforschen Körper. Wer kennt nicht Geschichten aus Kindergarten, Grundschule oder Oberstufe, in denen Körper erkundet und Sex gespielt wurde. Aber den Arschbohrer-Trend find ich eklig. Bin ich zu prüde? Zu langweilig? Versteh ich den Reiz des Arschbohrens nicht?

Der Finger zwischen den Pobacken von Freun­d*in­nen kann der ultimative Vertrauensbeweis sein. In meinem Freun­d*in­nen­kreis gab es Arschbohrer auch schon vor ihrer digitalen Bekanntheit, die hießen nur nicht so. Und wurden nicht gefilmt. Es war tatsächlich ein gemeinschaftliches Erkunden der Grenzen, die einen revanchierten sich, die anderen drehten den Po weg und bekamen keinen Bohrer. Unser Arschbohren blieb im Privaten und unter uns.

„Arschbohrer kriegt jeder“, das Momentum der Überraschung, das auf eine Einwilligung verzichtet und die Zurschaustellung im Internet sind eine Verschiebung von Grenzen, die über das Ausprobieren hinausgehen. Im Kampf, den ungefragten Griff an den Hintern nicht als Lappalie und Normalität abzutun, rudert der neue TikTok-Trend in die entgegengesetzte Richtung. Demütigende Übergriffigkeit als Witz im Internet. Doch das Anfassen intimer Körperstellen ohne Einvernehmlichkeit und die Veröffentlichung davon ist ein Angriff. Und sich an den Reaktionen der Opfer zu erfreuen, Voyeurismus.

Da bleib ich lieber bei nie alternden Klassikern der Witzkultur. Den kennen Sie sicher schon: Wie kommt man am schnellsten nach Dresden? Steckst’n Finger in den Po und …

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