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Was die Parteien wollen

Landespolitik – war da was? Hartz IV hat die Brandenburger Themen aus dem Wahlkampf verdrängt. Wichtig sind sie dennoch. Grund genug zu fragen, wohin die Reise mit wem geht. Eine Übersicht

VON RICHARD ROTHER

Es gibt Landtagswahlen, die haben mit Landespolitik wenig zu tun: Die morgige Brandenburg-Wahl ist eine solche. Denn das entscheidende Thema ist Hartz IV. Während alle Parteien dem Vorhaben, das aus allen Langzeitarbeitslosen de facto Sozialhilfe-Empfänger macht, im Grundsatz zustimmen, profilierte sich die PDS als vehemente Gegnerin. PDS-Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann möchte nun – falls die PDS an der Landesregierung beteiligt wird – eine Bundesratsinitiative gegen Hartz IV starten. Ziel: Abschaffung beziehungsweise Entschärfung der Reform, die viele Brandenburger ablehnen.

Aber auch im Brandenburger Wahlkampf spielen Themen jenseits der Arbeitsmarktreform eine Rolle. Themen, die für die Entwicklung des in weiten Teilen strukturschwachen Landes wichtig sind und bei denen sich die Positionen der Parteien zum Teil deutlich unterscheiden. Dafür muss man allerdings ellenlange Wahlprogramme und kurze Flyer genau und manchmal auch zwischen den Zeilen lesen.

Ein Thema (um das sich am liebsten fast alle Parteien im Wahlkampf herummogeln würden) ist die Fusion der Bundesländer Berlin und Brandenburg. Die Grünen bekennen sich klar zur Fusion, sie ist für sie ein „politisches Projekt von zentraler Bedeutung“. Vermutlich würden die Grünen davon auch parteipolitisch profitieren, da ein starker Landesverband mit einem schwachen fusionieren würde.

Für die PDS hingegen hat die große Koalition den neuen Anlauf zur Länderfusion „verspielt“, sie nennt einen neuerlichen Volksentscheid zur Länderehe im Jahr 2006 „ausgeschlossen“. Auf „absehbare Zeit“ gehe es um Vernetzung, keine Rede von Fusion. Die SPD betont, „vorhandene Befürchtungen in der Bevölkerung“ nicht übergehen zu wollen. Vor einer neuen Volksabstimmung müsse Berlins Klage in Karlsruhe auf Entschuldungshilfen positiv entschieden sein. Auch die CDU will die Fusion – betont aber, dass sie von unten wachsen müsse. Sie dürfe „den Menschen nicht von oben verordnet werden“. Für die FDP „kann auch eine Fusion sinnvoll sein“. Dazu müsste allerdings eine Reihe von Vorbedingungen erfüllt werden.

Wie die kommende Landesregierung auch aussehen mag – wenn das Bundesverwaltungsgericht zustimmt, wird sie ein zentrales Wirtschafts- und Verkehrsprojekt umsetzen: den Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld. Für die SPD ist der BBI ein „zentraler Baustein“, der nicht nur wichtig als Verbindung Brandenburgs mit Europa und der Welt sei, sondern auch die Luftfahrtbranche stärke. Die CDU plädiert für eine „schnellstmögliche Inbetriebnahme“, auch für die Liberalen hat BBI „Vorrang“.

Deutlich reservierter die Grünen: Zwar bräuchten Berlin und Brandenburg langfristig nur noch einen internationalen Flughafen, Schönefeld sei aber ein ungeeigneter Standort für einen „Großflughafen“. Durch Verlagerung von Flugverkehr nach Leipzig könnten Tegel und Tempelhof geschlossen werden, ohne Schönefeld zu einem Großflughafen auszubauen. Noch skeptischer argumentiert die PDS, die Schönefeld oft in einer Reihe gescheiterter Großprojekte nennt: Die Ziele der brandenburgischen Luftverkehrspolitik seien „neu zu definieren“, eine Kooperation mit dem Flughafen Halle/Leipzig sei notwendig. Erst wenn die „vorhandenen Kapazitäten“ (Tegel und Tempelhof) nicht ausreichten, sei ein Flughafenaus- beziehungsweise -neubau erforderlich. Öffentliche Mittel dürften aber nicht in ein Projekt fließen, aus dem sich die privaten Investoren zurückgezogen hätten.

In der Schulpolitik hält die SPD am zweigliedrigen Schulsystem fest, das nach der sechsjährigen Grundschule die Wahl zwischen Sekundarschule und Gymnasium bietet. Die CDU hingegen will, wie die FDP, einen Wechsel aufs Gymnasium bereits nach der 4. Klasse ermöglichen, fordert eine frühzeitige Auslese von Kindern und verschiedene Schultypen. Die PDS will die Gesamt- und die Realschule zusammenführen – als ersten Schritt zur „Einführung einer zehnjährigen gemeinsamen Schulzeit“. Auch die Grünen lehnen „alle Bestrebungen zu mehr und früherer Sortierung von Kindern“ ab, wollen wie die PDS Gesamt- und Realschule zusammenlegen. Unter dem Motto „fördern statt fesseln“ plädieren sie für die Abschaffung von Noten in der Grundschule, während CDU und FDP auf die Einführung von Kopfnoten, etwa für Ordnung und Mitarbeit, drängen.

In der Verkehrs- und Umweltpolitik setzt die CDU auf den Ausbau von Straßen und Autobahnen, die Grünen wollen auf Neubau weitgehend verzichten und vorhandenes Geld in Lärmschutzmaßnahmen stecken. Bei der vielerorts ungeliebten Windenergienutzung lenken die Grünen indes ein: „Bei der Standortauswahl von Windparks sind stärker als bisher die Akzeptanz durch die anliegenden Gemeinden und die betroffenen AnwohnerInnen und Naturschutzaspekte zu berücksichtigen.“

SPD, Grüne und PDS treten für einen Kampf gegen den Rechtsextremismus ein, bei CDU und FDP kommt dieser Aspekt nur als Kampf gegen politische Gewalt vor. Die CDU fordert stattdessen „null Toleranz“ gegenüber Graffiti-Sprayern und Kiffern.

Jede Partei hat zudem das eine oder andere besondere Anliegen: die CDU möchte die „Vertriebenenverbände stärker unterstützen“, und die FDP will die Aufnahme von Schulden verfassungsrechtlich verbieten. Die SPD möchte die „Mitarbeiterbeteiligung am Produktivvermögen“ fördern, die Grünen wollen den Öko-Landbau stärken und „aktiv gegen Frauenhandel vorgehen“, und die PDS wendet sich gegen eine „Gleichsetzung von DDR und Nazi-Deutschland“ unter dem Schlagwort des Totalitarismus.

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